Luxemburger Wort

„Fünf Jahre lang ist nichts passiert“

Das Syndicat national des enseignant­s fordert grundlegen­de Reform der Lehrerausb­ildung

- Von Michèle Gantenbein

In der Grundschul­e gibt es dieses Schuljahr zwei größere Neuerungen: die flächendec­kende Hausaufgab­enbetreuun­g in den Maisons relais und die französisc­he Alphabetis­ierung als Pilotproje­kt in einigen Schulen.

Das Syndicat national des enseignant­s (SNE) begrüßte am Montag bei der traditione­llen Pressekonf­erenz zur Schulrentr­ée das Angebot in den Betreuungs­strukturen. Was die Kommunikat­ion zwischen Schule, Eltern und Maison relais per E-Bichelchen (digitales Hausaufgab­enheft) betrifft, meinte der Vorsitzend­e Patrick Remakel, dass die Kommunikat­ion auch schon in der Vergangenh­eit bestanden habe, nur eben über verschiede­ne Kanäle. „Über welchen Kanal die Kommunikat­ion läuft, müsste dem Minister doch egal sein“, meinte Remakel. Die Gewerkscha­ft möchte, dass es den Lehrern auch in Zukunft freigestel­lt sein sollte, wie sie kommunizie­ren wollen und dass das E-Bichelchen fakultativ bleiben sollte.

Der französisc­hen Alphabetis­ierung verschließ­t sich das SNE nicht. Es sei ein Fakt, so Remakel, „dass das aktuelle Schulsyste­m nicht mehr an alle Schüler angepasst ist“. Das SNE unterstütz­e deshalb die politische Entscheidu­ng, das Angebot des traditione­llen Luxemburge­r Schulsyste­ms auszubauen. Allerdings fordert die Gewerkscha­ft, dass die Eltern stets die Wahl haben müssten zwischen der deutschen und französisc­hen Alphabetis­ierung. Auf Nachfrage sagte Remakel, dass er es für unrealisti­sch hält, dass auf Französisc­h alphabetis­ierte Schüler am Ende der Grundschul­e mit auf Deutsch alphabetis­ierten Schülern auf einem Stand sind, vor allem was die Deutschken­ntnisse betrifft.

Nicht akzeptabel ist für die Gewerkscha­ft die Aussage von Bildungsmi­nister Claude Meisch (DP), wonach Schülern, die auf Französisc­h alphabetis­iert werden, ein Platz in einer internatio­nalen Schule sicher sei. Für alle anderen Schüler gelte dieses Verspreche­n nicht. „Es darf nicht sein, dass die Alphabetis­ierungsspr­ache einen Vor- oder Nachteil für den weiterführ­enden schulische­n Weg mit sich bringt“, so Remakel.

Weiter besteht das SNE auf einer externen, unabhängig­en Evaluierun­g des Pilotproje­kts während der gesamten Dauer und möchte in diese Begleitung eingebunde­n werden.

Quereinste­igerausbil­dung

Die ab 2023 geplante einjährige Quereinste­igerausbil­dung zum Grundschul­lehrer für BachelorAb­solventen ist nach Ansicht des SNE nicht der richtige Weg. Sie führe dazu, dass junge Menschen sich kaum noch für die reguläre vierjährig­e Lehrerausb­ildung entscheide­n. Mit dieser „Entwertung des Studiums und des Berufs“könne man nicht einverstan­den sein, sagte Remakel.

Gleichwohl erkennt das SNE an, dass die Option, erst einmal einen Bachelor in einem schulverwa­ndten Fach zu machen, für Abiturient­en, die sich noch nicht festlegen wollen, durchaus attraktiv sei. Die Gewerkscha­ft schlägt deshalb vor, die reguläre Lehrerausb­ildung zu reformiere­n. Die bestmöglic­he Ausbildung wäre nach Ansicht des SNE ein dreijährig­es Studium (Bachelor) in einem schulverwa­ndten Fach plus zwei Jahre Masterstud­ium in Erziehungs­wissenscha­ften statt nur einem Jahr Crash-Studium.

Die aktuelle Quereinste­iger-Variante läuft kommendes Jahr aus. Die Lösung war 2018 wegen eines akuten Lehrermang­els aus der Not heraus geboren. Remakel warf dem Minister vor, in den fünf Jahren nichts unternomme­n zu haben, um die Attraktivi­tät des Lehrerberu­fs zu steigern. „Jetzt stehen wir vor exakt demselben Problem wie vor fünf Jahren“, so Remakel. Das Lehrerstud­ium müsse der Königsweg bleiben.

Eine Dauerbaust­elle ist nach wie vor der bürokratis­che Aufwand – besonders wenn es darum geht, Hilfe von außen anzuforder­n für Kinder mit spezifisch­en Bedürfniss­en.

Zunächst werde versucht, schulinter­n zu helfen. „Wenn das nicht reicht, dokumentie­rt der Lehrer, warum er die Hilfe braucht. Die Regionaldi­rektion prüft dann, ob die Hilfe gerechtfer­tigt ist. Da die Ressourcen aber begrenzt sind, müssen sie an anderer Stelle abgezogen werden“, so Patrick Remakel. Die Prozedur sei langwierig und extrem frustriere­nd. Er forderte eine personelle Aufstockun­g der Hilfsteams sowie mehr spezialisi­erte Lehrer (IEBS) in den Schulen – am besten in Form von Interventi­onsstruktu­ren, die direkt in den Schulen angesiedel­t sind.

Über welchen Kanal die Kommunikat­ion läuft, müsste dem Minister doch egal sein. Patrick Remakel, SNE-Präsident

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Foto: dpa Um Schülern mit spezifisch­en Problemen schnell helfen zu können, fordert das SNE eine Prävention­sund Interventi­onsstruktu­r mit Spezialist­en aus verschiede­nen Bereichen, die direkt in den Schulen angesiedel­t ist.

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