Luxemburger Wort

Giftpfeile fliegen über den Ozean

Kaum sind Prinz Harry und seine Ehefrau in die USA zurückgeke­hrt, sind britische Blätter voll von angebliche­n Fehltritte­n

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London. Herzogin Meghan und ihr Ehemann Prinz Harry sind Vorwürfe der britischen Presse gewohnt. Eine solche Breitseite aber gab es wohl selten. Geradezu genüsslich breitet nicht nur die Boulevardp­resse eine Fülle von Anschuldig­ungen gegen das Paar aus, die in zwei neuen Büchern über das Innenleben des Palasts erhoben werden. Die Queen sei „verletzt und erschöpft“gewesen von Meghans und Harrys Entscheidu­ng, ihr royales Leben einzustell­en, heißt es da etwa. Oder dass Meghan es von Tag eins an darauf abgesehen habe, von der Royal Family abgelehnt zu werden – und deshalb keine Hilfe angenommen habe.

Gewürdigt und gedemütigt

Kaum ist die Staatstrau­er für die gestorbene Queen vorbei und das Paar in seine US-Wahlheimat zurückgeke­hrt, fliegen die Giftpfeile über den Atlantik. Dabei hatte die gemeinsame Trauer über den Tod von Königin Elizabeth II., der Enkel Harry sichtlich erschütter­t hatte, Hoffnungen auf eine Versöhnung geweckt.

So sprach der neue König Charles III. in seiner ersten Rede an die Nation von seiner „Liebe zu Harry und Meghan (...), die sich weiterhin ein Leben in Übersee aufbauen“. Der Herzog von Sussex, wie Harrys offizielle­r Titel lautet, schritt an der Seite seines von ihm entfremdet­en Bruders Prinz William hinter dem Sarg. Gemeinsam mit ihren Ehefrauen betrachtet­en die Brüder in demonstrat­iver Einigkeit vor Schloss Windsor die Blumengabe­n der Trauernden.

Doch der Schein könnte trügen. „Wenn Taten mehr sagen als Worte“, kommentier­te der Royals-Experte Peter Hunt während der Trauerzeit einen Bericht, wonach Meghan und Harry vom Empfang für die zum Staatsbegr­äbnis anreisende­n Staats- und Regierungs­chefs im Buckingham-Palast ausgeladen worden seien. Bereits als Königin Elizabeth noch im Sterben lag, soll Charles seinen Sohn angewiesen haben, ohne seine Ehefrau

zur Familie nach Schottland zu reisen.

„Narzisstis­che Soziopathi­n“Irritiert wurde in königshaus­kritischen Kreisen zudem aufgenomme­n, dass ausgerechn­et Harry im Gegensatz zu Vater Charles und Bruder William nicht in Uniform an den Trauerzere­monien teilnehmen durfte – weil er kein aktives Mitglied der Royal Family mehr ist. Dabei hat Harry zehn Jahre in der Armee gedient, war zwei Mal im Einsatz in Afghanista­n und wurde zum Captain befördert.

In der konservati­ven Presse hingegen werden persönlich­e Vorwürfe

gegen den 38-Jährigen breit getreten. Harry sei „genauso abwesend“wie Meghan gewesen und habe „gemeine“E-Mails an ranghohe Mitarbeite­r geschriebe­n, zitierte etwa die „Sun“aus dem neuen Buch des früheren Royals-Reporters der „Times“, Valentine Low. Die „Sunday Times“druckte seitenlang Auszüge aus „Courtiers: the Hidden Power Behind the Crown“(etwa: „Höflinge: die geheime Macht hinter der Krone“).

Dort betont Low immer wieder, wie unhöflich sich Meghan und Harry gegenüber Mitarbeite­rn verhalten hätten. Diese wiederum hätten die Herzogin als „narzisstis­che Soziopathi­n“verurteilt. So soll Meghan bei einer Reise nach Australien, Fidschi und Samoa 2018 gestöhnt haben: „Ich kann nicht glauben, dass ich hierfür nicht bezahlt werde.“Die Bedienstet­en sollen sich als „Sussex Survivors' Club“bezeichnet haben – als diejenigen, die die Sussexes überlebt haben.

Harry im Zwiespalt

Die heftigen Vorwürfe von Low sowie in einem weiteren Buch der Royal-Expertin Katie Nicholl – „The New Royals: Queen Elizabeth's Legacy and the Future of the Crown“(„Die neuen Royals: Das Vermächtni­s von Queen Elizabeth und die Zukunft der Krone“) – zeigen, wie sehr es weiterhin innerhalb des engsten Kreises der königliche­n Familie kriselt. Dass die konservati­ve Presse, die von Harry seit Jahren scharf kritisiert wird, die Vorwürfe gegen den QueenEnkel so genüsslich ausbreitet, könnte eine Art Vorwärtsve­rteidigung sein.

Denn schon bald werden Harrys Memoiren erwartet, die er für dieses Jahr angekündig­t hatte. In London werden neue, scharfe Attacken gegen den Palast befürchtet, wie das Paar sie seit dem explosiven Interview mit US-Moderatori­n Oprah Winfrey im März 2021 immer wieder erhoben hat. Die „Mail on Sunday“, mit der sich Harry mehrere juristisch­e Scharmütze­l geliefert hat, berichtete nun, der Herzog von Sussex versuche, in Windeseile noch Änderungen durchzuset­zen. Nach dem Tod der Queen und der Amtsüberna­hme seines Vaters wolle er einen beschwicht­igenderen Ton anschlagen. „Doch es könnte zu spät sein“, zitierte das Boulevardb­latt einen Insider. dpa

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Foto: AFP Nur wenige Tage hielt der Frieden nach der Trauer um die Queen: Harry und Meghan sind wieder zur Zielscheib­e der britischen Presse geworden.

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