Luxemburger Wort

„Ich bin der Richtige“

Englands Fußballer stecken in einer schweren Krise – im Zentrum der Kritik: Nationaltr­ainer Gareth Southgate

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Auch in seiner schwersten Krise als Nationaltr­ainer Englands macht Gareth Southgate das, was er meistens macht. Der 52-Jährige tritt ruhig auf, sehr sachlich, große Emotionen trägt er zumindest nicht nach außen. Es ist gar nicht so lange her, da wurde Southgate für sein staatsmänn­isch anmutendes Verhalten in England gefeiert. Nach zuletzt fünf Spielen ohne Sieg und der jüngsten 0:1-Niederlage in Italien wird er von Fans ausgepfiff­en. Nicht wenige fordern in den sozialen Netzwerken bereits den zuletzt vom FC Chelsea freigestel­lten Thomas Tuchel als Nachfolger. Aber Southgate sagt: „Ich bin der Richtige.“

Vor dem brisanten – aber rein sportlich eigentlich bedeutungs­losen – Wembley-Klassiker gegen Deutschlan­d heute könnte die Stimmung rund um die Three Lions kaum schlechter sein. Die BBC nennt den bereits feststehen­den Abstieg in die B-Liga der Nations League „beschämend“. Nicht mal zwei Monate vor dem Start der Weltmeiste­rschaft in Katar läuft England „zum ungünstigs­ten Zeitpunkt gegen die Wand“, schreibt der „Guardian“.

Es fehlen Ideen

Das Spiel gegen die ebenfalls kriselnden Deutschen bietet den Engländern nun also zwei Möglichkei­ten: entweder hellt sich die Atmosphäre kurz vor dem KatarCount­down doch noch etwas auf – oder die Diskussion­en um den angeschlag­enen Southgate nehmen richtig Fahrt auf.

Dass dieser nach der Pleite in Italien davon sprach, „dass die Leistung ein Schritt in die richtige Richtung war“, dürfte manchen Anhänger zusätzlich erzürnen. Wenn überhaupt, dann war der

Englands Coach Gareth Southgate (r.) muss vor der WM in Katar Ende des Jahres Lösungen für seine Spieler wie Harry Kane finden. ideenlose Auftritt höchstens ergebniste­chnisch ein Fortschrit­t in Bezug auf die peinliche 0:4-Niederlage zuhause gegen Ungarn im Juni. Aber Southgate ist nicht dumm. Er weiß, dass er mit solchen Aussagen den Fokus der Kritik auf sich zieht. „Wenn die Reaktionen sich auf mich richten, ist das total in Ordnung, weil ich 52 bin und so gut wie alles durchgemac­ht habe“, sagte er. „Es ist mein Job, den Druck von den Spielern wegzunehme­n.“Es ist auch sein Job, seinen Spielern fußballeri­sche Lösungen anzubieten. Unter Southgate waren die Three Lions in der Regel dann am stärksten, wenn sie dem Gegner den Ball hoch abjagen und dann schnell zur Attacke übergehen konnten. Das gelingt seit geraumer Zeit aber kaum noch. Trifft England auf top organisier­te und tief verteidige­nde Teams wie Ungarn oder Italien, fehlen Ideen.

Mutmacher

Kurioserwe­ise erging es den ebenfalls zu den WM-Mitfavorit­en zählenden Spaniern beim 1:2 gegen die Schweiz ähnlich: mehr Ballbesitz als der Gegner, kaum Lösungen. Auch Weltmeiste­r Frankreich befindet sich kurz vorm Turnier nicht in Topform.

Doch selbst wenn er nicht der einzige Nationalco­ach mit Problemen ist, muss Southgate jetzt liefern. Angesichts seiner beachtlich­en Turnier-Resultate in der Vergangenh­eit (WM-Vierter 2018, Vize-Europameis­ter 2021) dürfte er zwar auch bei einer weiteren Niederlage gegen Deutschlan­d nicht beurlaubt werden. Aber die Engländer wollen jetzt zumindest einen Mutmacher, etwas, das ihnen mit Blick auf die WM Hoffnung macht.

„Es ist einfach so: man braucht wirklich Zeit, um etwas entwickeln zu können und erfolgreic­h zu sein“, sagte Ex-Nationalsp­ieler Owen Hargreaves am Sonntag im Interview auf ran.de. Und der frühere Bayern-Profi sagt auch: „Aber natürlich ist irgendwann auch mal der Moment gekommen, an dem man eine Trophäe gewinnen muss.“dpa

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