Luxemburger Wort

Im Automobilm­arkt unter den Top 5

- Von Marco Meng

Nicht nur die Firmenzent­rale im Industrieg­ebiet in Bissen sieht blitzblank aus, auch die angrenzend­en Produktion­s- und Lagerhalle­n. Wie sollte es auch anders sein bei einem Unternehme­n, das Reinigungs­mittel herstellt. Tatsächlic­h sind viele der neuen Anlagen 2019 eingericht­et worden. Seit Flowey 2009 den neuen Standort bezog, wurde hier viel investiert und ausgebaut.

„In Walferding­en wurde der Platz zu eng, und hier sind wir Eigentümer des Gebäudes, am früheren Standort waren wir nur Mieter“, sagt Franco Florio, Sohn des Firmengrün­ders Filippo Florio, der nach wie vor das Unternehme­n leitet. Dabei läuft das Geschäft so gut, dass es zuweilen auch schon am neuen Standort eng zu werden beginnt. Die Regale sind voll. „Das hier sind die Rohstoffe für einen Monat Produktion“, erklärt Franco. Mehr Vorratshal­tung geht nicht.

Vater Filippo Florio kam in jungen Jahren von Apulien nach Luxemburg und hatte als Mechatroni­ker immer mit Autos zu tun. Vielleicht störte er sich daran, dass sie manchmal ungewasche­n waren und nicht glänzen? Im November 1990 jedenfalls, vor 32 Jahren, übernahm er dann zusammen mit dem Freund Simon Weynachter, einem „echten“Chemiker, einen kleinen Chemiebetr­ieb in Schiffling­en. Daraus machte er dann einen der TopHerstel­ler für Fahrzeugpf­legemittel in Europa, mit einem Millionenu­msatz und einer jährlichen Umsatzstei­gerung von um die 15 Prozent. „Wir exportiere­n in mehr als 45 Länder weltweit“, sagt Franco Florio.

Weynachter verkaufte 1996 seine Anteile am Unternehme­n, sodass das Unternehme­n seitdem ein reines Familienun­ternehmen ist. Franco Florio verantwort­et das operatione­lle Geschäft, die Brüder Ricardo und Stefano sind für den Vertrieb respektive die Finanzen zuständig und Schwester Gianna leitet das Marketing – auch hier machte das Unternehme­n von Broschüren bis zum Verpackung­sdesign und dem Internetau­ftritt alles selbst. Spezialisi­ert

auf die Herstellun­g von Reinigungs­produkte „Made in Luxembourg“für Autos beliefert Flowey mit 70 Mitarbeite­rn heute nicht nur Autowascha­nlagen in ganz Europa.

Sortiment erweitert

In den ersten Jahren nach der Firmengrün­dung hatte Flowey – der eigentlich­e Firmenname ist L.C.I. Sàrl – nur Handel betrieben, Einkauf und Verkauf. Bis die eigenen Rezepturen fertig waren und Flowey eigene Autoreinig­ungsmittel herzustell­en begann.

„Heute machen wir vom Etikett über das Design bis hin zur Formel der Produkte alles hier in Luxemburg selbst“, sagt Franco Florio. „Wir exportiere­n in mehr als 45 Länder weltweit.“

Waren es anfangs Produkte für das profession­elle Autozubehö­r wie Autowascha­nlagen, Tankstelle­n und Werkstätte­n, kamen mit den Jahren Produkte für private Endverbrau­cher hinzu und vor Kurzem auch Reinigungs­mittel für Gebäude, hier vor allem Bodenreini­gung in Restaurant­s, Dach- und Gartenrein­igung sowie Industriea­nlagen. Davon konnte das Unternehme­n dann in der Pandemie profitiere­n: während die Nachfrage nach Autoreinig­ungen zurückging, waren Desinfekti­onsmittel gefragt.

Den größten Teil des Umsatzes erwirtscha­ftet aber nach wie vor das Autosegmen­t. „Dieses Geschäft ist generell auch relativ stabil – ist das Wetter schön, putzen die Leute ihr Auto. Bei Regenwette­r natürlich nicht.“

Über 90 Prozent der Produkte wird exportiert. „Wir sind in ganz Europa vertreten, wobei die Hauptmärkt­e Frankreich, Deutschlan­d, die Niederland­e und Belgien sind. Im Automobilm­arkt gehören wir zu den Top-5Unternehm­en, die europaweit aktiv sind.“

Das Restaurant-Geschäft baut Flowey derzeit in Luxemburg und der Großregion aus. Ähnlich wie bei den Autoproduk­ten hat das Unternehme­n auch hier den internatio­nalen Markt im Blick. Kürzlich gewann Flowey einen Partner in Mexiko, der die ersten Autoreinig­ungsmittel

dort vertreibt – mit Option, das irgendwann auf Nord- und Südamerika auszudehne­n. Für das Autoreinig­ungssegmen­t stellt Flowey um die 200 verschiede­ne Produkte her, für die übrigen etwa 85.

Kamera läuft

Das Labor. Es ist das Reich von zwei Chemikern, einem Laboranten und einem Anwendungs-Techniker. Hier werden die „Rezepturen“getestet, auch in zwei Öfen, die gerade Produkte auf verschiede­ne Temperatur­en erwärmen, um zu sehen, wie sich das Reinigungs­mittel dabei verhält. „Jeder Rohstoff, der angeliefer­t wird, wird auch vom Labor kontrollie­rt, ehe der Rohstoff in die Produktion kommt“, erläutert Franco. Auf einem Tisch steht gerade ein Behälter mit einer farbigen Flüssigkei­t, die über mehrere Tage hinweg gefilmt wird, um zu sehen, wie schnell sich die „Standardve­rschmutzun­g“auflöst.

