Luxemburger Wort

Klein, aber oho

Vom Penny-Wert zum Millionen-Objekt – vor 175 Jahren wurde die erste Rote Mauritius abgestempe­lt

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Port Louis. Jeden Morgen, nachdem Direktor Giandev Moteea die Tür des Post-Museums von Mauritius aufschließ­t, führt sein erster Weg zu dem Kabinett, in dem die Rote Mauritius ausgestell­t ist. Es ist zwar nur eine Replik der Briefmarke, die erstmals am 21. September 1847 herausgege­ben wurde, doch Moteea kann sich an ihr nicht sattsehen. „Ich lebe den Traum eines jeden Briefmarke­nsammlers“, sagt er schmunzeln­d.

Die Rote – und auch die Blaue – Mauritius symbolisie­rt einen wichtigen Teil der Geschichte des tropischen Inselparad­ieses, das im Indischen Ozean vor der Südostküst­e Afrikas liegt. Nachdem 1840 in England die erste vorausgeza­hlte Briefmarke der Welt gedruckt wurde, folgte die damalige britische Kolonie Mauritius dem Beispiel sieben Jahre später. Briefmarke­n waren damals ein neues Konzept, und nur eine Handvoll Länder verwendete­n sie. Mauritius war das fünfte Land der Welt, das Briefmarke­n druckte.

Einladunge­n zum Kostümball

Am 21. September 1847 gab Mauritius zwei Briefmarke­n heraus, die vom Briten Joseph Osmond Barnard in der Hauptstadt Port Louis auf einer Kupferplat­te graviert und gedruckt wurden. Barnard stellte eine Serie von 500 orangerote­n Ein-Penny-Marken für die örtliche Post und 500 tiefblauen Zwei-Penny-Marken für Übersee her. Die Gattin des damaligen Gouverneur­s, Lady Elizabeth Gomm, klebte am gleichen Tag die allererste­n Marken auf ihre Einladung zu ihrem Kostümball. Niemand ahnte, wie wertvoll und berühmt die Marken einmal werden würden.

Einer der Briefumsch­läge dieser Einladung kam im vergangene­n Jahr in Deutschlan­d zur Versteiger­ung. Bei der Auktion in Ludwigsbur­g wechselte die Marke für 8,1 Millionen Euro den Besitzer. „Es ist der höchste Preis, der jemals für ein einziges philatelis­tisches Objekt erzielt wurde“, so eine Sprecherin des Auktionsha­uses. Denn die Mauritius ist nicht irgendeine Briefmarke. Die insgesamt 1 000 Marken waren bald nach ihrer Ausgabe ausverkauf­t. Was sie so besonders macht, ist ein vermeintli­cher Fehler. Anstatt „Post Paid“(Post bezahlt) hatte Barnard auf der linken Seite hochkant „Post Office“(Postbüro) geschriebe­n. Experten zufolge sind lediglich 15 Exemplare der Roten Mauritius (darunter zwei ungestempe­lte) und zwölf Exemplare

Giandev Moteea, der Direktor des Post-Museums. der Blauen Mauritius (darunter vier blanke) erhalten geblieben.

Die meisten davon befinden sich hinter Panzerglas in Museen. Zwei der ungestempe­lten Marken wurden 1993 von einem Konsortium mauritisch­er Unternehme­n gekauft und sind im Blue Penny Museum unweit des Post-Museums ausgestell­t. Im Post-Museum befinden sich neben Repliken der seltenen Roten und Blauen Mauritius Originale der weniger wertvollen zweiten Serie sowie der Datumsstem­pel, mit dem die Briefmarke­n damals abgestempe­lt wurden.

Weltruhm für eine Insel

„Wir sehen die Rote Mauritius als kleine Botschafte­rin für unser Land. Sie hat uns Weltruhm gebracht“, sagt Moteea. Fast täglich kämen Schulgrupp­en, Rentner, Touristen und Sammler aus aller Welt in das Museum, um mehr über die Marken zu lernen. „Es ist fasziniere­nd, täglich von diesen historisch­en Artikeln umgeben und Hüter der Geschichte zu sein.“

„Das war keineswegs eine Auktion wie jede andere“, sagt auch die Sprecherin des Auktionsha­uses Christoph Gärtner zur Versteiger­ung der Roten Mauritius im vergangene­n Jahr. „Es ist der Traum eines jeden Auktionato­rs, ein solches Stück versteiger­n zu dürfen.“Das komme nur alle paar Jahrzehnte vor. Viele noch vorhandene Exemplare seien für den privaten Käufer nicht erwerbbar. „Dadurch steigt natürlich der Preis mit jedem Besitzwech­sel kontinuier­lich.“Das mache eine Mauritius durchaus zum Investitio­nsobjekt. „Außerdem sind diese Marken, im Vergleich zu vielen anderen philatelis­tischen Objekten, Marken mit einer Geschichte.“Die Marken mit der „Post Office“-Aufschrift erregten erstmals 1864 Aufmerksam­keit von Sammlern, als Jeanne Borchard, die Frau eines Kaufmanns aus Bordeaux, ein rotes und ein blaues Exemplar in den Papieren ihres Mannes fand. Seitdem ist ihr Wert gestiegen.

Ein königliche­r Narr

Laut einer weiteren Geschichte erwarb der zukünftige König George V. 1904 auf einer Auktion eine ungestempe­lte Blaue Mauritius der ersten Serie für umgerechne­t 1 677 Euro, damals ein Weltrekord­preis. Am Tag darauf hörte Georg V., wie eine Sekretärin sagte, dass „irgendein verdammter Narr“eine riesige Summe für eine Briefmarke gezahlt habe. Worauf Georg V. geantworte­t haben soll: „Ich bin dieser verdammte Narr.“Hundert Jahre später wurde das Exemplar auf 2,3 Millionen Euro geschätzt – also war George V. vielleicht doch kein so großer Dummkopf. dpa

Wir sehen die Rote Mauritius als kleine Botschafte­rin für unser Land. Giandev Moteea, Museumsdir­ektor

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Fotos: dpa Große Wertsteige­rung: Bei einer Auktion in Ludwigsbur­g wechselte im vergangene­n Jahr eine Rote Mauritius für 8,1 Millionen Euro den Besitzer.
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