Ein Zuhälter und ein rosaroter Panther
Ein Trierer Bordellbetreiber und ein gefährlicher Räuber im Visier der Zielfahndung
Luxemburg. Seit Mittwochvormittag stehen rund 50 neue Namen auf der Liste der meistgesuchten Verbrecher Europas – darunter auch zwei weitere Tatverdächtige, für die sich Luxemburger Untersuchungsrichter brennend interessieren.
Einer davon dürfte so manchem Luxemburger persönlich bekannt sein. Denn er war bis in jüngster Vergangenheit der Betreiber mehrerer Rotlicht-Etablissements in der deutschen Grenzregion – darunter eines, das über Jahre hinweg seine Dienste im abendlichen Radioprogramm in Luxemburg anbot.
Und eben darum geht es. Die Luxemburger Justiz will LW-Informationen zufolge dem in Sachsen geborenen ehemaligen Betreiber des Trierer Bordells „Pearls“wegen Zuhälterei den Prozess machen. Rigo Wendt soll den Beschuldigungen zufolge Prostituierte über die Grenze zu Kunden nach Luxemburg gebracht haben. Während das deutsche Gesetz dem Rotlichtgewerbe in Deutschland großzügige Freiheiten gewährt, steht Zuhälterei im Großherzogtum unter Strafe.
Wie der eumostwanted.euWebseite zu entnehmen ist, steht Rigo Wendt unter dringendem Tatverdacht, ein Escort- und Callgirl-Netzwerk auf dem Territorium des Großherzogtums organisiert zu haben. Dabei habe der 51Jährige den Transport von Frauen aus Deutschland durch mehrere Fahrer zu Kunden in Luxemburg organisiert und koordiniert. Wendt sei Betreiber von drei Bordellen in Deutschland gewesen. Die Ermittlungen seien von der Abteilung für organisiertes Verbrechen der Luxemburger Kriminalpolizei unter der Leitung eines Untersuchungsrichters geführt worden.
Deutschland verweigert Auslieferung von Ex-Rotlichtboss Bereits am 25. Februar 2019 habe Luxemburg einen internationalen Haftbefehl gegen Rigo Wendt ausgestellt, am 1. März 2019 zudem einen europäischen Haftbefehl. Hinweise nehmen die Zielfahnder des Luxemburger Service de police judiciaire direkt über die eumostwanted.eu-Webseite und via die E-Mail-Adresse fast.lux@ police.etat.lu entgegen.
LW-Informationen zufolge befindet sich der Ex-„Pearls“-Chef
Wendt in Deutschland auf freiem Fuß. Wie es heißt, haben die deutschen Behörden den Auslieferungsantrag aus Luxemburg abgewiesen. Die Öffentlichkeitsfahndung dürfte nun aber den Druck erhöhen.
Mit Wendt hatte sich jüngst auch die deutsche Justiz befasst. Wie der „Volksfreund“berichtete, war er wegen Verstößen gegen Ausländergesetze im Kontext von Prostitution verurteilt worden. Im Juli 2019 folgte zudem eine Verurteilung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zehn Monaten wegen Steuerbetrugs. Die in den Jahren 2009 bis 2012 unterschlagene Summe wurde von Steuerfahndern auf 24 Millionen Euro geschätzt.
Das „Pearls“sowie zwei weitere von Wendts Etablissements wurden nach dessen Insolvenz Anfang
2019 unter neuem Namen von der Ehefrau des Inhabers der auch in Luxemburg sehr bekannten Trierer Eisdiele Calchera neu eröffnet. Nina Calchera hatte zuvor bereits einen der Standorte geleitet. Nun vermiete sie als Eigentümerin Zimmer an Prostituierte, so Calchera im „Volksfreund“.
Juli 2008: Profis überfallen Luxemburger Juwelier
Die oben genannten Kontaktdaten zur Zielfahndungseinheit der Luxemburger Kriminalpolizei gelten indes auch für einen zweiten Mann, der jetzt auf Anordnung der Luxemburger Justiz neu auf der Liste der meistgesuchten Verbrecher Europas steht: Zarko Pijanovic wird gar als besonders gefährlich gekennzeichnet. Der 39jährige Serbe steht unter Verdacht, am 18. Juli 2008 an einem bewaffneten Überfall einer der weltweit bekanntesten Räuberbanden in Luxemburg-Stadt beteiligt gewesen zu sein.
LW-Informationen zufolge handelt es sich dabei um einen Raubüberfall auf den Juwelier Molitor in unmittelbarer Nähe des großherzoglichen Palasts. Wie der Fahndungsmeldung zu entnehmen ist, betraten vier maskierte und mit Pistolen bewaffnete Männer an jenem Tag gegen 10.25 Uhr das Geschäft. Sie bedrohten die Angestellten und drei Kunden und zwangen diese, sich auf den Boden zu legen.
Einer der Täter zertrümmerte mit einer Axt oder einem ähnlichen Gegenstand die Auslagen. Erbeutet wurden insgesamt 64 Luxusuhren
Deutschland hat sich geweigert, Rigo Wendt nach Luxemburg auszuliefern.
Der 39-jährige Zarko Pijanovic hatte 2018 seinen Namen ändern lassen.
im Wert von mehreren Hunderttausend Euro. Die Täter entkamen mit einem Mercedes. Dieser war drei Tage zuvor im Norden des Landes gestohlen und eine Stunde nach dem Coup verlassen unweit des Tatorts, in der Rue de l'Ordre de la Couronne de Chêne in Limpertsberg, entdeckt worden. Im März 2005 war das gleiche Geschäft bereits nach gleichem Modus operandi überfallen worden. Derartige Raubzüge hatten sich in dem Zeitraum in Luxemburg gehäuft.
Wie es weiter heißt, hat der Gesuchte im Jahr 2018 seinen Namen von Stefanovic auf Pijanovic ändern lassen. Die Ermittler kamen zu dem Schluss, dass der 39jährige Serbe Mitglied der berüchtigten „Pink Panther“-Diebesbande ist, die seit mehr als 20 Jahren weltweit Schlagzeilen macht. Dem Dunstkreis der Tätergruppe werden von Interpol rund 800 Personen, vorrangig aus Balkanstaaten, zugerechnet, von denen viele einen militärischen oder paramilitärischen Hintergrund und Kampferfahrung aus den Jugoslawienkriegen haben sollen.
Luxemburg hat am 20. Mai 2020 einen europäischen Haftbefehl gegen Pijanovic ausgestellt.
Khodor und Pulti werden weiterhin gesucht
Parallel suchen Luxemburger Zielfahnder des Enfast-Netzwerks über deren Webseite auch weiterhin nach zwei weiteren untergetauchten Tatverdächtigen: Edinjo Pulti, der im August 2020 in einer Messerstecherei in Petingen verwickelt war und sich in seinem Heimatland Albanien dem Zugriff der Luxemburger Justiz entzieht, und Abdullah Khodor der 2017 an einem Homejacking in Gonderingen beteiligt gewesen sein soll.