Die Magie zurückbringen
Den Finanzsektor meistern und mit mehr Herz führen
Die Corona-Pandemie hat wirklich große Auswirkungen auf die Gesellschaft, und das Finanzökosystem bildet da keine Ausnahme. Wir haben uns mit Rachel Treece, CEO von fts global & The Henka Institute, getroffen. Rachel ist Coach, Psychologin, Leadership-Trainerin, Rednerin und Expertin für Kultur und M&A. Sie möchte mit ihrem Beitrag die Finanzdienstleistungsbranche nachhaltiger machen. Sie lebt und arbeitet seit mehr als 30 Jahren in Luxemburg.
Wir haben sie nach ihrer Meinung zur aktuellen Lage im Finanzsektor gefragt, und wie die Vermögensverwaltung mit mehr Herz vorangehen und die Magie in die Branche zurückbringen könnte.
Wie sehen Sie das heutige Finanzökosystem? Verändert es sich?
Die Finanzdienstleistungen wachsen zwar weiter, befinden sich aber in einer Post-Pandemie-Sackgasse. Es gibt einen Kampf um Nachwuchstalente, die Preis-KostenSchere, Inflation, eine neue Weltordnung mit Homeoffice, ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) und Compliance. Es ist zudem erforderlich, das Vertrauen, das aufgrund zahlreicher Skandale und der Erschütterung der „Geizist-geil“-Mentalität verlorenging, zumindest teilweise wiederherzustellen. Die Finanzdienstleistungsbranche muss sich anpassen, um sich diesen Herausforderungen schnell zu stellen und eine nachhaltige Performance abzuliefern.
Was sind Ihrer Meinung nach die Merkmale eines guten Vermögensverwalters?
Wie sieht es in Zukunft aus?
Ein großartiger Vermögensverwalter schafft einen herausragenden Wert für seine Anleger. In einfachen Worten: Die Investoren können so ihre Träume und Ziele verwirklichen. In Zukunft wird sich dieser Vermögensberater an den demografischen Wandel anpassen und seine Herangehensweise insofern verändern, als dass er mit einer diversen Anlegerbasis in Kontakt tritt (d. h. Nutzung mobiler Plattformen und Berücksichtigung des Anlegerverhaltens der kommenden Generation) sowie neue und spannende Produkte wie an den Lebenszyklus angepasste Anlagen berücksichtigt.
Ein großartiger Vermögensverwalter berücksichtigt nachhaltige Performance für seine Anleger, seine Mitarbeiter und, immer wichtiger, den Planeten. Ein ganzheitliches Modell, das alle oben genannten Aspekte umfasst. Es wird Leadership mit Herz benötigt.
Heutige Arbeitssuchende haben nicht mehr dieselben Prioritäten und höhere Ansprüche als frühere Generationen. Inwiefern sollte sich die Finanzindustrie anpassen, um attraktiv für Nachwuchstalente zu sein?
Die kommenden Generationen, die in der Finanzdienstleistungsbranche arbeiten werden, werden ein gewisses Maß an Autonomie und einen eher ausgewogenen Ansatz bei der Entscheidungsfindung fordern. Sie wollen auch die Möglichkeit haben, ihren Beitrag zu leisten und ihre Sichtweise mit anderen zu teilen; sie wollen gecoacht und angeleitet werden, anstatt Befehle zu befolgen und kontrolliert zu werden, und sie wollen die Freiheit haben, bei der Arbeit mitzugestalten. Die aktuellen und zukünftigen Generationen finden einen Daseinszweck, der weniger auf Proft ausgerichtet ist, sondern mehr darauf, die Erde zu einem besseren Ort zu machen. Für sie ist es wichtig, einen Sinn in ihrer Arbeit zu finden.
Daher muss die Branche diese Bedürfnisse und Anreize anerkennen und ihre Kultur und das Führungsverhalten entsprechend anpassen, um ein Umfeld zu fördern, das nachhaltige Leistungen, Inklusivität und Handlungsfähigkeit belohnt.
Wie bleibt Luxemburg auch nach der Pandemie ein attraktiver Arbeitsort? Was sollte getan werden, um weiterhin Talente anzuziehen?
Für die Einwohner Luxemburgs kostengünstigen Wohnraum und ein Umfeld, das eine gute Mobilität und eine Aufwertung unseres bereits wundervollen kulturellen Umfelds umfasst. Außerdem müssen die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen zwischen den Nachbarländern besser aufeinander abgestimmt werden, um Auswirkungen auf den Planeten durch Co2-Emissionen (Autofahren) zu vermeiden. Darüber hinaus müssen Unternehmen
flexible Arbeitszeiten ermöglichen und Entwicklungschancen fördern, auch wenn diese nicht direkt mit den Hauptaufgaben des Einzelnen bei der Arbeit zusammenhängen. Unternehmen müssen auch im Bereich der ESG und der Wohltätigkeit noch bewusster und aktiver werden.
Welchen Rat würden Sie als Coach aktuellen Führungskräften geben?
Das ist eine spannende Frage, da gute Coachs keinen Rat geben. Ein Coach oder einer Führungskraft, die auch ein Coach ist, hat die Aufgabe, aktiv zuzuhören, auf die eigene Intuition zu vertrauen, neugierig zu sein und starke Fragen zu stellen. So schafft man einen geschützten Raum, in dem Menschen ihre Lösungen finden und innovativ sein können.
Dies macht den Einzelnen handlungsfähig und erhöht das Engagement, setzt Innovationen frei und führt zu einer nachhaltigen Leistung und der Akzeptanz des Zwecks, der Vision und der Werte des Unternehmens. Mein Fazit: Führungskräfte müssen neue Coaching-Fähigkeiten erlernen und anwenden. Beim Henka Institute haben wir uns darauf spezialisiert, Führungskräften beizubringen, den Wandel in Unternehmen als Coachs zu unterstützen.
Wenn ich eine starke Frage an die Branche und die in dieser Branche arbeitenden Menschen hätte, würde sie lauten: „Was müssen Sie tun, um sicherzustellen, dass Ihre Mitarbeiter Ihr Unternehmen auch in fünf Jahren noch leistungsfähig und nachhaltig machen können?“