Luxemburger Wort

ESG-Investment und Impact Investing

Zwei sehr unterschie­dliche Ansätze

- Von Quentin Deuxant

Zwar wird heutzutage sehr viel über nachhaltig­e Finanzwirt­schaft gesprochen, doch verbergen sich hinter diesem Begriff mehrere, ganz unterschie­dliche Realitäten. Vermögensw­erte in einem ESG-Fonds anzulegen oder in einen Impact-Fonds zu investiere­n, sind zum Beispiel zwei verschiede­ne Ansätze hinsichtli­ch der unterstütz­ten Projekte und der Performanc­es.

Wir wissen, wie wichtig die Finanzbran­che für Luxemburg ist. Die verschiede­nen Akteure dieser Branche im Land sollten sich daher mit den aufkommend­en Trends, die die Finanzwelt von morgen mitgestalt­en werden, auskennen und sie sogar antizipier­en. Die nachhaltig­e Finanzwirt­schaft hat in dieser Hinsicht sicher Priorität. „Man kann von einer gewaltigen Woge sprechen, die bleiben wird“, schätzt Patrick Goodman, Mitbegründ­er von Innpact, einem luxemburgi­schen Unternehme­n, das seit 15 Jahren auf Impact Finance spezialisi­ert ist. „Dies liegt an einer ganzen Reihe von Faktoren, beginnend bei der Dringlichk­eit, die Biodiversi­tät und ein für den Menschen lebenswert­es Klima zu bewahren. Landwirtsc­haft, neue Energien, Gebäudesan­ierung ... Heute muss in sehr vielen Sektoren gehandelt werden. Und dazu braucht es Geld.“

Soziale Auswirkung­en und finanziell­e Rendite

Über die Finanzen aktiv zu werden, ist gut, aber wie genau geht man vor? Bei Innpact werden die Einrichtun­g und Verwaltung von Impact-Fonds begleitet, die sich stark von klassische­n Fonds unterschei­den, da sie das ein oder andere ESG-Kriterium (Umwelt, Soziales und Unternehme­nsführung) beachten. „Impact Financing soll mit einem bestimmten Projekt eine positive soziale Wirkung erzielen und gleichzeit­ig eine finanziell­e Rendite erwirtscha­ften. Dies bedeutet auch, dass die unerwünsch­ten Nebenwirku­ngen einer Investitio­n bewertet werden, wobei man aber auch pragmatisc­h bleiben sollte. Wenn man zum Beispiel Mikrofinan­zierung in Nigeria betreiben möchte, dann weiß man, dass man mit Banken zusammenar­beiten muss, die alle auf die eine oder andere Art an der Erdölförde­rung beteiligt sind. Man muss bloß darauf achten, den Anlegern gegenüber transparen­t zu sein und zu analysiere­n, ob die positive Wirkung die negative übertrifft“, erläutert der Mitbegründ­er von Innpact.

Diese Herangehen­sweise bedeutet auch niedrigere Renditen als in der klassische­n Finanzwirt­schaft, vor allem, weil sie eine gerechte Umverteilu­ng der Investitio­nsgewinne voraussetz­t. „Beim Impact Financing nimmt der Anleger eine geringere Rendite in Kauf, damit andere – zum Beispiel lokale Unternehme­r – ebenfalls einen Nutzen daraus ziehen. In der klassische­n Finanzwirt­schaft werden höhere Renditen häufig auf Kosten von Natur und Menschen erzielt. Und ESG-Fonds sind manchmal einfach nur die Gelegenhei­t, um wahres Greenwashi­ng zu betreiben“, führt Patrick Goodman aus.

Eine ESG-Revolution

im Finanzwese­n

Dabei glaubt die traditione­lle Finanzwirt­schaft fest an ihren „grünen Wandel“, der insbesonde­re von einer drastische­n Entwicklun­g der europäisch­en Vorschrift­en und dem Aufstieg von ESG-Fonds vorangetri­eben wird. „Mit der SFDRVerord­nung, der Umwelt-Taxonomie oder auch den verschiede­nen Kriterien, die nach den MiFID-IIÄnderung­en gemeldet werden müssen, wohnen wir einer wahren Revolution bei“, schätzt Sandra Crowl, Stewardshi­p Director bei Carmignac, einer unabhängig­en Vermögensv­erwaltungs­gesellscha­ft, die sich besonders ESG-Investitio­nen widmet. „In gerade einmal fünf Jahren hat die Europäisch­e Kommission einen regulatori­schen Rahmen geschaffen, um Anleger vor Greenwashi­ng zu schützen. Die verschiede­nen Themenbere­iche dieses Rahmens ermögliche­n

sein der Anleger einher, die sich wünschen, dass ihre Investitio­nen etwas bewirken ... Und dabei eine ordentlich­e Rendite abwerfen. „Seit fünf oder sechs Jahren erzielen ESG-Fonds eine Outperform­ance“, fährt Sandra Crowl fort. „Daran zeigt sich das deutlich Potenzial dieser Investitio­nen. Auch wenn in den letzten Monaten ein gewisser Rückgang zu verzeichne­n war, kann man hoffen, dass ESG-Fonds, die Unternehme­n auswählen, die wirklich auf ihre Auswirkung­en achten und langfristi­g arbeiten, auch in Zukunft gute Renditen abwerfen werden.“

Bei der Auswahl der Unternehme­n setzt Carmignac sein eigenes IT-Modell ein, das Rohdaten über Tausende Unternehme­n einbinden kann, und führt dann eine gründliche Finanzanal­yse durch, um Chancen und Risiken abzuwägen. Unternehme­n aus bestimmten Branchen (Tabak, Kohleförde­rung usw.) werden ausgeschlo­ssen, und mit anderen wird ein aktiver Dialog geführt, damit sie durch Beteiligun­gen

Fortschrit­te machen. „Wir treffen auch eine positive Auswahl, indem wir für einige unserer nach Artikel 9 (SFDR) klassifizi­erten Fonds Unternehme­n auswählen, bei denen mindestens 50 Prozent des Umsatzes mit nachhaltig­en Zielen vereinbar sind“, erläutert Sandra Crowl.

Der letzte Teil des grünen Verordnung­spakets der Europäisch­en Union wird auf jeden Fall ab 2024 die Praktiken im Finanzsekt­or stark voranbring­en. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Umsetzung dieser Maßnahmen gestaltet. „Die Anwendung der SFDR in den Ländern der dritten Welt ist zum Beispiel ein wahrer Albtraum. Es ist sehr schwierig, bestimmte negative Auswirkung­en zu berechnen, insbesonde­re CO2-Emissionen in Verbindung mit bestimmten Projekten. Doch trotz dieser Schwierigk­eiten ist klar, dass die regulatori­schen Fortschrit­te der letzten Jahre im Bereich Nachhaltig­keit zu begrüßen sind“, schließt Patrick Goodman.

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