Luxemburger Wort

Spülmaschi­ne oder Tabernakel

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Eine Spülmaschi­ne gehört heute in vielen Haushalten zur Standardau­srüstung. Über den Nutzen dieses Gerätes braucht man sicher nicht lange zu streiten. Die meisten Leute sehen darin vor allem eine Hilfe, um den Abwasch von schmutzige­m Geschirr zu übernehmen. Es soll allerdings auch einige geben, die darin einen zusätzlich­en Schrank sehen. Wie dem auch sei, eines bleibt von Wichtigkei­t, und zwar die Art und Weise wie die Teller, Bestecke oder Töpfe eingeräumt werden. Und da hat jeder Benutzer seine ganz besondere Eigenart, wie das unbedingt zu geschehen hat. So kann ich mich erinnern, dass wir bei Freunden zu Besuch

Es gibt nur eine einzige richtige Art.

waren und nach dem Essen wir gemeinsam den Tisch abgedeckt haben. Als es darum ging, die Spülmaschi­ne zu bestücken, kam das Gespräch auf ebendiese einzige richtige Art, wo denn welches Geschirr hin muss. Die Dame des Hauses hat daraufhin gemeint, das wäre bei ihnen nicht so und wir könnten ruhig die Dinge so hinstellen, wie wir meinten.

Ich hatte noch nicht richtig begonnen, die ersten Teller in die einzelnen Fächer zu stellen, als es hinter mir schallte: „Nee, nee, so nicht, die gehören auf die andere Seite.“Immerhin schien mein Blick angesichts des Gesprächs von kurz vorher aussagekrä­ftig genug gewesen zu sein, dass daraus ein allgemeine­s Gelächter entstand. Ich konnte mir die Erinnerung an einen Onkel nicht verkneifen, der zu dem Thema eine Parallele gezogen hat, die im Laufe der Zeit zum geflügelte­n Wort in der Familie geworden ist. „Weißt du, bei uns zu Hause ist es mit der Spülmaschi­ne wie in der Kirche. Dort darf nur der Pfarrer das Tabernakel öffnen und das Allerheili­gste ein- und ausräumen. Bei uns ist meine Frau die einzige, die die Spülmaschi­ne ein- und ausräumen darf.“Frank

gesprochen­en Gemeinscha­ftsräume spielen eine große Rolle. „Die Schlafzimm­er sind einfach eingericht­et. Sie sollen sich nicht immer dort aufhalten und nur zum Essen ins Erdgeschos­s kommen – so wie zu Hause“, erklärt Pol Thomé.

Hunde urteilen nicht

Eine lange Diskussion unter Mitarbeite­rn war, ob den Jugendlich­en Internet zur Verfügung steht. „Sie wurden kreativ und haben sich Zugang zu einem Hotspot verschafft. Da sie das Internet auch für die Schule benötigen, haben wir uns entschloss­en, dieses zu installier­en.“

Soweit es möglich ist, wird der normale Alltag der Jugendlich­en aufrechter­halten. So sollen sie weiter in die Sport- und Musikkurse gehen. „Wir möchten sie nicht aus allem herausreiß­en, sonst lernen wir sie auch nicht kennen und die Realität ist nicht richtig dargestell­t“, so Gerges. „Es hängt auch immer von der Intensität ab. Wenn jemand fünfmal pro Woche Training

hat, haben wir auch keine Zeit mehr, um zusammenzu­arbeiten“, erklärt Thomé. Am Wochenende ist auch Wochenende für die Jugendlich­en aus dem Péitrussha­us.

Ein ständiger Begleiter im Péitrussha­us ist an diesem Tag Lou, ein Australian Shepherd, der als Therapiehu­nd amtiert. Dazu kommt noch ein weiterer Hund, Balou. Beide können als Türöffner agieren, wie es Pol Thomé nennt. „Oft sind Jugendlich­e bei uns, die schwere Traumata erlebt haben und es geht ihnen nicht gut. Der Hund urteilt nicht, sondern sucht sofort den Kontakt. So kommen wir dann auch einfacher in den Kontakt.“

Dazu kommt noch ein weiterer Faktor. „Es kann eine förderlich­e Dynamik entstehen, wenn wir mit den Jugendlich­en und dem Hund spazieren gehen. Und wann man bei einem Australian Shepperd keine konsequent­en Anweisunge­n gibt, macht der Hund, was er will.“

Anfragen von unter Zwölfjähri­gen Immer mit dem Ziel, eine Lösung zu finden und so wenig wie möglich Dossiers an die Justiz übergeben zu müssen, bleibt eine Erkenntnis hängen. Es gibt eine Vor-Corona-Phase und eine Zeit danach. „Wir haben jetzt viel mehr intensive Fälle. Durch Corona ist der Druck angestiege­n. Und der Kessel droht zu explodiere­n. Diese Entwicklun­g beobachten auch unsere Kooperatio­nspartner in Berlin und Zürich“, erklärt Thomé. Gerges gibt diesbezügl­ich zu bedenken: „Vielleicht haben wir als Gesellscha­ft nicht gut genug auf die Jugendlich­en aufgepasst.“

Und auch für die Zukunft appelliere­n Gerges und Co. an die angespannt­e Situation. Bei den älteren Jugendlich­en beobachten sie nämlich ein wiederkehr­endes Problem, jenes von der Wohnungssu­che. „Es gibt nur eine klassische Struktur für Obdachlose. Und diese Jugendlich­en sollen nicht alle auf der Straße landen.“Dazu kommt ein weiteres Phänomen. In der jüngeren Vergangenh­eit gab es vermehrt Anfragen von Kindern unter zwölf Jahren, sieben um genau zu sein. Diese werden an andere Dienste weitergele­itet.

Dieser Punkt zeigt, dass der Bedarf an solchen Einrichtun­gen groß ist und immer größer wird. Für Gilles Gerges, Pol Thomé und das Team am Boulevard de la Pétrusse steht aber weiter die Arbeit im Team mit den Jugendlich­en im Vordergrun­d. „Es gibt kein richtig oder falsch. Wir arbeiten ehrlich und transparen­t. Die Lösungen sind da, wir müssen sie nur so nahe wie möglich an die Jugendlich­en bringen.“

Ich bin sicher, dass es immer eine Lösung gibt. Ob wir sie finden, ist eine andere Frage. Gilles Gerges, Direktions­beauftragt­er

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