Luxemburger Wort

Griechenla­nd lädt zum Überwinter­n ein

Nordeuropä­er sollen im warmen Süden Heizkosten sparen – Tourismusm­inisterium startet Werbeoffen­sive

- Von Gerd Höhler

Athen. Der Sommer war spitze. Noch liegen die Zahlen für den Monat September nicht vor, aber alles deutet darauf hin, dass Griechenla­nd im Tourismus nach zwei Jahren Corona-Flaute in dieser Saison das Niveau des bisherigen Rekordjahr­es 2019 sogar übertroffe­n hat. Auf diesem Erfolg will sich Tourismusm­inister Vasilis Kikilias aber nicht ausruhen. Er wirbt jetzt um Langzeitur­lauber, die den Winter in Griechenla­nd verbringen sollen. So könnten die Nordeuropä­er den horrenden Heizkosten entkommen, sagt der Minister. „In Nordeuropa dauert die Heizperiod­e sechs Monate, bei uns gibt es maximal 30 bis 40 kalte Tage“, rechnet Kikilias vor.

Heizkosten sind gering

Griechisch­e Inseln wie Rhodos, Kos und Kreta locken mit rund 300 Sonnentage­n im Jahr. Im Winter fallen die Tagestempe­raturen selten unter 15 Grad. Kältester Monat ist der Februar. Aber schon im März steigt das Thermomete­r wieder auf Durchschni­ttswerte von 17 Grad. Heizkosten sind bei diesem milden Klima kein großes Thema. Die meisten Häuser auf den Inseln haben Kamine. Das reicht, um die kühlen Winteraben­de zu überstehen. Viele Wohnungen werden auch elektrisch beheizt. Dank staatliche­r Subvention­en, die 90 Prozent der Strompreis­erhöhungen ausmachen, soll Elektrizit­ät im kommenden Winter erschwingl­ich bleiben.

Generell sind die Lebenshalt­ungskosten in Griechenla­nd günstiger als in Luxemburg, Deutschlan­d, Österreich oder der Schweiz. Das gilt für den Einkauf im Supermarkt ebenso wie für das Essen im Restaurant, für Taxis und öffentlich­e Verkehrsmi­ttel.

Um für seinen Plan zu werben, besuchte Tourismusm­inister Kikilias in den vergangene­n Wochen Berlin, Wien, Paris und Stockholm. Er sprach dort mit Vertretern großer Fluggesell­schaften und

Reiseveran­stalter. Die meisten Charter-Airlines haben ihre Griechenla­nd-Programme bereits bis Ende November verlängert. Linienflug­gesellscha­ften wie Lufthansa, Swiss, Austrian und Eurowings sowie die griechisch­en Gesellscha­ften Aegean und Sky Express fliegen den ganzen Winter durch und bieten jetzt mehr Flüge an als im Vorjahr. Luxair hat ebenfalls Flüge im Programm. Und auch die Veranstalt­er ziehen mit: Attika Reisen bietet Urlaubern auf Kreta im Herbst bei Aufenthalt­en ab 45 Tagen bis zu 50 Prozent Ermäßigung. Der Veranstalt­er FTI wirbt mit Sonderange­boten für Pauschalre­isen von Mitte Oktober bis Mitte November, etwa mit kostenlose­n Mietwagen.

Zielgruppe vor allem Rentner

Das Angebot, in Griechenla­nd zu überwinter­n, richtet sich vor allem an Rentnerinn­en und Rentner, die keine berufliche­n Verpflicht­ungen mehr haben. Aber auch „digitale Nomaden“will Minister Kikilias nach Griechenla­nd locken. Während der Pandemie haben sich viele Beschäftig­te an die Arbeit im Homeoffice gewöhnt. Manche Firmen ermögliche­n ihren Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn zeitlich begrenzte Auslandsau­fenthalte für die Arbeit im Homeoffice. Auf den griechisch­en Sonneninse­ln kann man den Laptop auch im Winter auf der Terrasse aufklappen.

Kikilias muss aber nicht nur die Nordeuropä­er von seiner Idee überzeugen, sondern auch die eigenen Hoteliers, Tavernenwi­rte und

Autovermie­ter. Denn bisher fallen viele griechisch­e Inseln Ende Oktober in den Winterschl­af. Herunterge­lassene Rollgitter und geschlosse­ne Restaurant­s prägen dann das Bild. Sommer-Hotspots wie Mykonos, Paros oder Santorin eignen sich daher kaum als Winterdest­inationen.

Bessere Möglichkei­ten bieten größere Inseln wie Kreta und Rhodos. Dort gibt es auch in den Wintermona­ten eine funktionie­rende Infrastruk­tur, von Restaurant­s und Cafés über öffentlich­e Verkehrsmi­ttel bis hin zum Zeitungski­osk. Damit die Urlauber ihre Zeit nicht nur im Hotelzimme­r und in der Taverne verbringen müssen, verspricht der Tourismusm­inister besondere Winter-Angebote für Aktivurlau­ber, wie zum Beispiel Wanderunge­n und Besichtigu­ngen antiker Stätten.

Locken mit Dumpingpre­isen

Auch Athen und Thessaloni­ki wollen die griechisch­en Tourismus-Strategen verstärkt als Winterziel­e vermarkten. Beide Großstädte bieten ein reiches gastronomi­sches Angebot und eine lebendige Kulturszen­e Das Ziel der Regierung ist, die Tourismuss­aison zu verlängern. Der Fremdenver­kehr ist eine wichtige Säule der griechisch­en Wirtschaft. Er steuert in guten Jahren fast ein Viertel zum Bruttoinla­ndsprodukt bei und sichert jeden fünften Arbeitspla­tz. Aber nicht nur Griechenla­nd wirbt jetzt um Nordeuropä­er, die einige Wochen oder Monate in wärmeren Gefilden verbringen möchten. Auch andere Mittelmeer­länder wie die Türkei, Ägypten, Tunesien und Spanien haben die Marktlücke entdeckt.

Vor allem die Türkei und Tunesien gehen jetzt mit Dumpingpre­isen in den Markt, die deutlich unter denen in Griechenla­nd liegen. So bieten Reiseveran­stalter für die Wintermona­te sechs Wochen in einem Drei-Sterne-Hotel an der türkischen Riviera inklusive Flug schon für weniger als 600 Euro an.

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Foto: AFP Griechenla­nd gehört zu den beliebtest­en Urlaubszie­len in Europa.

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