Wenn der Kunde nicht zahlt
Die Preise für Energie steigen rasant und mit ihnen die Nebenkostenabrechnungen
Die Energiepreise steigen seit Monaten. Ab Oktober erhöhen viele Energieversorger ihre Gaspreise noch einmal deutlich. Welche Möglichkeiten haben Menschen mit niedrigem Einkommen und wann darf trotz Zahlungsrückständen der Gas- oder Stromanschluss nicht unterbrochen werden?
„Wir passen die Vorauszahlungen der Kunden regelmäßig an, um zu verhindern, dass bei der Abrechnung zu hohe Beträge zu zahlen sind. Wir sind uns natürlich bewusst, dass der deutliche Anstieg der Energiepreise für viele Haushalte eine erhebliche Belastung darstellt“, unterstreicht Encevo auf Nachfrage. Der Energieversorger weist darauf hin, dass die Preise auf den Großhandelsmärkten innerhalb eines Jahres um den Faktor 10 bis 15 gestiegen sind und dass er als Anbieter diesen Anstieg für die Kunden abmildern konnte, „auch wenn er immer noch erheblich“ist.
Generell könne jeder Kunde die Häufigkeit der Rechnungsstellung von seinem zweimonatlichen Zahlungsplan auf eine monatliche Rechnungsstellung ändern. Diese Maßnahme ermögliche es dem Kunden, die Energiekosten besser über die Zeit zu verteilen.
Im Allgemeinen würden die Energieversorger die Versorgung der Kunden während der Kälteperiode nicht einstellen, auch nicht bei unbezahlten Rechnungen.
875 Stromsperren
Energieminister Claude Turmes hat auch bereits mehrmals versichert, dass niemand von Gas und Strom abgeschnitten werde. Dies war in der Vergangenheit allerdings nicht der Fall. So wurden zwischen 2016 und 2020 durchschnittlich 875 Stromsperren und 105 Gassperren pro Jahr vorgenommen.
Diese Zahlen wurden Ende 2021 von der Familienministerin Corinne Cahen (DP) in einer parlamentarischen Antwort an den Abgeordneten Marc Goergen (Piraten) bestätigt. Im Pandemie-Jahr 2020 wurde der Strom 771 mal und das Gas 77 mal abgeschaltet.
Konkret sieht das Gesetz vom 1. August 2007 vor, dass der Versorger 15 Tage nach einer zweiten Mahnung den Kunden darüber informieren kann, dass er beabsichtigt, ihm nach einer Frist von 30 Tagen den Strom oder das Gas abzustellen. Zwischen 2016 und 2020 wurde dieses Verfahren im Durchschnitt bei Strom rund 8 000 Mal pro Jahr in Anspruch genommen.
Bei Gas lag der Durchschnitt bei etwas mehr als 1 500 aktivierten Verfahren.
Im Jahr 2020 wurden 2.419 Anträge auf Stromabschaltung von den Versorgern an die Netzbetreiber gerichtet. Generell führen solche Anträge aber nicht immer zu einer Einstellung der Gas- oder Stromlieferung. Das liegt daran, dass das Gesetz von 2007 ein Verfahren vorsieht, mit dem dieser Schritt verhindert werden kann.
Der Lieferant ist zum Beispiel verpflichtet, einem zahlungsunwilligen Kunden die Kontaktdaten des Sozialamts seiner Gemeinde mitzuteilen und dieses gleichzeitig über die Schwierigkeiten des Kunden zu informieren.
Bis zu vier Mahnungen
„Bei Nichtzahlung einer Rechnung werden dem Kunden drei Mahnungen zugesandt. Reagiert der Kunde nicht auf diese Aufforderungen,
wird eine letzte, vierte Mahnung verschickt, zusammen mit einer Mitteilung an das für den Wohnort des Kunden zuständige Sozialamt“, erklärt Encevo. Wenn der Kunde anspruchsberechtigt ist, kann das Sozialamt gegebenenfalls die Energierechnung übernehmen. Dieses Verfahren gelte für Haushaltskunden. „Die Einbeziehung des Sozialamts soll gerade die Möglichkeit ausschließen, dass Familien in prekären Verhältnissen von der Versorgung abgeschnitten werden.“
„Wir bekommen regelmäßig von den Energieversorgern eine Liste von Nichtzahlern“, bestätigt Sandy Lopes, Direktorin des „Office social de la Ville de Luxembourg“. „Wir schauen uns dann genau an, wer bereits von uns betreut wird. Wir schreiben aber niemanden an, der auf der Liste steht und nicht zu unseren Kunden zählt.“
Ein weiteres Sicherheitspolster für Kunden bietet das Sozialhilfegesetz vom 18. Dezember 2009. Demnach muss jede Person, die Anspruch auf Sozialhilfe hat, einen garantierten Zugang zu Wasser und Energie haben, um ihre Grundbedürfnisse zu decken. Die Sozialämter des Landes greifen in diesem Zusammenhang ein und unterstützen die Haushalte mit finanziellen Hilfen.
Schließlich haben Haushalte mit geringem Einkommen Anspruch auf eine Teuerungszulage und Energieprämie, sofern ihr Einkommen eine bestimmte Obergrenze nicht überschreitet. „Wer eine Teuerungszulage bekommt, bekommt auch automatisch die Energieprämie. Beide hängen miteinander zusammen. Es muss nur ein Antrag gestellt werden.“
Das Sozialamt der Stadt Luxemburg hat bisher noch keinen drastischen Anstieg der Betreuungsanfragen festgestellt. Aber: Viele Mieter blicken mit Bangen auf die bevorstehenden Nebenkostenabrechnung und die drohenden Nachzahlungen. Diese stehen wohl erst im kommenden Jahr an. „Die wirklichen Folgen werden wir also voraussichtlich erst 2023 zu spüren bekommen“, sagt Sandy Lopes.