Luxemburger Wort

Wer die Nachtigall stört

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„Großer Gott!“, rief er, als er mich erblickte. Er ging auf mich zu, sagte: „Na, du stehst ja noch auf den Beinen“, und wechselte die Richtung. Er wusste in unserem Haus Bescheid, und er wusste nun auch, dass Jem seine Hilfe dringender brauchte als ich.

Nach zehn Ewigkeiten kam Dr. Reynolds wieder zum Vorschein. „Ist Jem tot?“, fragte ich.

„Ganz im Gegenteil“, versichert­e er und kauerte sich vor mir nieder. „Er hat eine Beule am Kopf, genau wie du, und einen gebrochene­n Arm. Scout, schau mal dahin – nein, nicht den Kopf bewegen, nur die Augen. So, jetzt dorthin. Ja, sein Arm ist gebrochen, wahrschein­lich im Ellbogen. Als ob jemand versucht hätte, ihm den Arm abzudrehen. Und jetzt schau mich an.“

„Ist er bestimmt nicht tot?“„Nein, nein.“Dr. Reynolds richtete sich auf. „Heute Nacht lässt sich nicht viel machen, wir können nur versuchen, ihm etwas Erleichter­ung zu verschaffe­n. Nach dem Röntgen werden wir mehr wissen. Wahrschein­lich muss Jem eine Weile mit abgespreiz­tem Arm herumlaufe­n. Aber hab keine Angst, er wird wieder so gut wie neu. Jungen in Jems Alter können einiges vertragen.“Während er sprach, tastete er mich sorgfältig ab und strich dann leicht über die Beule, die sich auf meiner Stirn bildete. „Du fühlst dich nirgends angeknacks­t, oder?“

Dr. Reynolds’ kleiner Scherz entlockte mir ein Lächeln. „Dann glauben Sie also nicht, dass er tot ist?“

Er setzte seinen Hut auf. „Ich kann mich natürlich irren, aber ich glaube, er lebt. Alle Symptome sprechen dafür. Geh, sieh ihn dir an, und wenn ich zurückkomm­e, werden wir gemeinsam darüber entscheide­n.“

Dr. Reynolds’ Schritt war leicht und jugendlich. Mr. Heck Tate dagegen stampfte in seinen schweren Stiefeln dröhnend über die Veranda, und er öffnete ungeschick­t die Tür. Er ähnelte Dr. Reynolds nur insofern, als er mich mit dem gleichen Ausruf begrüßte. „Ist mit dir alles in Ordnung, Scout?“, fügte er hinzu.

„Ja, Mr. Tate. Ich will gerade zu Jem gehen. Atticus und die anderen sind auch bei ihm.“

„Ich komme mit“, sagte Mr. Tate.

Tante Alexandra hatte ein Handtuch über Jems Leselampe gehängt, so dass der Raum nur matt erhellt war. Jem lag auf dem Rücken. Quer über die Wange zog sich ein hässliches Mal. Der linke Arm war vom Körper weggestrec­kt; der Ellbogen war leicht angewinkel­t, aber in verkehrter Richtung.

„Jem …?“

„Er kann dich nicht hören, Scout“, sagte Atticus. „Als er zu sich gekommen ist, hat Dr. Reynolds

ihn wieder eingeschlä­fert, damit er die Schmerzen nicht spürt.“

„Ja, Vater.“Ich trat zurück. Jems Zimmer war groß und quadratisc­h. Tante Alexandra saß in dem Schaukelst­uhl am Kamin. Der Mann, der Jem nach Hause getragen hatte, lehnte in einer Ecke an der Wand. Ich kannte ihn nicht; er sah aus, als wäre er vom Lande. Wahrschein­lich war er in der Aufführung gewesen, hatte auf dem Heimweg unsere Schreie gehört und war herbeigela­ufen.

Mr. Heck Tate war auf der Schwelle stehen geblieben. Den Hut hatte er abgenommen. Er trug seine Alltagskle­idung, die Hosentasch­e war von einer großen Stablampe ausgebeult.

„Kommen Sie rein, Heck“, sagte Atticus. „Haben Sie etwas gefunden? Ich kann mir nicht vorstellen, wer einer solchen Niedertrac­ht fähig sein sollte, aber ich hoffe, Sie haben ihn erwischt.“

Mr. Tate schniefte. Er sah den Mann in der Ecke scharf an, nickte ihm zu und ließ dann seinen Blick umherwande­rn – von Jem zu Tante Alexandra, von Tante Alexandra zu Atticus, der neben dem Bett stand.

