„Zentrum der Kreation“
Claude Mangen stellt seine neue Spielzeit vor, spricht über Inklusion und verweist auf das Angebot regionaler Kulturhäuser.
Kultur für jeden zugänglich machen, das ist ganz eindeutig das Ziel von Claude Mangen, der nicht nur Präsident der Luxemburger „Theater Federatioun“ist, sondern seit 2019 ebenfalls das Kulturhaus in Mersch leitet. Demnach steht die neue Spielzeit im Kulturhaus im Zentrum des Landes unter dem Zeichen der Inklusion.
„Dieser thematische Schwerpunkt hat sogar eine Vorgeschichte, denn meiner Vorgängerin, Karin Kremer, lagen Inklusionsprojekte bereits am Herzen. Durch die Pandemie sind diese Themen jedoch etwas auf der Strecke geblieben. Das lag daran, dass die Künstlerinnen und Künstler mit körperlicher Einschränkung aufgrund ihrer erhöhter Vulnerabilität nicht proben konnten“, erklärt Claude Mangen.
„Also wollten wir einen Neuanfang wagen. Aus dieser Überlegung heraus haben wir ein Netzwerk entwickelt, an dem Häuser und Institutionen, die sich ebenfalls mit inklusiven Projekten auseinandersetzen, beteiligt sind. Wie etwa die Kulturfabrik, die Coopérations Wiltz oder das Große Theater der Stadt-Luxemburg. Das sind unsere kulturellen Partner. Unter den sozialen Partnern befinden sich beispielsweise die Fondation Kräizbierg und Info-Handicap.“
Dieses Netzwerk ist allerdings nicht von heute auf morgen entstanden, sondern wurde bereits im April 2021 debattiert. Dabei umfasst der Schwerpunkt der Inklusion gleich mehrere Ebenen: Sowohl wenn es um das Kreieren von Projekten geht als auch beim Empfang
von Produktionen. Überdies stehen hier auch professionelle Künstlerinnen und Künstler mit Behinderung oder körperlicher Einschränkung auf der Bühne.
Eigene inklusive Projekte
„Wir beginnen in dieser Saison bereits eigene inklusive Kreationen zu entwickeln, die wir dann aber erst in der nächsten Saison, also im Jahr 2023/24 an die Öffentlichkeit bringen werden“, erläutert der Intendant des Merscher Kulturhauses. Demnach wird es unter anderem Workshops geben, wie das „Tanz-Labor“, aus denen heraus dann Weiteres entstehen soll.
„Wenn wir von Inklusion sprechen und auf unserer Bühne inklusive Produktionen zeigen, ist es als Haus ebenfalls unsere Aufgabe, ein bestimmtes Publikum anzusprechen und zu integrieren. Ein Publikum, das üblicherweise vermutlich nicht kommen würde“, so Claude Mangen. „Deswegen haben wir unser Programm vollkommen innoviert und alle inklusiven Projekte in unserer Broschüre in Leichte Sprache umgewandelt.“Damit sind diese Produktionen wirklich für alle verständlich – auch für diejenigen, die vielleicht nicht ganz so sprachgewandt sind.
Unter dem Begriff „Leicht zu lesen“findet man diese Erklärungen im Programmheft der kommenden Spielzeit. Mit dieser Initiative ist das Kulturhaus in Mersch ein Vorreiter in Luxemburg. Immerhin entdeckt man so etwas eher selten in den Broschüren der Kulturund Theaterhäuser. „Zusätzlich dazu, ist unsere Programmbroschüre auch mit Piktogrammen ausgestattet, damit man wirklich alles auf einen Blick entdecken kann.“
Ähnlich wie das Echternacher Trifolion auf das Thema der Migration setzt und die Menschen dazu aufklären möchte, hat sich auch Claude Mangen vorgenommen, die Besucherinnen und Besucher des Merscher Kulturhauses in Bezug auf das Thema Inklusion zu sensibilisieren, indem er in der kommenden Saison Konferenzen organisiert. In Zusammenarbeit mit dem forum findet am 25. April etwa eine Diskussionsrunde zu dem Thema „Kultur & Inklusion“statt.
Neben dem Themenschwerpunkt Inklusion und dem Kinderprogramm „CAKU“– in Zusammenarbeit mit dem Ettelbrücker CAPE -, ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der kommenden Saison das Jugendtheater. Hier werden Stücke aufgeführt, die sich mit dem Schwerpunkt Inklusion decken, aber auch andere Themen streifen, wie es etwa bei „King Tel Mo Rei“der Fall ist. Inszeniert wird das Stück, das sich mit Jugendschutz
Claude Mangen, Intendant und Regisseur.
und Jugendkriminalität auseinandersetzt, von Claude Mangen selbst.
„Irreparabel“ist hingegen eine Produktion des Deutschen Nationaltheater Weimar und dem Theater Erfurt, das sich mit Inklusion und Behinderung befasst. Hierbei handelt es sich um eine Comingof-Age-Geschichte, in der ein querschnittsgelähmter Junge und einer mit Multiple-Sklerose eine innige Freundschaft aufbauen, bis der eine sich verliebt ...
Das ONJ erneut in Residenz
Als Highlight der neuen Spielzeit im Merscher Kulturhaus kristallisiert sich definitiv Marion Rothhaars „Körper am Ende der Welt“heraus. Die Koproduktion – unter anderem mit Maskénada – erzählt von den Erfahrungen, die Marion Rothhaar selbst als professionelle Turnerin machen musste. Dabei thematisiert die Performance ebenfalls die problematische Situation, in der sich viele junge Sportlerinnen befinden, da sie einem enormen Druck ausgesetzt sind. Bedauerlicherweise wird das Stück nur ein einziges Mal für das breite Publikum in Mersch aufgeführt.
Um dem englischsprachigen Publikum weiterhin entgegenzukommen, kommt nach Larisa Fabers „Papercut“im kommenden Jahr ein Stück von Rafael David Kohn („Penitence“) auf die Bühne.
Auch das nationale Jugendorchester, das ONJ, residiert weiterhin im Merscher Kulturhaus. Anders als zuvor, gibt dieses in der Saison 2022/23 nicht nur Konzerte, sondern organisiert ebenfalls fünf Montagabende in der Bar des Kulturhauses, an denen klassische Musik und die Organisation eines klassischen Orchesters vorgestellt wird.
„Was mir sehr am Herzen liegt, ist, dass wir unseren Barbereich etwas mehr nutzen und wertschätzen“, so Claude Mangen. Deswegen finden sowohl die ONJ-Abende als auch das Kabarett „Uerdnung muss sinn“dort statt.
Das Kulturhaus in Mersch habe sich, wie Claude Mangen betont, in den letzten Jahren zunehmend zu einem „Zentrum der Kreation“entwickelt. Daher habe er, zusammen mit seinen Mitarbeitern, ein sogenanntes Strategiepapier ins Leben gerufen, das sie beim Kulturministerium eingereicht haben und damit auf weitere finanzielle Unterstützung hoffen.
Wir bieten kein regionales Angebot an, sondern ein nationales. Claude Mangen
„Wir bieten kein regionales Angebot an, sondern ein nationales“, versichert der Intendant und verweist damit auf die starke Zusammenarbeit der einzelnen regionalen Kulturhäuser. „Man kann sogar so weit gehen und behaupten, dass unser gemeinsames Angebot über das der städtischen Theater hinausgeht.“
Damit starten Claude Mangen und sein Team dann auch voller Zuversicht in die neue Saison, deren Programm am Mittwoch, dem 28. September, um 19 Uhr offiziell vorgestellt wird.
www.kulturhaus.lu