Schlechter politischer Stil
Ende August stand das Environnement in den Schlagzeilen, weil es im Juli etwa einem Dutzend Bauern exzessive Studien aufzwang, die den Impakt ihrer Bauprojekte auf die Umwelt prüfen sollten. Die Bauern vermuteten hinter diesem Vorgehen die Absicht des Ministeriums, die Genehmigungsprozedur zu verzögern, um zu verhindern, dass die Bauern ihren Subventionsantrag noch unter dem aktuellen Agrargesetz beim Landwirtschaftsministerium einreichen und ihren Betrieb vergrößern können. Mit dem neuen Agrargesetz werden Vergrößerungen nur noch mit einer Genehmigung des Landwirtschaftsministeriums möglich sein. Zudem sieht das Gesetz eine Deckelung des Viehbestands vor. Landwirtschaftsminister Claude Haagen (LSAP) hat die Bauern mit der Deckelung überrumpelt und verkauft die Maßnahme als Schutz vor ausländischen Investoren. Tatsächlich aber geht es darum, die Ammoniak-Emissionen zu senken. Sie sind hoch und das Ziel (minus 22 Prozent bis 2030) kaum zu erreichen. Es ist zu erwarten, dass das Ministerium bei Vergrößerungen voll auf die Bremse treten wird.
Seit dem Wegfall der Milchquoten im Jahr 2014 hat die Regierung Betriebsvergrößerungen mit Fördergeldern unterstützt. Jetzt beschließt sie eine Deckelung, ohne sich im Vorfeld mit den Bauernverbänden zu beraten und einen Übergang zu gestalten. Das Environnement wartet das neue Gesetz gar nicht erst ab und benutzt das Naturschutzgesetz, um vor Inkrafttreten des neuen Agrargesetzes Ziele aus dem Gesetz zu erreichen. Das Ministerium wusste: Sobald sich die Sache mit dem Einfrieren des Viehbestands herumgesprochen haben wird, werden viele Betriebe versuchen, noch unter dem aktuellen Gesetz zu vergrößern.
Umweltministerin Joëlle Welfring (Déi Gréng) zog die Impaktstudien zurück und begründete das Fordern der Studien im Nachhinein mit einer schlechten Wasserqualität aufgrund landwirtschaftlicher Aktivität. Sie habe die Studien zurückgezogen, weil man dabei sei, die Bestimmungen über Stickstoffdünger zu überarbeiten. Die neuen Bestimmungen würden einen ausreichenden Schutz der Umwelt gewährleisten. Diese Erklärung hält einer Prüfung nicht stand. An diesen neuen Bestimmungen wird seit Monaten gearbeitet. Das hat das Ministerium aber nicht davon abgehalten, die Studien trotzdem zu fordern. Außerdem haben sie nur wenig mit Wasserschutz zu tun. Bei den Studien ging es darum, die Auswirkungen der Bauprojekte und der landwirtschaftlichen Aktivität auf das Landschaftsbild, die Biodiversität und den Naturschutz im weitesten Sinne zu prüfen. Die Stickstoffdünger-Bestimmungen sind nicht die Antwort auf diese Fragen.
Die reine Deckelung des Viehbestands wird die Emissionen nicht substanziell reduzieren. Reduziert werden sie, wenn Betriebe keine Perspektive mehr sehen und aus Frust ihre Aktivität einstellen oder auf andere Produktionszweige umstellen – womit wir beim eigentlichen politischen
Ziel wären. Die Regierung gibt das aber nicht offen zu, sondern versucht auf unehrliche und intransparente Weise unpopuläre Maßnahmen durchzusetzen, gegen die die Betriebe machtlos sind.
Das Environnement wartet das Gesetz gar nicht erst ab.
Kontakt: michele.gantenbein@wort.lu