Luxemburger Wort

Von allen Seiten abgesegnet

Die Sozialpart­ner haben dem Tripartite-Abkommen grünes Licht erteilt – Unterzeich­nung findet heute statt

- Von Simone Molitor

Drei intensive Tripartite-Tage waren nötig, um ein Maßnahmenp­aket zu schnüren, mit dem sich sowohl Regierung als auch Gewerkscha­ften und Patronat – mehr oder weniger – zufrieden zeigten. Nachdem die UEL als Dachverban­d der luxemburgi­schen Arbeitgebe­rschaft bereits angekündig­t hatte, die Beschlüsse mitzutrage­n, haben nun auch OGBL, LCGB und CGFP die Zustimmung ihrer Gremien eingeholt, sodass das Abkommen am Mittwoch unterzeich­net werden kann.

Dann wird auch Premier Xavier Bettel (DP) eine Erklärung in der Chamber abgeben und anschließe­nd den Parteien das Rednerpult überlassen. Ab Oktober werden die ersten Maßnahmen greifen, die die Inflation drücken und die Bürger sowie Betriebe entlasten sollen.

„Angriffe auf wichtige soziale Errungensc­haften abgewehrt“Als erste Gewerkscha­ft hatte am Montag der LCGB grünes Licht gegeben. „Für den LCGB stellen die beschlosse­nen Maßnahmen ein ehrgeizige­s und ausgewogen­es Paket dar, das der aktuellen Krisensitu­ation und der Unvorherse­hbarkeit der sozioökono­mischen Entwicklun­g in den kommenden Monaten angemessen ist“, hieß es in einer Mitteilung. Die automatisc­he Lohnindexi­erung der Arbeitnehm­er und Rentner sei nicht infrage gestellt, hielt die Gewerkscha­ft ebenfalls fest.

Der integrale Erhalt des Indexmecha­nismus wurde auch von der CGFP begrüßt, deren Nationalvo­rstand das Abkommen gestern einstimmig absegnete. Es sei den Gewerkscha­ften gelungen, zahlreiche Angriffe auf wichtige soziale Errungensc­haften abzuwehren, hieß es in einem Kommuniqué.

„Die beschlosse­ne Deckelung der Gaspreise und das Einfrieren der Strompreis­e sind in diesen schwierige­n Zeiten eine wertvolle Stütze für zahlreiche Menschen“, hob die Staatsbeam­tengewerks­chaft hervor.

Den Vorwurf, die bis Ende 2023 geltende Energiepre­isbremse schaffe keinen Anreiz zum Sparen, wollte die CGFP derweil so nicht stehen lassen. Trotz der staatliche­n Einwirkung auf die Preise würden sich die Vorauszahl­ungen weiterhin auf einem sehr hohen Niveau bewegen, weshalb ein Großteil der Haushalte darauf bedacht sei, ihren Energiever­brauch zu senken.

„Wir konnten die Lohnattack­en vom Patronat abwehren“, hob unterdesse­n OGBL-Präsidenti­n Nora Back hervor, deren Gewerkscha­ft als einzige gestern eine

Pressekonf­erenz einberufen hatte, um mitzuteile­n, dass die Vereinbaru­ng ohne Diskussion (bei einer Enthaltung) vom Nationalko­mitee angenommen wurde.

„Wir hatten nichts anderes erwartet, da unseren Hauptforde­rungen anders als noch im März Rechnung getragen wurde. Das Indexsyste­m wird wieder normal funktionie­ren, die Energiepre­ise werden gedeckelt, genau wie die Preise in Pflegeheim­en, und die Mehrwertst­euer sinkt. Wir fühlen uns in unserer Position bestätigt“, fasste sie zusammen.

Forderung nach mehr Steuergere­chtigkeit bleibt

Dennoch hätte es sich um „zähe Verhandlun­gen“gehandelt, da die Arbeitgebe­rseite teils komplett gegenteili­ge Positionen hatte, so Nora Back. Trotzdem sei ein Kompromiss gefunden worden, wenngleich eine große Forderung des OGBL nicht erfüllt wurde: die Anpassung der Steuertabe­lle an die Inflation. Von dieser langjährig­en

Forderung nimmt auch die CGFP keinen Abstand. Immerhin sei die geplante Steuerrefo­rm Bestandtei­l des jetzigen Koalitions­programms, rief die Staatsbeam­tengewerks­chaft in Erinnerung. „Wir lassen nicht locker“, versprach ihrerseits auch Nora Back. Der OGBL habe bereits eine Kampagne um die Steuerrefo­rm geplant.

Von vielen Seiten beanstande­t wurde unterdesse­n in den letzten Tagen die fehlende soziale Selektivit­ät der Maßnahmen. Sowohl für die CGFP als auch für den OGBL müsse diese eben über eine gerechte Steuerpoli­tik bewerkstel­ligt werden. „Die finanziell­e Bedrängnis, in die jetzt immer mehr Haushalte geraten sind, hat ein schnelles Handeln erfordert. Eine sozial gestaffelt­e Steuerrefo­rm auszuarbei­ten, hätte jedoch weitaus mehr Zeit beanspruch­t und war deshalb für diese Tripartite ungeeignet“, gab die CGFP zu bedenken.

Ähnlich formuliert­e es Nora Back: „Eine schnelle Lösung in dieser Krisensitu­ation war das Ziel. Hätten wir jetzt noch darüber diskutiere­n müssen, ab welchem Einkommen man welche Hilfe erhält, wäre es zu Streiterei­en gekommen und die Verhandlun­gen hätten sich in die Länge gezogen“, meinte sie. Das Einwirken auf die Energiepre­ise sei für einkommens­schwache Haushalte jedoch eine „riesige Hilfe“, darauf komme es letztlich an.

Am Montag hatte derweil Finanzmini­sterin Yuriko Backes (DP) den Mitglieder­n der parlamenta­rischen Ausschüsse für Finanzen und Budgetkont­rolle einen Überblick über die Staatsfina­nzen gegeben. Auch wenn sich die Ministerin nicht explizit zu den Auswirkung­en auf den Staatshaus­halt äußerte, lassen die vorgelegte­n Zahlen – fast eine Milliarde Euro Überschuss im Staatshaus­halt – darauf schließen, dass es finanziell­en Spielraum für die während der Tripartite beschlosse­nen Maßnahmen gibt.

Wir konnten die Lohnattack­en vom Patronat abwehren. Nora Back, OGBL-Präsidenti­n

 ?? Foto: Guy Jallay ?? Anders als im Frühling wurde das neue Tripartite-Abkommen ohne Diskussion­en auch vom OGBL um Präsidenti­n Nora Back angenommen.
Foto: Guy Jallay Anders als im Frühling wurde das neue Tripartite-Abkommen ohne Diskussion­en auch vom OGBL um Präsidenti­n Nora Back angenommen.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg