Griff nach der totalen Macht
Staatschef Bukele kündigt in El Salvador neue Kandidatur an
Präsident Nayib Bukele vollendet seinen Griff nach der totalen Macht in El Salvador. Der autokratische Staatschef, der seit 2019 regiert, kündigte für 2024 eine neue Kandidatur an, obwohl das die Verfassung des Landes explizit verbietet. Damit bekräftigt der 41-Jährige seine Verachtung für Recht und Demokratie. Im Falle eines erneuten Wahlsiegs würde Bukele bis 2029 regieren. Weltweite Aufmerksamkeit hat er für sich und sein Land von der achtfachen Größe Luxemburgs gewonnen, als er vor gut einem Jahr Bitcoin zur Staatswährung erhob, um damit unabhängig von den internationalen Finanzmärkten zu werden.
Anlässlich der Feier zur Unabhängigkeit Ende vergangener Woche sagte Bukele bei einem Empfang im Präsidentenpalast, er habe die Entscheidung „nach einem Gespräch“mit seiner Frau getroffen. Die geladenen Gäste und das anwesende Kabinett feierten die Ankündigung mit in die Höhe gereckten Daumen und den Rufen „Wiederwahl, Wiederwahl“.
Die salvadorianische Verfassung, die 1983 geschrieben und 1992 nach Ende des Bürgerkriegs geändert wurde, soll gerade die Entstehung von Diktaturen und autoritären Regimen verhindern. Sie verbietet daher in drei verschiedenen Artikeln die sofortige Wiederwahl. Bukele fühlt sich durch diese Regelung in seinem Machthunger beschränkt. „Warum können wir nicht die Länder kopieren, in denen es gut läuft?“, fragte er. Aber gerade in Lateinamerika, das traurige Erfahrungen mit Autokraten und korrupten Präsidenten hat, ist das Wiederwahlverbot wie eine Versicherung gegen Machtmissbrauch. „Absolut vorhersehbar. Das war immer der ursprüngliche Plan“, kommentierte der frühere AmerikaChef von Human Rights Watch, José Miguel Vivanco.
In seinen bisherigen drei Jahren im Amt hat Bukele, der sein Land wie ein Unternehmen führt und sich gerne als „CEO“bezeichnet, El Salvador politisch gleichgeschaltet und wirtschaftlich völlig umgekrempelt. Die Presse wird unterdrückt, viele Richter, Staatsanwälte und Menschenrechtsaktivisten sind nach Drohungen und Verfolgungen im Exil. Das Parlament ist entmachtet, die Justiz auf Linie. Am liebsten regiert Bukele per Dekret und über sein Hauptkommunikationsmittel Twitter. Die politische
Opposition hat keine einigermaßen bekannte Figur, die sich dem autoritären Regenten entgegenstellen könnte. Zugleich aber – und das ist für ihn entscheidend – finden er und seine Arbeit bei acht von zehn Salvadorianern Zuspruch.
Bitcoin-Experiment gescheitert
Mit der Staatswährung Bitcoin nimmt Bukele ein ganzes Land und seine Bevölkerung für ein riskantes Finanzprojekt als Geisel, das am Ende zur Staatspleite führen könnte. Ein Jahr nach der Einführung des Münz-Monopolys ist die Bilanz ernüchternd. Weder sind die versprochenen Investitionen gekommen, noch mehr Wohlstand. Dabei sollte die Kryptowährung helfen, die Ungleichheit zu bekämpfen.
Nichts davon sei eingetreten, kritisiert Ricardo Castaneda vom ICEFI (Zentralamerikanisches Institut für fiskalische Studien). „Der Bitcoin ist nicht die Ursache für die finanziellen Probleme des Landes, aber er ist ein entscheidender Teil davon“, sagt der Finanzexperte.
Erst kürzlich hatten die Ratingagenturen Moody's und Fitch die Kreditwürdigkeit El Salvadors herabgestuft, nachdem die Anleihen nach dem Zusammenbruch des Kryptowährungsmarktes mit einem starken Abschlag gehandelt wurden. Unterdessen kündigte die Regierung an, Anleihen im Wert von 360 Milliarden Dollar mit Fälligkeit in den Jahren 2023 und 2025 zurückzukaufen, um ihre Wirtschaft zu retten. Die Ratingagentur Fitch hält dennoch einen Zahlungsausfall im kommenden Jahr für möglich.