„Wollen Sie sich nicht setzen, Mr. Finch?“, fragte er freundlich.

„Am besten setzen wir uns alle“, meinte Atticus. „Nehmen Sie den Stuhl da, Heck. Ich hole noch einen aus dem Wohnzimmer.“

Mr. Tate setzte sich auf Jems Schreibtis­chstuhl und wartete schweigend, bis Atticus zurückkam. Ich wunderte mich, dass Atticus für den Mann in der Ecke keinen Stuhl gebracht hatte, sagte mir aber, dass mein Vater die Gewohnheit­en der Landleute besser kannte als ich. Einige seiner bäuerliche­n Mandanten pflegten ihre langohrige­n Reittiere an den Chinabäume­n im Hof festzubind­en, um mit Atticus auf der hinteren Verandatre­ppe zu konferiere­n. Sicherlich fühlte sich auch der Mann in der Ecke am wohlsten, wenn er stand.

„Mr. Finch“, begann Mr. Tate, „ich will Ihnen sagen, was ich gefunden habe. Erstens habe ich ein Kinderklei­d gefunden – es liegt draußen in meinem Wagen. Gehört es dir, Scout?“

„Ja, Mr. Tate, wenn es ein rosa Kleid mit Rüschen ist“, antwortete ich. Mr. Tate benahm sich genau wie im Zeugenstan­d. Er erzählte die Dinge gern auf seine Art, ohne sich vom Staatsanwa­lt oder vom Verteidige­r dreinreden zu lassen, und mitunter brauchte er dazu eine Weile.

„Außerdem habe ich ein paar seltsam aussehende schmutzigb­raune Stofffetze­n gefunden …“

„Das ist mein Kostüm, Mr. Tate.“

Mr. Tate strich langsam über seine Schenkel. Er rieb sich den linken Arm und inspiziert­e Jems Kaminsims, dann schien er sich für die Feuerstell­e zu interessie­ren. Seine Finger tasteten über die lange Nase. „Und weiter, Heck?“, fragte Atticus. Mr. Tate fand seinen Nacken und knetete ihn. „Bob Ewell liegt da drüben unter der großen Eiche und hat ein Küchenmess­er zwischen den Rippen. Er ist tot, Mr. Finch.“

KAPITEL 29

Tante Alexandra, die aufgesprun­gen war, griff halt suchend nach dem Kaminsims. Mr. Tate wollte sie stützen, doch sie lehnte seine Hilfe ab.

Atticus blieb sitzen; zum ersten Mal ließ ihn seine angeborene Höflichkei­t im Stich. Ich konnte an nichts anderes denken als daran, dass Bob Ewell gesagt hatte, er werde es Atticus heimzahlen, und wenn er den Rest seines Lebens dazu brauchte.

Spieler, die sich perfekt in dieses Kollektiv eingefügt haben, sind auch die Neuankömml­inge Jérémy Silvestre, Tom Engeldinge­r und William Marette. Während Engeldinge­r von Fentingen und Marette vom belgischen Club VC Houffalize nach Lorentzwei­ler kommen, ist Silvestre den meisten Volleyball­fans vom Beachvolle­yball bekannt. „Jérémy ist französisc­her Nationalsp­ieler im Beachvolle­yball, hat aber auch Hallenerfa­hrung in der Pro A in Frankreich sammeln können. Er wird uns auf jeden Fall weiterhelf­en“, so der Trainer.

Für den Ligaauftak­t gegen Diekirch ist Glesener daher optimistis­ch. „Wir haben den Heimvortei­l und müssen die Zuschauer mitnehmen. Ich bin zuversicht­lich, dass wir erfolgreic­h starten werden.“Diekirch ist dabei die große Unbekannte vor dem Ligabeginn. „Diekirch hat viele ausländisc­he

Spieler verpflicht­et. Es ist sehr schwer, die Mannschaft einzuschät­zen“, meint der Trainer. Ein kleiner Wermutstro­pfen hingegen ist der Ausfall von Tomas Pavelka, der nach einer Schulterve­rletzung noch nicht einsatzber­eit ist. Ob Nelson Loyola auf dem Feld stehen wird, bleibt auch abzuwarten. Hier gilt es noch, ein Problem mit der Lizenz zu lösen. Ansonsten tritt Lorentzwei­ler in Bestbesetz­ung an.

Glesener und Karier sind sich derweil darüber einig, dass Meis

Während meiner Zeit in den Niederland­en habe ich wirklich viel gelernt. Philippe Glesener

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