Der Kalte Krieg
Eine Chronologie der Konfrontation zwischen Ost und West
17. Juli – 2. August 1945: Auf der letzten Kriegskonferenz werden bereits Risse zwischen den Alliierten, den USA, Großbritannien und der Sowjetunion deutlich. Sie werden mit Kompromissen übertüncht, denn die USA brauchen die Sowjets noch im Krieg gegen Japan, der erst am 2. September mit der Kapitulation des Kaiserreichs endet.
5. März 1946: Der damalige britische Oppositionsführer Winston Churchill spricht in einer Rede erstmals vom „Eisernen Vorhang“, der sich über den europäischen Kontinent gesenkt habe – Synonym für die erkennbare Teilung Europas (und der Welt) im Kalten Krieg.
12. März 1947: US-Präsident Harry S. Truman verspricht in der „Truman-Doktrin“allen Staaten Hilfe, die sich vom Kommunismus bedroht fühlen, sei es durch „äußeren Druck“oder durch „bewaffnete Minderheiten“im Inneren.
5. Juni 1947: US-Außenminister George C. Marshall schlägt amerikanische Wirtschaftshilfe für das vom Krieg zerstörte Europa vor, um damit auch die Ausbreitung des Kommunismus zu verhindern. 16 westeuropäische Länder nehmen am „Marshall-Plan“teil – einschließlich der drei westlichen Besatzungszonen in Deutschland. Die Sowjetunion verbietet den Ländern in ihrem Einflussbereich die Teilnahme.
20. Juni 1948: Die USA, Großbritannien und Frankreich führen in ihren Besatzungszonen die D-Mark ein. Drei Tage später führt die Sowjetunion ihrerseits eine Währungsreform in ihrer Zone durch. Damit ist Deutschland de facto in zwei Währungsgebiete gespalten.
24. Juni 1948: Die Sowjetunion stoppt als Antwort auf die Einführung der D-Mark den gesamten Straßen- und Schiffsverkehr nach West-Berlin. Die Westalliierten versorgen die zwei Millionen West-Berliner fast ein Jahr lang über eine Luftbrücke.
4. April 1949: Unter Führung der USA schließen sich zehn westeuropäische Staaten und Kanada als Gegengewicht zur Sowjetunion im nordatlantischen Verteidigungsbündnis NATO zusammen.
23. Mai 1949: Aus der gemeinsamen deutschen Besatzungszone der USA, Großbritannien und Frankreich (der Trizone) entsteht die Bundesrepublik Deutschland (BRD).
29. August 1949: Die Sowjetunion zündet ihre erste Atombombe. Damit endet das Atomwaffenmonopol der USA und das Kräfteverhältnis im Kalten Krieg verändert sich. Fortan spricht man vom „Gleichgewicht des Schreckens“.
7. Oktober 1949: Aus der sowjetischen Besatzungszone im Osten Deutschlands entsteht als Antwort
auf die Gründung der BRD die Deutsche Demokratische Republik (DDR).
25. Juni 1950: Im seit Kriegsende 1945 geteilten Korea greifen Truppen des kommunistischen Nordkorea mit sowjetischer und chinesischer Unterstützung Südkorea an. Sie können nur unter Einsatz von US-Truppen zurückgeschlagen werden. Nach einem brutalen und verlustreichen Krieg kommt es 1953 zu einem bis heute andauernden Waffenstillstand.
Januar 1953: US-Außenminister John Foster Dulles propagiert einen Strategiewechsel gegenüber dem Kommunismus. Statt Eindämmung („Containment“) ist ab nun Zurückdrängung („Roll back“) das Ziel.
5. März 1953: Josef Stalin stirbt. In den Machtkämpfen nach seinem Tod setzt sich Nikita Chruschtschow als neuer Staats- und Parteichef der Sowjetunion durch. Er leitet im Inneren die sogenannte „Entstalinisierung“ein und bemüht sich um Entspannung gegenüber dem Westen.
17. Juni 1953: In Ost-Berlin entwickelt sich aus einem Streik von Arbeitern gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen ein Volksaufstand. Die Menschen fordern ein Ende der kommunistischen Diktatur und freie Wahlen. Nur mit Hilfe sowjetischer Panzer kann der Aufstand niedergeschlagen werden.
9. Mai 1955: Die BRD wird Mitglied der NATO. Der Besatzungsstatus wird mit den Pariser Verträgen beendet. Die BRD wird von den Westmächten für (fast) souverän erklärt.
14. Mai 1955: Albanien, Bulgarien, die DDR, Polen, Rumänien, Ungarn, die Tschechoslowakei und die Sowjetunion schließen sich zum Warschauer Pakt zusammen, der von der Sowjetunion angeführt wird.
24. Februar 1956: Die Kommunistische Partei der Sowjetunion bekennt sich auf ihrem 20. Parteitag angesichts des nuklearen Gleichgewichts zu einer Politik, die den Krieg als Mittel der Auseinandersetzung ausschließt. Chruschtschow
prägt den Begriff der „friedlichen Koexistenz“. Der „Wettkampf der Systeme“müsse auf wirtschaftlichem, nicht auf militärischem Gebiet stattfinden.
