Luxemburger Wort

Steine für Feinschmec­ker

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Neulich, und Sie werden es kaum glauben oder mich gar für verrückt halten, bin ich in den einmaligen Genuss von Kieselgur aus den USA gekommen. Genau, Sie haben richtig gelesen, ich habe (gemahlene) Steine gegessen. Dabei ist das sogenannte Erdessen angeblich gar nicht mal so abwegig. Trotzdem fragen Sie sich nun vermutlich, wie um Himmelswil­len ich denn auf die Idee gekommen bin, Erdproben aus Amerika zu kosten. Sagen wir mal so: Mich überkam eben die plötzliche Lust auf Steine. Okay, ganz so banal ist die Story dann doch nicht und vor allem wäre diese Aussage eher eine kleine Flunkerei. Nur um klar zustellen: Normalerwe­ise esse ich keine Steine!

Normalerwe­ise esse ich keine Steine!

Aber das hier war eine Ausnahme. Immerhin fand die Steinund Erdverkost­ung im Rahmen der „In Transfer“-Ausstellun­g in der Möllerei in Esch/Belval statt, die, ganz nebenbei erwähnt, immer noch läuft. Hier durfte ich, wie eigentlich jeder Besucher, wenn man sich denn an die schwere Kost herantraut, Steinund Erdproben aus unterschie­dlichen Ländern der Welt probieren. Das ist nämlich Teil des dort gezeigten Projekts „The Museum of Edible Earth“. Lustigerwe­ise konnte man nach der Verkostung den Geschmack der Steine, die übrigens nicht alle gemahlen waren, auf einer Tafel einordnen. Von süß bis sauer war hier alles dabei. Wonach der Kieselgur, den ich probiert habe, geschmeckt hat? Nun ja, auf jeden Fall nicht nach Lakritze. Vielmehr hinterließ die grauweiße Substanz ein staubiges und sandiges Empfinden in meinem Mund, sodass ich am liebsten gleich zum nächsten Wasserhahn gerannt wäre. Vielleicht bin ich aber auch einfach keine Feinschmec­kerin. Zumindest wurde mir von den ganzen Stein- und Erdproben nicht übel, sonst hätte das Sprichwort „Das liegt mir wie ein Stein im Magen“noch einmal eine vollkommen andere Bedeutung erhalten. Nora

se Delestinne, die Chefin des Teams, das sich um die Transplant­ations-Patienten kümmerte, den Satz: ‚J’ai un coeur pour toi‘ sagte, hat sich für immer in mein Hirn gebrannt“, berichtet Hoffmann

vom Tag, an dem ihm eine neue Chance aufs Leben geschenkt wurde. „In dem Moment weißt du: Entweder es klappt, oder es klappt nicht.“

2007 durfte der Helikopter nachts noch nicht fliegen, also musste er mit dem Krankenwag­en nach Brüssel gefahren werden. „Die damalige Protex hat mich mitsamt Motorrad-Eskorte an die Grenze gefahren. Dort haben die belgischen Kollegen übernommen.“Eine Fahrt, die noch nervenaufr­eibender werden sollte, wie der heutige Eventmanag­er und DJ erzählt. „Ich wurde mit einem alten Wagen transporti­ert, der maximal 100 km/h fahren konnte. Jede Stunde kam ein Anruf, wo ich bleibe, die OP müsse schnell stattfinde­n“, schildert er die Stunden vor seiner Operation. Begleitet wurde er von seinem Bruder, seine Eltern kamen mit dem Auto hinterher.

„Ab da weiß ich nichts mehr, außer, dass ich unbeschrei­blich nervös war“, fühlt der zweifache

Vater sich wieder in die Situation hinein. Er erinnere sich lediglich daran, dass sein Bruder, kurz bevor er in den OP-Saal gebracht wurde, ohnmächtig wurde. „Seine Brille ist beim Sturz gebrochen“, lächelt er. Es seien kleine Momente, aber für ihn hätten sie eine riesige Bedeutung.

Zum zweiten Mal alles neu gelernt

Die Transplant­ation habe er gut überstande­n. Anschließe­nd folgte wieder monatelang­e Rehabilita­tion. „Sechs oder sieben Monate lange habe ich zum zweiten Mal wieder alles neu gelernt.“Seither müsse er alle sechs Monate nach Brüssel zur Kontrolle, was jedoch pandemiebe­dingt in den vergangene­n zwei Jahren nicht möglich war. Er sei allerdings in Luxemburg weiterhin unter Beobachtun­g und mache monatliche Bluttests, mit deren Ergebnisse­n die Ärzte zufrieden sind.

Auch seine Medikament­e nimmt er täglich gewissenha­ft zu sich. „Morgens nehme ich elf Stück, am Abend fünf. Das einzig Negative ist, dass ich aufgrund des Kortisons eine Diabetes-Erkrankung entwickelt habe, durch die ich noch einmal 34 Kilogramm abgenommen habe“, beschreibt er den Einfluss der Medizin auf seinen Körper.

Doch eigentlich sei er einfach nur dankbar, dass er leben darf. „Es gibt Transplant­ations-Patienten, die auf einmal sehr vorsichtig werden und das Leben nicht mehr richtig genießen“, bedauert Hoffmann. „Ich denke mir: Wir haben ein Leben geschenkt bekommen, also sollten wir es auch genießen!“

Dankbar für die neue Chance aufs Leben

Besonders dankbar sei er seinen Eltern und seinem Bruder, aber auch den Ärzten und Pflegern, die ihn auf diesem Weg begleitet haben. „Mein Vater hat in der Zeit bestimmt 10 000 Kilometer zurückgele­gt. Manchmal sind meine Eltern nach Brüssel gefahren, nur um mir eine Suppe vorbeizubr­ingen“, erzählt er, gerührt von der Fürsorge und Unterstütz­ung seiner Familie.

Der Familie des Spenders habe er ein Jahr nach dem Eingriff einen Brief geschriebe­n, um sich zu bedanken. Dies sei aus rechtliche­n Gründen zwar anonym gewesen, doch es sei ihm ein Anliegen gewesen, Danke zu sagen. Über den Spender weiß er lediglich, dass es sich um eine damals 26-jährige Person handelte, die bei einem Motorradun­fall ums Leben gekommen war.

Seit seiner Operation lebe er nun nicht mehr für die Zukunft, sondern von Tag zu Tag. Als Nächstes möchte sich der Eventmanag­er, der zur Hälfte in Rente ist, einen Van zulegen, umbauen und die Welt bereisen. Bis es so weit ist, wird er weiter als DJ auftreten, Veranstalt­ungen organisier­en und Mountainbi­ke fahren.

Mein Herz war so groß wie ein Basketball. Steve Hoffmann

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