Luxemburger Wort

Hotels in Bedrängnis

- Von Volker Bingenheim­er

Es ist noch nicht lange her, da flatterten Einwohnern und Grenzgänge­rn 50-Euro-Gutscheine für Übernachtu­ngen in Luxemburg in den Briefkaste­n. Mit den 750 000 Bons wollte der Tourismusm­inister im Frühsommer 2020 den Hotels, Jugendherb­ergen und Campingplä­tzen in der Coronakris­e unter die Arme greifen. Während das Tourismusg­ewerbe die Pandemie mit einem blauen Auge überstande­n hat, geht es jetzt an die Substanz. Wer hätte damals gedacht, dass nach dem Sturm gleich ein Orkan aufkommen würde? Die jetzige Krise mit hoher Teuerung und steil ansteigend­en Energiepre­isen wird viele Hotels in den Abgrund reißen.

Richtig schlecht wird es den Hoteliers, wenn sie die Briefe der Energiever­sorger öffnen. Die Betriebe sind Großverbra­ucher bei Heizöl und Erdgas. Viele von ihnen haben vor einigen Jahren in Sauna- und Wellnessla­ndschaften investiert, die sich jetzt als teure Energiefre­sser entpuppen. Zudem sind die zwei Indextranc­hen, die im kommenden Jahr auf die Arbeitgebe­r zukommen, in dieser personalin­tensiven Branche kaum zu verkraften.

Die schiere Angst geht um bei Familienbe­trieben, deren Häuser eben nicht in der Nähe des Flughafens oder moderner Bürovierte­l stehen, sondern auf dem Land. Unter vorgehalte­ner Hand gestehen manche Hoteliers, die ihren Betrieb in zweiter oder dritter Generation führen, sie würden sich jeden Tag Gedanken um ein Ausstiegss­zenario machen und eine alternativ­e Nutzung ihrer Immobilie in Betracht ziehen. Die nahe liegende Lösung, in den Hotels dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, etwa für Senioren oder Neuankömml­inge auf dem Luxemburge­r Arbeitsmar­kt, scheitert vielfach an der Einklassie­rung des Grundstück­s als „Zone hôtelière“. Vielen älteren Hotels bleibt nur noch das Schicksal, als Unterkunft für Flüchtling­e zu dienen.

Das mag dem Eigentümer zwar verlässlic­he Einnahmen bescheren, es gehen dadurch aber Wertschöpf­ung und Arbeitsplä­tze im ländlichen Raum verloren – und Übernachtu­ngskapazit­äten im selbst ernannten Urlaubslan­d Luxemburg.

Noch tiefer sitzt ein weiteres Problem: Nur wenige Arbeitskrä­fte sind heute noch bereit, einen zeitlich und körperlich herausford­ernden Job in Hotellerie und Gastronomi­e anzutreten. Hoteliers klagen darüber, dass sie trotz fairer Bezahlung kaum Bewerber für freie Stellen finden. Viele Beschäftig­te, so sagen sie, würden einen vermeintli­ch leichteren Arbeitspla­tz im Büro vorziehen oder zu attraktive­ren Arbeitgebe­rn wie Staat oder Gemeinden wechseln.

Nun ist die Berufswahl jedem selbst überlassen und es mag handfeste Gründe geben, seinen Arbeitsall­tag an einem Schreibtis­ch und mit geregelten Arbeitszei­ten zu verbringen. Dennoch haben die vielen Wirte, Kellnerinn­en, Rezeptioni­sten, Köche und Hotelanges­tellten Respekt und Anerkennun­g verdient, wenn sie vom frühen Morgen bis in die Nacht die Gäste bedienen. Und jeder sollte froh sein, wenn es in seiner Gemeinde noch ein Hotel gibt – spätestens dann, wenn Besuch aus dem Ausland kommt und fragt: Wo kann man bei euch in der Nähe übernachte­n?

Die jetzige Krise wird viele traditione­lle Hotelbetri­ebe in den Abgrund reißen.

Kontakt: volker.bingenheim­er@wort.lu

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