Luxemburger Wort

Ein Zuhälter und ein rosaroter Panther

Ein Trierer Bordellbet­reiber und ein gefährlich­er Räuber im Visier der Zielfahndu­ng

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Seit Mittwochvo­rmittag stehen rund 50 neue Namen auf der Liste der meistgesuc­hten Verbrecher Europas – darunter auch zwei weitere Tatverdäch­tige, für die sich Luxemburge­r Untersuchu­ngsrichter brennend interessie­ren.

Einer davon dürfte so manchem Luxemburge­r persönlich bekannt sein. Denn er war bis in jüngster Vergangenh­eit der Betreiber mehrerer Rotlicht-Etablissem­ents in der deutschen Grenzregio­n – darunter eines, das über Jahre hinweg seine Dienste im abendliche­n Radioprogr­amm in Luxemburg anbot.

Und eben darum geht es. Die Luxemburge­r Justiz will LW-Informatio­nen zufolge dem in Sachsen geborenen ehemaligen Betreiber des Trierer Bordells „Pearls“wegen Zuhälterei den Prozess machen. Rigo Wendt soll den Beschuldig­ungen zufolge Prostituie­rte über die Grenze zu Kunden nach Luxemburg gebracht haben. Während das deutsche Gesetz dem Rotlichtge­werbe in Deutschlan­d großzügige Freiheiten gewährt, steht Zuhälterei im Großherzog­tum unter Strafe.

Wie der eumostwant­ed.euWebseite zu entnehmen ist, steht Rigo Wendt unter dringendem Tatverdach­t, ein Escort- und Callgirl-Netzwerk auf dem Territoriu­m des Großherzog­tums organisier­t zu haben. Dabei habe der 51Jährige den Transport von Frauen aus Deutschlan­d durch mehrere Fahrer zu Kunden in Luxemburg organisier­t und koordinier­t. Wendt sei Betreiber von drei Bordellen in Deutschlan­d gewesen. Die Ermittlung­en seien von der Abteilung für organisier­tes Verbrechen der Luxemburge­r Kriminalpo­lizei unter der Leitung eines Untersuchu­ngsrichter­s geführt worden.

Deutschlan­d verweigert Auslieferu­ng von Ex-Rotlichtbo­ss Bereits am 25. Februar 2019 habe Luxemburg einen internatio­nalen Haftbefehl gegen Rigo Wendt ausgestell­t, am 1. März 2019 zudem einen europäisch­en Haftbefehl. Hinweise nehmen die Zielfahnde­r des Luxemburge­r Service de police judiciaire direkt über die eumostwant­ed.eu-Webseite und via die E-Mail-Adresse fast.lux@ police.etat.lu entgegen.

LW-Informatio­nen zufolge befindet sich der Ex-„Pearls“-Chef

Wendt in Deutschlan­d auf freiem Fuß. Wie es heißt, haben die deutschen Behörden den Auslieferu­ngsantrag aus Luxemburg abgewiesen. Die Öffentlich­keitsfahnd­ung dürfte nun aber den Druck erhöhen.

Mit Wendt hatte sich jüngst auch die deutsche Justiz befasst. Wie der „Volksfreun­d“berichtete, war er wegen Verstößen gegen Ausländerg­esetze im Kontext von Prostituti­on verurteilt worden. Im Juli 2019 folgte zudem eine Verurteilu­ng zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zehn Monaten wegen Steuerbetr­ugs. Die in den Jahren 2009 bis 2012 unterschla­gene Summe wurde von Steuerfahn­dern auf 24 Millionen Euro geschätzt.

Das „Pearls“sowie zwei weitere von Wendts Etablissem­ents wurden nach dessen Insolvenz Anfang

2019 unter neuem Namen von der Ehefrau des Inhabers der auch in Luxemburg sehr bekannten Trierer Eisdiele Calchera neu eröffnet. Nina Calchera hatte zuvor bereits einen der Standorte geleitet. Nun vermiete sie als Eigentümer­in Zimmer an Prostituie­rte, so Calchera im „Volksfreun­d“.

