Mehr Angebot, weniger Ideologie
Für eine andere Politik beim Mietwohnungsbau in Luxemburg
Seit Anfang 2022 hat sich die LogementKrise zunehmend verschärft. Immer mehr Menschen können sich keine Wohnung mehr leisten. Und das bis in die breite Mittelschicht hinein. Ganze Lebensprojekte zerbrechen. Gerade für junge Leute. Die Wohnungsnot bleibt in allen Umfragen die größte Sorge der Luxemburger. Und mit der gegenwärtigen Politik von BlauRot-Grün ist keine Besserung in Sicht. Im Gegenteil.
Die Baugenehmigungen fielen im Vergleich zum ersten Semester 2021 gar um satte 45 Prozent. Die galoppierende Inflation und die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank, bedingt durch die enormen Preissteigerungen der Energiekosten, lassen die Baukosten weiter rasant ansteigen. Hinzu kommt, dass die Bau- und Fertigungskosten zurzeit für den Bauträger nicht zu berechnen sind. Mit der Konsequenz, dass die Bautätigkeit bis auf Weiteres stark eingeschränkt bleibt.
Zu diesen toxischen Elementen in Sachen Finanzierbarkeit der Wohnungen gesellt sich dann noch ein blau-rot-grünes Gesetz hinzu, das weder zusätzliches Vertrauen noch neue Anreize am Bau schafft. Einmal mehr hat diese Regierung kein Fingerspitzengefühl gezeigt. Einmal mehr gießt sie noch mehr Öl in den bereits überhitzten Immobilienmarkt. Einmal mehr ist von beruhigenden Lenkungseffekten keine Spur.
vor? Bedingt durch die gesetzgeberische Unvernunft wird das Angebot an neuen Mietwohnungen die Nachfrage in keinster Weise abdecken. Das überdurchschnittliche Wachstum und die schwierige Gesamtlage am Wohnungsbaumarkt machen die Sache noch schwieriger. Liest man die voraussichtlichen Wachstumsraten für die kommenden Jahre im Staatsbudget dann bedeutet dies für die Preise am Immobilienmarkt nichts Gutes. Im Klartext: Noch weniger Menschen werden sich eine Wohnung leisten können. Dies ist für uns nicht hinnehmbar.
Doch was macht Blau-Rot-Grün? Statt das Wachstum mit Lenkungseffekten zu kanalisieren und wichtige Reformen für neue Projekte anzugehen, werden immer neue Verwaltungshürden eingebaut. Gute Beispiele für diese Bürokratie-Explosion sind etwa das neue Mietgesetz, der zweite Wohnungsbaupakt sowie das neue Wohnungsregister. So werden die Prozeduren noch länger und die Wohnungen noch teurer. Die versprochene administrative Vereinfachung bleibt aus.
Weiteres Eigentor von Blau-Rot-Grün
Sollte das neue Mietgesetz verabschiedet werden, lohnt es sich angesichts der Zinsfront und der Baukosten in Zukunft nicht mehr in eine Mietwohnung zu investieren. Bei den bestehenden Wohnungen könnten zudem die Mietpreise wellenartig in die Höhe schnellen. Nach der Mehrwertsteuer-Erhöhung von drei auf 17 Prozent im Jahr 2015 ist die blau-rot-grüne Regierung also dabei, auch am Mietwohnungsmarkt ein weiteres Eigentor zu schießen. Das Nachsehen haben erneut die Bürger. Unter zielführender und vorausschauender Wohnungspolitik verstehen wir etwas anderes.
Zu einer weiteren Baustelle: Die Zahlen aus dem zweiten Wohnungsbaupakt verdeutlichen, dass beim Erschließen von neuen Teilbebauungsplänen (plan d'aménagament particulier-nouveaux quartiers, PAP-NQ) seit dem 18. Februar Funkstille herrscht. Ganze drei dieser Pläne wurden von Februar bis Ende September von den 102 Gemeinden eingereicht. Mit dieser koxischen angezogenen Handbremse-Politik spitzt sich die Krise am Bau nur noch weiter zu. Der vom Innenministerium initiierte Artikel 29bis erweist sich als Rohrkrepierer.
