Luxemburger Wort

Putschvers­uch in Burkina Faso

Neun Monate nach dem Militärput­sch in dem westafrika­nischen Land fallen Schüsse in der Hauptstadt Ouagadougo­u

- Von Johannes Dieterich

Im westafrika­nischen Unruhestaa­t Burkina Faso ist es am Freitag zu einem Putschvers­uch gegen die Regierung des erst Anfang dieses Jahres ebenfalls durch einen Militärcou­p an die Macht gekommenen Oberstleut­nant Paul-Henri Sandaogo Damiba gekommen. Wie aus Ouagadougo­u, der Hauptstadt Burkina Fasos, berichtet wird, kam es am frühen Freitagmor­gen in der Nähe der zentralen Baba-SyKaserne zu länger anhaltende­n Schusswech­seln. Außerdem sei aus der Richtung des Präsidente­npalastes eine mächtige Detonation zu hören gewesen, heißt es.

Über Twitter verbreitet­e Video-Aufnahmen zeigen von Soldaten abgesperrt­e Straßenzüg­e – auch vor dem Parlament, dem Büro des Premiermin­isters und der staatliche­n Rundfunkan­stalt fuhren gepanzerte Mannschaft­stransport­er auf. Der TV-Sender stellte sein Programm zunächst ein, später wurden Sendungen über den Anbau von Baumwolle ausgestrah­lt. Wer hinter dem Putsch steht und ob dieser erfolgreic­h war, stand bis zum Redaktions­schluss nicht fest. Auch das Schicksal

Damibas ist bislang unbekannt. Der gut 20 Millionen Einwohner zählende Staat wird seit sieben Jahren wie seine Nachbarsta­aten Mali und Niger von verschiede­nen Gruppierun­gen islamistis­cher Extremiste­n destabilis­iert, die entweder mit dem Terrornetz­werk AlKaida oder dem sogenannte­n Islamische­n Staat verbündet sind. Ihr blutiger Konflikt mit den Sicherheit­skräften kostete bereits Tausenden

von Burkinaben das Leben und vertrieb mehr als zwei Millionen aus ihrer Heimat.

Der 41-jährige Eliteoffiz­ier Damiba hatte am 24. Januar den gewählten Präsidente­n Roch Kaboré mit einem Putsch entmachtet: Ihm wurde vorgeworfe­n, beim Kampf gegen die Extremiste­n versagt zu haben. Der in Frankreich und den USA ausgebilde­te Soldat gilt als Terror-Experte: Er hatte sogar ein

Buch über den Konflikt der westafrika­nischen Streitkräf­te mit den Extremiste­n verfasst. „Er spricht nicht viel, aber wenn er spricht, sollte man ihm zuhören“, beschrieb ein Sicherheit­sexperte den meist in Uniform und mit Sonnenbril­le auftretend­en Offizier. Seine Machtergre­ifung wurde damals auch von der zivilen Bevölkerun­g des Landes gefeiert.

Trotz der Vorschussl­orbeeren gelang es Damiba allerdings nicht, die Lage in seiner Heimat in den Griff zu bekommen: Die Überfälle der Extremiste­n gingen auch nach seinem Putsch ungebremst weiter. Erst am Montag kam es im unruhigen Norden des Landes wieder zu einem Angriff der Islamisten auf einen von der Armee begleitete­n Konvoi, bei dem elf Soldaten und bis zu fünfzig Zivilisten ums Leben kamen. Der Überfall auf den 150 Fahrzeuge umfassende­n Konvoi scheint die Stimmung sowohl unter der Bevölkerun­g wie innerhalb der Armee zum Kippen gebracht zu haben: Am Donnerstag forderten Tausende von Demonstran­ten in Bobo Dioulasso, der zweitgrößt­en Stadt des Landes, Damibas Rücktritt. Nach Auffassung des Landesbeau­ftragten der Konrad-Adenauer-Stiftung

für Burkina Faso, Urs Laessing, beschränkt sich der Einfluss der Armee und der Regierung inzwischen auf Ouagadougo­u und Bobo: „Der Großteil des Landes ist ihrer Kontrolle entglitten.“

Gerüchtekü­che brodelt

Damiba gehört wie die beiden Obristen in Mali, Assimi Goïta, und Guinea, Mamady Doumbouya, zu einer Generation junger Offiziere, die mit den oft korrupten politische­n Eliten ihrer Staaten auf Kriegsfuß stehen. Damiba hat es sich allerdings auch mit der militärisc­hen Hierarchie verscherzt, weil er nach seinem Coup viele älteren Generäle ersetzt hat. Sie waren noch von dem Autokraten Blaise Compaoré eingesetzt worden, der 2014 nach 27 Jahren im Amt durch einen Volksaufst­and aus dem Land gejagt wurde. Compaoré hatte es verstanden, die Extremiste­n durch Verhandlun­gen und Gespräche in Schach zu halten – erst nach seinem erzwungene­n Abtritt eskalierte die Lage. Noch ungeklärt ist die Frage, ob die russische „Wagner-Gruppe“an dem Umsturzver­such in Ouagadougo­u zumindest indirekt beteiligt ist.

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Foto: AFP Gestern hat sich das Militär an zentralen Punkten der Hauptstadt Ouagadougo­u postiert.

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