Abwehrpuzzle
Nationaltrainer Luc Holtz muss in der Türkei vor allem seine Defensive umbauen
Ein spektakuläres Vorzeichen lieferte der Assistent von Luc Holtz bereits gestern: Mario Mutsch, CoTrainer der Fußball-Nationalmannschaft, coachte seine U19Auswahl in der EM-Qualifikation gegen die Türkei zu einem 4:4. Dass sein Chef ein solches Resultat heute (20.45 Uhr Luxemburger Zeit) am fünften Spieltag der Nations League ebenfalls einfahren wird, darf bezweifelt werden – vor allem in Bezug auf die Gesamtzahl der Tore.
Denn gegen die türkische Nationalmannschaft, den Favoriten der Gruppe 1 in Liga C, dürfte Holtz wohl kaum mit offenem Visier spielen lassen. „Die Basics müssen stimmen“, stellt der 53-Jährige klar. „Wir wollen defensiv kompakt sein, so lange wie möglich zu Null spielen und dann die paar Torchancen nutzen, die wir bekommen.“Um diesen Plan in die Tat umzusetzen, bieten sich dem Nationaltrainer zahlreiche personelle Möglichkeiten – einige davon gezwungenermaßen.
Denn durch die Ausfälle der Leistungsträger Olivier Thill (Kreuzbandriss), Christopher Martins (Oberschenkel), Mathias Olesen (Sprunggelenk) und Dirk Carlson (Hüfte) muss Holtz kreativ werden. Dabei stellt sich nicht nur die Frage, ob der Nationaltrainer mit zwei oder drei Innenverteidigern spielt, sondern auch, wer den Platz in der Abwehrmitte neben Maxime Chanot einnehmen wird. Zur Verfügung stehen Kapitän Laurent Jans, Enes Mahmutovic – und der wiedergenesene Routinier Lars Gerson (87 Länderspiele).
„Ich fühle mich gut“, sagt der 32Jährige. Sein Grinsen verrät, wie sehr er sich freut, wieder beim Nationalteam dabei zu sein. Bei seinem Verein Kongsvinger (N) stand Gerson am vergangenen Samstag zum ersten Mal seit Juni wieder 90 Minuten auf dem Platz. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich im Nationalkader sein würde. Aber wenn der Trainer mich braucht, dann bin ich bereit – ob das jetzt von Anfang an ist, nach der Halbzeit oder am Ende des Spiels. Mir tut nichts mehr weh und ich hoffe, dass das so bleibt.“
Lautstarke Kulisse
Personelle Experimente schließt der Nationalcoach allerdings aus. „Es wird niemand auf eine Position gestellt, auf der er noch nie gespielt hat“, erläutert Holtz. „So eine Lotterie ist sicherlich nicht sinnvoll.“Viele Möglichkeiten, neue Formationen zu testen, hatte der FLF-Coach ohnehin nicht. Abgesehen vom Abschlusstraining gestern Abend stand die Auswahl lediglich am Dienstagmorgen gemeinsam auf dem Rasen. „Wir konnten nur kurz ausprobieren, was wir machen wollen.“
In der Arena einer fußballbegeisterten Nation wird wohl auch die Stimmung eine Rolle spielen. Denn bereits bei der 0:2-Niederlage Mitte Juni im Stade de Luxembourg musste die FLF-Auswahl gegen eine lautstarke türkische Kulisse anspielen. Im Fatih-TerimStadion von Basaksehir, ein Verein mit Verbindung zu Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, werden heute Abend bis zu 15 000 Zuschauer erwartet. Im Hinspiel trafen Kapitän Hakan Calhanoglu per Handelfmeter und FenerbahceStürmer Serdar Dursun.
Auch wenn der Star von Inter Mailand nun wegen Knieproblemen fehlt, hat Türkei-Trainer Stefan Kuntz eine Mannschaft voller Ausnahmekönner zur Verfügung. Im Kader stehen unter anderem Caglar Söyüncü (Leicester), Merih Demiral (Atalanta), Orkun Kökcü
Knifflig: Luc Holtz muss einige Stammspieler ersetzen. Lars Gerson (l.) könnte eine Option sein. (Feyernoord) und Cengiz Ünder (Marseille). „Sie sind dribbelstark, haben Tempo, aber auch Spieler, die in der Luft entscheidend sind“, analysiert Holtz. „Es wird schwierig, sich über 90 Minuten auf ein Schema einzustellen.“
Die FLF-Auswahl will in Istanbul möglichst lange ohne Gegentor bleiben.
Eine Lotterie ist sicherlich nicht sinnvoll. Luc Holtz