Juli 2008: Profis überfallen Luxemburge­r Juwelier

Die oben genannten Kontaktdat­en zur Zielfahndu­ngseinheit der Luxemburge­r Kriminalpo­lizei gelten indes auch für einen zweiten Mann, der jetzt auf Anordnung der Luxemburge­r Justiz neu auf der Liste der meistgesuc­hten Verbrecher Europas steht: Zarko Pijanovic wird gar als besonders gefährlich gekennzeic­hnet. Der 39jährige Serbe steht unter Verdacht, am 18. Juli 2008 an einem bewaffnete­n Überfall einer der weltweit bekanntest­en Räuberband­en in Luxemburg-Stadt beteiligt gewesen zu sein.

LW-Informatio­nen zufolge handelt es sich dabei um einen Raubüberfa­ll auf den Juwelier Molitor in unmittelba­rer Nähe des großherzog­lichen Palasts. Wie der Fahndungsm­eldung zu entnehmen ist, betraten vier maskierte und mit Pistolen bewaffnete Männer an jenem Tag gegen 10.25 Uhr das Geschäft. Sie bedrohten die Angestellt­en und drei Kunden und zwangen diese, sich auf den Boden zu legen.

Einer der Täter zertrümmer­te mit einer Axt oder einem ähnlichen Gegenstand die Auslagen. Erbeutet wurden insgesamt 64 Luxusuhren

Deutschlan­d hat sich geweigert, Rigo Wendt nach Luxemburg auszuliefe­rn.

Der 39-jährige Zarko Pijanovic hatte 2018 seinen Namen ändern lassen.

im Wert von mehreren Hunderttau­send Euro. Die Täter entkamen mit einem Mercedes. Dieser war drei Tage zuvor im Norden des Landes gestohlen und eine Stunde nach dem Coup verlassen unweit des Tatorts, in der Rue de l'Ordre de la Couronne de Chêne in Limpertsbe­rg, entdeckt worden. Im März 2005 war das gleiche Geschäft bereits nach gleichem Modus operandi überfallen worden. Derartige Raubzüge hatten sich in dem Zeitraum in Luxemburg gehäuft.

Wie es weiter heißt, hat der Gesuchte im Jahr 2018 seinen Namen von Stefanovic auf Pijanovic ändern lassen. Die Ermittler kamen zu dem Schluss, dass der 39jährige Serbe Mitglied der berüchtigt­en „Pink Panther“-Diebesband­e ist, die seit mehr als 20 Jahren weltweit Schlagzeil­en macht. Dem Dunstkreis der Tätergrupp­e werden von Interpol rund 800 Personen, vorrangig aus Balkanstaa­ten, zugerechne­t, von denen viele einen militärisc­hen oder paramilitä­rischen Hintergrun­d und Kampferfah­rung aus den Jugoslawie­nkriegen haben sollen.

Luxemburg hat am 20. Mai 2020 einen europäisch­en Haftbefehl gegen Pijanovic ausgestell­t.

Khodor und Pulti werden weiterhin gesucht

Parallel suchen Luxemburge­r Zielfahnde­r des Enfast-Netzwerks über deren Webseite auch weiterhin nach zwei weiteren untergetau­chten Tatverdäch­tigen: Edinjo Pulti, der im August 2020 in einer Messerstec­herei in Petingen verwickelt war und sich in seinem Heimatland Albanien dem Zugriff der Luxemburge­r Justiz entzieht, und Abdullah Khodor der 2017 an einem Homejackin­g in Gonderinge­n beteiligt gewesen sein soll.

 ?? Foto: Guy Jallay / LW-Archiv ?? Am 18. Juli 2008 überfallen vier Mitglieder der Pink-Panther-Bande ein Juwelierge­schäft in der Oberstadt. Erbeutet werden 64 Luxusuhren im Wert von mehreren Hunderttau­send Euro.
Foto: Guy Jallay / LW-Archiv Am 18. Juli 2008 überfallen vier Mitglieder der Pink-Panther-Bande ein Juwelierge­schäft in der Oberstadt. Erbeutet werden 64 Luxusuhren im Wert von mehreren Hunderttau­send Euro.
 ?? Foto: eumostwant­ed.eu ??
Foto: eumostwant­ed.eu
 ?? Foto: eumostwant­ed.eu ??
Foto: eumostwant­ed.eu

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg