Wer die Nachtigall stört
104
„Wahrscheinlich hatte er keine Ahnung, dass John zu Hause war, sonst hätte er es wohl nicht gewagt. Sonntagabends brennt bei Taylors nur auf der Vorderveranda und in Johns Arbeitszimmer Licht.“
„Du weißt ja gar nicht, ob es Bob Ewell war, der das Drahtnetz an der Fliegentür herausgeschnitten hat – niemand weiß das“, sagte Atticus. „Falls er’s getan hat, sind seine Gründe nicht schwer zu erraten. Ich habe ihn als Lügner bloßgestellt, aber John hat ihn lächerlich gemacht. Solange Ewell im Zeugenstand war, konnte ich John einfach nicht ansehen, sonst hätte ich losgelacht. Er hat Ewell mit einer Miene betrachtet, als hätte er ein dreibeiniges Huhn oder ein viereckiges Ei vor sich. Mir soll keiner erzählen, dass die Richter nicht versuchen, die Geschworenen zu beeinflussen“, fügte Atticus schmunzelnd hinzu.
Von Ende Oktober an lief unser Leben wieder in den üblichen Bahnen: Schule, Spielen und Hausaufgaben. Jem schien sich das, was er vergessen wollte, aus dem Kopf geschlagen zu haben, und die Kinder in der Schule waren barmherzig genug, uns nicht an die Verschrobenheiten unseres Vaters zu erinnern. Nur Cecil Jacobs erkundigte sich einmal, ob Atticus ein Radikaler
sei. Als ich Atticus danach fragte, war seine Heiterkeit so groß, dass ich mich gekränkt fühlte. Er versicherte mir jedoch, er lache nicht über mich. „Bestell deinem Cecil, dass ich ungefähr so radikal bin wie Cotton Tom Heflin.“
Tante Alexandra war wieder obenauf. Miss Maudie hatte wohl die ganze Missionsgesellschaft mit einem Schlag zum Schweigen gebracht, denn unsere Tante herrschte wie eh und je über diesen Hühnerhof. Ihre Erfrischungen wurden womöglich noch köstlicher. Mrs. Merriweathers Vorträge vermittelten mir aufschlussreiche Einzelheiten über das gesellschaftliche Leben der armen Mrunas: Sie besaßen so wenig Familiensinn, dass der ganze Stamm eine einzige große Familie bildete. Jedes Kind hatte so viele Väter und Mütter, wie es Männer und Frauen in der Gemeinschaft gab. J. Grimes Everett opferte sich auf, um diesen Missständen abzuhelfen, und er bedurfte dringend unserer Gebete.
Maycomb hatte wieder sein altes Gesicht. Alles war wie im letzten und im vorletzten Jahr, abgesehen von zwei unbedeutenden Veränderungen. Die erste war, dass die Klebezettel mit dem Aufdruck NRA – WIR TUN UNSER TEIL von Schaufenstern und Autos verschwunden waren. Ich fragte Atticus nach dem Grund, und er erklärte, man habe die Zettel entfernt, weil der National Recovery Act tot sei. Ich wollte wissen, wer ihn getötet hatte, und er sagte: „Neun alte Männer.“
Die zweite Veränderung in Maycomb war nicht von nationaler Tragweite. Bisher war Halloween in Maycomb eine völlig unorganisierte Angelegenheit gewesen. Jedes Kind vergnügte sich auf eigene Faust, allenfalls mit dem Beistand anderer Kinder, wenn es irgendetwas zu schleppen, zum Beispiel einen leichten Einspänner auf das Dach des Mietstalles zu befördern gab. Aber viele Eltern waren der Ansicht, im vergangenen Jahr, als der Frieden von Miss Tutti und Miss Frutti gestört wurde, sei der Spaß entschieden zu weit gegangen.
Die Damen Tutti und Frutti Barber waren unverheiratete Schwestern und bewohnten das einzige Haus in Maycomb, das sich eines Kellers rühmen konnte. Wie es hieß, waren die beiden Damen Republikanerinnen,
die im Jahre 1911 aus Clanton, Alabama, ausgewandert waren. In Maycomb fand man, dass sie merkwürdige Gewohnheiten hatten. Vor allem wusste niemand, warum sie einen Keller haben wollten. Aber sie bestanden darauf, sie hoben ihn aus, und sie verbrachten den Rest ihres Lebens damit, Generationen von Kindern aus diesem Keller zu verjagen.
Tutti und Frutti (eigentlich hießen sie Sarah und Frances) hatten Yankee-Manieren und waren überdies stocktaub. Miss Tutti leugnete das ab und lebte in einer Welt des Schweigens, aber Miss Frutti, die nicht gewillt war, sich irgendetwas entgehen zu lassen, benutzte ein Hörrohr von derartigem Ausmaß, dass Jem behauptete, es sei der Schalltrichter eines Victrola-Grammophons.
Dieser Tatsache eingedenk, warteten ein paar böse Kinder am Halloween, bis die Damen Barber fest schliefen, schlüpften dann in das Wohnzimmer – außer den Radleys schloss nachts niemand die Haustür ab –, schleppten sämtliche Möbel heraus und versteckten sie im Keller. Ich leugne entschieden, dass ich an diesem tollen Streich beteiligt war.
„Ich habe sie gehört!“Dieser Schrei weckte im Morgengrauen die Nachbarn der beiden Damen. „Ich habe sie mit einem Lastwagen vorfahren hören! Wie Pferde sind sie herumgestampft. Jetzt werden sie schon in New Orleans sein.“
Miss Tutti war sicher, dass die reisenden Pelzhändler, die zwei
Tage zuvor durch die Stadt gekommen waren, ihre Möbel gestohlen hatten. „Ganz schwarz waren sie – Syrer!“
Mr. Heck Tate wurde gerufen. Er untersuchte den Tatort und erklärte, die Täter könnten nur aus Maycomb stammen. Miss Frutti versicherte, sie wisse, wie die Leute in Maycomb sprächen, und die Diebe in ihrem Wohnzimmer hätten ganz anders gesprochen – ihre „R“wären nur so durch die Gegend gerollt. Miss Tutti bestand darauf, dass Bluthunde herbeigeschafft würden, um die Möbel aufzuspüren. Etwas anderes käme gar nicht in Frage, sagte sie. Also musste Mr. Tate zehn Meilen weit fahren und die Bluthunde von Maycomb County holen.
Mr. Tate setzte die Hunde auf die Fährte, und zwar an der Vordertreppe. Es geschah jedoch nichts weiter, als dass die Tiere zur Kellertür liefen und dort laut kläfften. Nachdem sich das dreimal wiederholt hatte, ging Mr. Tate endlich ein Licht auf. An jenem Tag war um die Mittagszeit kein barfüßiges Kind in Maycomb zu erblicken. Niemand zog die Schuhe aus, bis die Hunde wieder weggebracht worden waren.
So kam es, dass die Ladys von Maycomb beschlossen, man müsse Halloween in diesem Jahr anders feiern.
Bank
Eldin Latik (0/0)
Ralph Schon (14/0)
Florian Bohnert (31/1)
Enes Mahmutovic (23/0)
Marvin Martins (24/3)
Aldin Skenderovic (27/0)
Eric Veiga (6/0)
Diogo Pimentel (0/0)
Timothé Rupil (3/0)
Alessio Curci (0/0)
Maurice Deville (61/3)
Michael Omosanya (2/0)
Schiedsrichter
Giorgi Kruashvili (GEO)
Levan Varamishvili (GEO)
Zaza Pipia (GEO)