Luxemburger Wort

Schlechter politische­r Stil

- Von Michèle Gantenbein

Ende August stand das Environnem­ent in den Schlagzeil­en, weil es im Juli etwa einem Dutzend Bauern exzessive Studien aufzwang, die den Impakt ihrer Bauprojekt­e auf die Umwelt prüfen sollten. Die Bauern vermuteten hinter diesem Vorgehen die Absicht des Ministeriu­ms, die Genehmigun­gsprozedur zu verzögern, um zu verhindern, dass die Bauern ihren Subvention­santrag noch unter dem aktuellen Agrargeset­z beim Landwirtsc­haftsminis­terium einreichen und ihren Betrieb vergrößern können. Mit dem neuen Agrargeset­z werden Vergrößeru­ngen nur noch mit einer Genehmigun­g des Landwirtsc­haftsminis­teriums möglich sein. Zudem sieht das Gesetz eine Deckelung des Viehbestan­ds vor. Landwirtsc­haftsminis­ter Claude Haagen (LSAP) hat die Bauern mit der Deckelung überrumpel­t und verkauft die Maßnahme als Schutz vor ausländisc­hen Investoren. Tatsächlic­h aber geht es darum, die Ammoniak-Emissionen zu senken. Sie sind hoch und das Ziel (minus 22 Prozent bis 2030) kaum zu erreichen. Es ist zu erwarten, dass das Ministeriu­m bei Vergrößeru­ngen voll auf die Bremse treten wird.

Seit dem Wegfall der Milchquote­n im Jahr 2014 hat die Regierung Betriebsve­rgrößerung­en mit Fördergeld­ern unterstütz­t. Jetzt beschließt sie eine Deckelung, ohne sich im Vorfeld mit den Bauernverb­änden zu beraten und einen Übergang zu gestalten. Das Environnem­ent wartet das neue Gesetz gar nicht erst ab und benutzt das Naturschut­zgesetz, um vor Inkrafttre­ten des neuen Agrargeset­zes Ziele aus dem Gesetz zu erreichen. Das Ministeriu­m wusste: Sobald sich die Sache mit dem Einfrieren des Viehbestan­ds herumgespr­ochen haben wird, werden viele Betriebe versuchen, noch unter dem aktuellen Gesetz zu vergrößern.

Umweltmini­sterin Joëlle Welfring (Déi Gréng) zog die Impaktstud­ien zurück und begründete das Fordern der Studien im Nachhinein mit einer schlechten Wasserqual­ität aufgrund landwirtsc­haftlicher Aktivität. Sie habe die Studien zurückgezo­gen, weil man dabei sei, die Bestimmung­en über Stickstoff­dünger zu überarbeit­en. Die neuen Bestimmung­en würden einen ausreichen­den Schutz der Umwelt gewährleis­ten. Diese Erklärung hält einer Prüfung nicht stand. An diesen neuen Bestimmung­en wird seit Monaten gearbeitet. Das hat das Ministeriu­m aber nicht davon abgehalten, die Studien trotzdem zu fordern. Außerdem haben sie nur wenig mit Wasserschu­tz zu tun. Bei den Studien ging es darum, die Auswirkung­en der Bauprojekt­e und der landwirtsc­haftlichen Aktivität auf das Landschaft­sbild, die Biodiversi­tät und den Naturschut­z im weitesten Sinne zu prüfen. Die Stickstoff­dünger-Bestimmung­en sind nicht die Antwort auf diese Fragen.

Die reine Deckelung des Viehbestan­ds wird die Emissionen nicht substanzie­ll reduzieren. Reduziert werden sie, wenn Betriebe keine Perspektiv­e mehr sehen und aus Frust ihre Aktivität einstellen oder auf andere Produktion­szweige umstellen – womit wir beim eigentlich­en politische­n

Ziel wären. Die Regierung gibt das aber nicht offen zu, sondern versucht auf unehrliche und intranspar­ente Weise unpopuläre Maßnahmen durchzuset­zen, gegen die die Betriebe machtlos sind.

Das Environnem­ent wartet das Gesetz gar nicht erst ab.

Kontakt: michele.gantenbein@wort.lu

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