23. Oktober 1956: Aus einer Demonstration für demokratische Veränderungen entwickelt sich in Budapest ein Volksaufstand. Eine neu gebildete Regierung erklärt die Neutralität Ungarns und seinen Austritt aus dem Warschauer Pakt und fordert den Abzug der sowjetischen Streitkräfte. Moskau reagiert mit Gewalt. Sowjetische Truppen schlagen den Aufstand nach tagelangen erbitterten Kämpfen nieder. Erhoffte Hilfe des Westens bleibt aus.
4. Oktober 1957: Mit dem Start des ersten Satelliten „Sputnik 1“demonstriert die Sowjetunion ihre technische Überlegenheit in der Raumfahrt. Das alarmiert die USA, die jetzt auch sowjetische Raketenangriffe auf ihr Land für denkbar halten.
15. September – 27. September 1959: Auf Einladung von US-Präsident Eisenhower bereist Nikita Chruschtschow fast zwei Wochen lang die USA. Das Treffen wird allgemein als Versuch der Entspannung zwischen den Supermächten gewertet.
1. Mai 1960: Die sowjetische Luftabwehr schießt ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug ab.. Als Reaktion zieht Chruschtschow seine Gegeneinladung zum Besuch an US-Präsident Eisenhower zurück und lässt eine geplante Gipfelkonferenz platzen.
13. August 1961: Die DDR baut nach Billigung durch die Sowjetunion quer durch Berlin eine Mauer. Sie trennt den Ostteil der Stadt vom Westteil und soll eine Flucht aus der DDR unmöglich machen. Die Westmächte nehmen die Schließung der Sektorengrenze widerstandslos hin. Besser eine Mauer als ein Nuklearkrieg, lautet die Devise. Die Mauer wird zum Symbol für die Teilung Deutschlands und Europas in zwei Hälften.
22. Oktober 1962: US-Präsident John F. Kennedy verhängt eine Seeblockade gegen Kuba. Zuvor hatten Spionageflugzeuge auf der Insel heimlich errichtete sowjetische Raketenstellungen entdeckt, die die USA unmittelbar bedrohen. Eine Eskalation der Kuba-Krise mit Einsatz ihrer Atomwaffen können die Supermächte nur knapp verhindern. Die Sowjetunion erklärt sich schließlich zum Abbau der Raketenbasen bereit. Im Gegenzug ziehen die USA Atomraketen aus der Türkei ab.
8. März 1965: Die USA entsenden Bodentruppen nach Südvietnam, um Angriffe aus dem kommunistischen Nordvietnam zu stoppen, das von China und der Sowjetunion unterstützt wird. Wegen der Beteiligung der beiden Supermächte gilt der Konflikt als „Stellvertreterkrieg“. Die US-Soldaten unterliegen in einem jahrelangen Guerillakrieg und ziehen schließlich ab.
1. Juli 1968: In einem völkerrechtlichen Vertrag vereinbaren die USA, Großbritannien und die Sowjetunion, dass Atomstaaten keine Kernwaffen weitergeben werden und Nichtatomstaaten keine herstellen oder erwerben. 191 Staaten treten dem Vertrag später bei. Nordkorea wird später wieder austreten. Nichtunterzeichner sind u.a. Indien, Pakistan und Israel.
21. August 1968: Truppen des Warschauer Pakts rücken in die Tschechoslowakei
ein und beenden gewaltsam den Versuch der kommunistischen Parteiführung um Alexander Dubcek, einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“zu verwirklichen.
12. November 1968: Der sowjetische Staats- und Parteichef Leonid Breschnew verkündet die „Breschnew-Doktrin“: Wenn „feindliche Kräfte“den Sozialismus in einem Land der „sozialistischen Gemeinschaft“bedrohten, dann sei dies „Gegenstand der Sorge aller sozialistischen Länder“, also deren Recht und
atomaren Mittelstreckenraketen modernisiert. Sollten die Verhandlungen bis Ende 1983 erfolglos bleiben, will die NATO als „Nachrüstung“ebenfalls neue atomare Mittelstreckenraketen stationieren – der sogenannte NATO-Doppelbeschluss. In Westeuropa und den USA entsteht als Reaktion eine breite Friedensbewegung.
25. Dezember 1979: Die Sowjetunion marschiert in Afghanistan ein, um die kommunistische Regierung im Bürgerkrieg zu unterstützen. Die USA liefern der Gegenseite, den islamistischen Mudschahedin, Waffen für ihren Kampf gegen die Sowjets.
20. Januar 1981: Ronald Reagan wird neuer US-Präsident und geht auf Konfrontationskurs zur Sowjetunion: Er spricht vom „Reich des Bösen“und will den Kalten Krieg gewinnen. Reagan erhöht die Rüstungsausgaben drastisch, verschärft das Embargo auf die Ausfuhr von modernen Technologien in die Staaten des Ostblocks und unterstützt weltweit antikommunistische Aktivitäten.