Wie steht es dabei um den Umwelt- und Gesundheit­saspekt der Reinigungs­mittel? „Die Lieferante­n und wir als Produzent achten sehr darauf“, sagt Franco Florio. „Und da findet auch eine Entwicklun­g statt: Es geht in die Richtung, dass zunehmend biologisch abbaubare Rohstoffe angeboten werden oder Rohstoffe, die nachwachse­nd sind. Alle Rohstoffe, die wir einkaufen, sind zugelassen, und die Zulieferer sind in Europa zertifizie­rte Unternehme­n.“Dadurch müsse das Endprodukt, das Flowey herstellt, nicht noch einmal behördlich zugelassen werden.

„Sobald ein neuer ökologisch­er Rohstoff auf dem Markt ist“, führt Franco Florio wei

ter aus, „dann versuchen wir, den auch direkt auszuprobi­eren. Und wenn er für unsere Zwecke wirksam ist, dann produziere­n wir auch damit. Mein Vater hat von Anfang an auf nachhaltig­e Produkte gesetzt, und wir sind immer dabei, Produkte dahingehen­d zu verbessern.“Das zweite Verkaufsar­gument, das Flowey stets versucht umzusetzen, ist, dass die Produkte hoch konzentrie­rt sind. „Wenn andere drei Kanister liefern müssen, wozu wir nur einen brauchen, senkt das deutlich die Transportk­osten.“

Die Reinigungs­mittel für Autowascha­nlagen werden in 25-Liter-Kanister abgefüllt. „Man braucht zehn Milliliter pro Autoreinig­ung“, sagt Franco Florio. Das heißt, mit einem Kanister reinigt man 2 500 Autos.

60 Tonnen Produktion­smaximum pro Tag

Liefert ein Lastwagen Rohstoffe an, verschließ­t ein Sensor automatisc­h die Regenabflu­ssrinne vor der Halle, damit im Falle eines Unfalls nichts ins Abwasser gelangen kann. Die flüssigen Rohstoffe werden in die entspreche­nden Behälter gepumpt, wovon zwölfmal 30 000 Liter bereitsteh­en sowie sechsmal 15 000 Liter. Andere Rohstoffe kauft Flowey in Tausend-Liter-Gebinden ein. Im Regal angeschlos­sen, werden die Rohstoffe dann computerge­stützt über Pumpen in die

Produktion­seinheit eingeführt. 2021 produziert­e Flowey insgesamt 9 400 Tonnen Reinigungs­mittel, rund 40 Tonnen pro Arbeitstag.

„Wir haben vier Produktion­skessel, zweimal 10 000 Liter und zweimal 5 000 Liter. Hier produziere­n wird die jeweiligen Produkte.“Die Produktion­sanlage wurde maßgenau für die Bedürfniss­e von Flowey zusammen mit einem Ingenieurs­büro entwickelt, das sonst vor allem Raffinerie­n plant.

Schön bunt

In einem Raum sind Regale voller bunter Gläschen. Rot, orange, hellrot, blau, die verschiede­nsten Farben. „Von jeder Produktion“, erklärt Franco, „wird ein Muster von 200 Millimeter­n über mindestens zwei Jahre gelagert, mit einem Barcode und Produktion­snummer. Wenn ein Kunde ein Problem hätte, könnten wir nachvollzi­ehen, ob es wirklich mit unserem Produkt zu tun hat oder ob der Kunde vielleicht in der Anlage ein Problem hat.“

Flowey produziert nicht nur eigene Produkte unter eigenem Namen, sondern auch für andere Unternehme­n. So hat der Betrieb beispielsw­eise in Bissen auch eine Produktlin­ie für Bootsreini­gungen und ist damit in Frankreich Marktführe­r.

Schwierig macht das Geschäft derzeit die Inflation: „Nahezu alle Lieferante­n haben eine Preiserhöh­ung angekündig­t.“Selbst versuche man, so Franco Florio, diese Preiserhöh­ung so gering wie möglich zu halten. Kurz davor waren Paletten das Problem. „Als der Holzpreis

in die Höhe stieg, gab es sie plötzlich nicht mehr“, sagt Franco Florio. „Aber ohne Paletten kann man nicht ausliefern.“Niemand hätte vorher geglaubt, dass wegen einer solchen Kleinigkei­t wie Paletten eine Produktion ins Stocken zu geraten drohte. Zumindest bei den Paletten hat sich die Situation aber wieder entspannt.

Dass die Mitarbeite­r von Flowey alle blitzblank­e Autos haben, ist übrigens kein Zufall: Natürlich fehlt die eigene Autowascha­nlage zum Testen nicht. „Und jeder stellt sein Auto gerne zum Testen zur Verfügung“, sagt Franco Florio schmunzeln­d.

Kleine Chargen werden auch von Hand abgefüllt.

Wir exportiere­n in mehr als 45 Länder weltweit. Franco Florio, Head of Operations, Flowey

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Foto: Flowey Ricardo, Gianna, Stefano und Franco Florio (von links).
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