Private Investoren mit ins Boot
Dabei wäre es höchste Zeit, auch die Handbremse im Kopf zu lösen und endlich private Investoren mit ins Boot zu holen. Nur gemeinsam werden wir die LogementKrise halbwegs in den Griff bekommen. Warum diese Regierung es nicht fertigbringt, in Zeiten einer extrem angespannten Lage am Mietwohnungsmarkt, diesen Schulterschluss mit privaten Investoren zu suchen, bleibt absolut unverständlich. Knapp 200 neue erschwingliche Mietwohnungen werden von öffentlichen Bauträgern im Jahr fertiggestellt. Dies reicht hinten und vorne nicht aus. Hier müssen wir nicht nur die Handbremse lösen. Hier müssen wir Vollgas geben.
Und auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Um freie Fahrt zu haben, hat deshalb die CSV im Juli 2021 einen
Gesetzvorschlag mit der Nummer 7856 im Parlament eingereicht, der den privaten Investor in den erschwinglichen Mietwohnungsbau mit einbindet. Und zwar über die sogenannte „gestion locative sociale“(GLS). Doch auch hier schließt der Wohnungsbauminister aus rein ideologischen Gründen diesen Ansatz komplett aus. Für uns eine weitere verpasste Chance.
Doch es gibt auch Positives zu vermelden. Verschiedene Ansatzpunkte am überarbeiteten Mietgesetz sind durchaus zu begrüßen. Etwa der Versuch, den Mietpreiswucher bei den „chambres à café“oder den „chambres meublées“anzugehen. Hier sollen verschiedene ausufernde Praktiken, die sich in den vergangenen Jahren verselbstständigt haben, stärker reglementiert werden.
Allerdings ist die Methode auch hier fraglich. In den vergangenen Jahren hat sich der Mietwohnungsmarkt stark verändert. Professionelle Mietzimmeragenturen betreuen „expats“bei der Suche nach einer Wohnung und bieten sogenannte „full option“-Pakete an. Besonders junge Angestellte aus der Finanz- und Consultingbranche sind daran interessiert. Die CSV fordert seit Jahren im Wohnungsbauausschuss, dass das Liser mehr Zahlenmaterial und Transparenz über diese kommerzielle Zimmervermietung liefern soll. Mit der neuen Anpassung im Gesetz könnte auch dieses Marktsegment aus den Fugen geraten.
Weggeschlagene Hand unverantwortlich
Und wo bleibt die versprochene blau-rotgrüne Wohnungsbau-Offensive? Auch sie entpuppt sich als Schönwetter-Marketing. Der Verweis auf Staatsbudget und Anhebung des Budgets für öffentlichen
Wohnungsbau reichen jedenfalls nicht aus. Hinten und vorne nicht. So entsteht nichts Konkretes beim erschwinglichen Wohnungsbau. Weder beim Verkauf noch bei der Miete.
Der Fonds du Logement und die SNHBM bauen in guten Jahren 400 bis 500 Wohnungen. Wir brauchen mehr als das Vierfache, um einen etwas ausgeglicheneren Wohnungsmarkt zu erreichen. Die „Chambre immobilière“sowie mehrere private Baupromotoren strecken seit Jahren die Hand aus, um beim erschwinglichen Mietwohnungsmarkt ihr Knowhow und ihre Erfahrung mit einzubringen. Doch statt diese Hand zu ergreifen, wird sie weggeschlagen. Für uns unverantwortlich.
Ohne Handbremse im Kopf
Kurzum: Um eine totale Schieflage am Wohnungsmarkt abzuwenden, brauchen wir endlich mehr Angebot bei erschwinglichen Wohnungen. Starrsinn und Ideologie von vorgestern bringen uns als Land kein Stück weiter. Den Menschen bringen sie keine einzige neue Wohnung. Schon gar keine erschwingliche. Was Land und Leute brauchen, sind neue und pragmatische Wege ohne Handbremse im Kopf. Was Land und Leute brauchen, ist eine andere Politik. Nicht nur beim Wohnungsbau.
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Der Autor ist CSV-Abgeordneter und Bürgermeister der Gemeinde Hesperingen.