23. Dezember 1981: Unter sowjetischem Druck verkündet die kommunistische Regierung in Polen das Kriegsrecht, um die regimekritische Gewerkschaft Solidarnosc zu zerschlagen. Fast ihre gesamte Führung und weitere namhafte Unterstützer der polnischen Demokratiebewegung werden verhaftet.
23. März 1983: US-Präsident Reagan verkündet die „Strategic Defense Initiative“(SDI). Mit diesem System sollen sowjetische Interkontinentalraketen bereits beim Anflug im Weltraum zerstört werden. So wären die USA atomar quasi unverwundbar. Das zwingt die Sowjetunion zu einem erneuten Rüstungswettlauf, den sie aber aufgrund mangelnder wirtschaftlicher Ressourcen auf Dauer nicht durchhalten kann.
22. November 1983: Nachdem die seit 1981 geführten Abrüstungsverhandlungen zwischen der Sowjetunion und den USA ergebnislos geblieben sind, setzt die NATO jetzt ihren Doppelbeschluss von 1979 um. Sie leitet die Aufstellung neuer Atomraketen in Europa ein, um das „Gleichgewicht der Mächte“wiederherzustellen.
11. März 1985: Michail Gorbatschow wird neuer Staats- und Parteichef der Sowjetunion. Er leitet einen Prozess zum Umbau und zur Modernisierung des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Systems der Sowjetunion ein („Perestroika“und „Glasnost“).
11./12. Oktober 1986: Das Treffen zwischen US-Präsident Ronald Reagan und dem Staats- und Parteichef der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, in Reykjavík bringt keine konkreten Abmachungen, entspannt jedoch die Atmosphäre zwischen den beiden Supermächten. Rückblickend wird das Treffen als Wendepunkt im Kalten Krieg gesehen, das nachfolgende Abrüstungsverträge vorbereitete.
10. April 1987: Michail Gorbatschow verwirft die „BreschnewDoktrin“, wonach die Linie der Sowjetunion von kommunistischen Parteien in allen Staaten des Warschauer
Pakts kopiert werden müsse: „Jede Bruderpartei entscheidet selbst über die politische Linie.“Demokratiebewegungen wittern nun Morgenluft. Für den Zusammenhalt des Ostblocks bedeutet dies jedoch eine Schwächung.
8. Dezember 1987: Reagan und Gorbatschow unterzeichnen den INFAbrüstungsvertrag, der die vollständige und kontrollierte Vernichtung aller nuklearen Mittelstreckenraketen mittlerer und kürzerer Reichweite bestimmt und deren Herstellung verbietet.
15. Mai 1988: Die Sowjetunion beginnt, ihre Truppen aus Afghanistan abzuziehen und beendet bis Februar 1989 ihren dortigen Kriegseinsatz, der die Supermacht an den Rand des wirtschaftlichen Bankrotts geführt hat.
4. Juni 1989: In Polen finden erstmals teilweise freie Wahlen statt, aus denen die Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc unter Führung von Lech Walesa als eindeutiger Sieger hervorgeht. Der Demokratisierungsprozess in Polen ist nicht mehr aufzuhalten.
11. September 1989: Ungarn öffnet mit stillschweigender Billigung der Sowjetunion seine Grenze nach Österreich für DDR-Flüchtlinge, die zu Tausenden über Ungarn in die BRD ausreisen wollen. Der „Eiserne Vorhang“ist damit an einer Stelle offen.
9. November 1989: Die Führung der DDR öffnet die Berliner Mauer, um angesichts der Fluchtwelle über Ungarn und Massenprotesten in der DDR innenpolitischen Druck abzubauen. Weltweit wird die Maueröffnung zum Symbol dafür, dass der Kalte Krieg an sein Ende gelangt ist.
12. September 1990: Die BRD, die DDR, die USA, die Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich vereinbaren im „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“(dem sogenannten „Zwei-plus-Vier-Vertrag“), dass Deutschland als souveräner Staat wiedervereinigt wird.
3. Oktober: Die DDR tritt der BRD bei. Die Zweistaatlichkeit Deutschlands – ein Produkt des Kalten Kriegs – ist damit beendet.
21. November 1990: Im Schlussdokument einer KSZE-Sonderkonferenz, der Charta von Paris, erklären 32 europäische Staaten sowie die USA und Kanada das „Zeitalter der Konfrontation und der Teilung Europas“für beendet. Achtung und Zusammenarbeit sollen fortan die Beziehungen bestimmen.
1. Juli 1991: Der Warschauer Pakt löst sich offiziell auf. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung war die DDR bereits im September 1990 ausgeschieden. Das westliche Militärbündnis NATO besteht bis heute.
26. Dezember 1991: Die Sowjetunion beschließt ihre Auflösung zum Jahresende. Am Tag zuvor war ihr letzter Staatschef, Michail Gorbatschow, zurückgetreten. Nachfolgestaat wird die Russische Föderation unter Führung von Boris Jelzin. Von den beiden Erzfeinden im Kalten Krieg sind nur noch die USA übrig.