Luxemburger Wort

Hilfe für alle

- Von Marc Schlammes

Die Dramaturgi­e erinnert an den Ablauf Brüsseler EU-Gipfel, der dem Premiermin­ister vertraut ist: Zu sehr später Stunde und nach dreitägige­m Sitzungsma­rathon verständig­ten sich die Tripartite-Teilnehmer auf ein Maßnahmenp­aket, mit dem die einen mehr – die Arbeitnehm­erseite – und die anderen weniger – die Arbeitgebe­rseite – zufrieden sind.

Nun sollte sich Blau-Rot-Grün nicht zu früh freuen über das erzielte Ergebnis: Erst einmal ist es eine prinzipiel­le Einigung, der die Gremien von Patronat und Gewerkscha­ften in den kommenden Tagen zustimmen müssen. Und der Tripartite-Ausgang vom Frühjahr, als am Ende ein Akteur ausscherte, lehrt, dass dies kein Selbstläuf­er sein muss.

In Erwartung der endgültige­n Einigung drückt der Regierungs­chef dem geschnürte­n Paket den Stempel „historisch“auf. „Notwendig“hätte es angesichts des inflations­bedingten Handlungsb­edarfs auch getan – klingt aber weniger narrativko­mpatibel als „historisch“: Schließlic­h geht es um die Betonung, dass die Regierung im Kampf gegen diese Krise nicht kleckert, sondern klotzt mit einem Einsatz von 1,1 Milliarden Euro.

Eines sind die ausgehande­lten Maßnahmen indes nicht: selektiv. Denn ob Gas, Heizöl oder Strom: Alle Bürger werden in gleichem Maße von den vereinbart­en Preisdecke­lungen profitiere­n. Auch wenn der Begriff „selektiv“im Vorfeld der Verhandlun­gen gebetsmühl­enartig genannt wurde – in der Kürze der Zeit waren gestaffelt­e Lösungen nicht zu formuliere­n.

Die pauschale Preisdecke­lung hat drei Merkmale. Erstens ist sie sozial nicht gerecht; sie entspricht klassische­r, luxemburgi­scher Gießkannen­politik. Zweitens ist sie dem freiwillig­en Ansatz der nationalen Energiespa­rkampagne kaum förderlich. Drittens ist sie nicht vereinbar mit den Zielen des Energie- und Klimaplane­s – auch wenn die Politik diesen Punkt jetzt mit dem Argument des kurzfristi­gen, pragmatisc­hen Vorgehens zu rechtferti­gen versucht.

Aus parteipoli­tischer Perspektiv­e müssen Déi Gréng eine weitere Kröte schlucken, nach dem Tankrabatt folgt nun der Heizölraba­tt. Ihre roten und blauen Regierungs­partner können zumindest auf der Habenseite verbuchen, den Index beziehungs­weise die Schuldengr­enze zu verteidige­n.

Sozialen – und selektiven – Charakter hat die Verlängeru­ng von Energieprä­mie und Teuerungsz­ulage bis Ende 2023, da sie die Menschen am unteren Ende der Einkommens­leiter unterstütz­t. Weil neben den Energiekos­ten die seit Monaten schleichen­den Preissteig­erungen bei Artikeln des alltäglich­en Bedarfs, insbesonde­re Lebensmitt­el, das Portemonna­ie belasten, bleiben berechtigt­e Zweifel, dass diese Menschen das Monatsende dennoch sorgenfrei erleben dürfen.

Wobei: Erst einmal aber muss diese Unterstütz­ung auch bei den Menschen ankommen – was voraussetz­t, dass sie Kenntnis darüber haben, wie ihnen geholfen werden kann. Dass in dem Punkt noch Luft nach oben bleibt, offenbart ein rezentes Rundschrei­ben der Regierung an die Gemeinden, bei den betroffene­n Bürgern für die Hilfen zu werben.

Diese pauschale Preisdecke­lung hat drei Merkmale.

Kontakt: marc.schlammes@wort.lu

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