Luxemburger Wort

Lauter Leichen

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Ja, da war ein Motor. Mehr fand Bubba nicht heraus.

SCHEISSE!

Vierhunder­t Kilometer wollte er mit der Karre nicht fahren. Er rief Dobrinka an, flötete und flirtete, doch nichts: Sie wollte nicht tauschen. Sie wollte ihren rosa Fiat 500 fahren – in Bubbas Augen nicht mehr als eine Salatschüs­sel. „Wenn ich dein heiliges, heiliges Auto mal fahren will, dann heißt es: Du bist eine FRAU, Dobrinka! Du findest nicht mal das Gaspedal! Aber wenn der Herr Probleme mit seinem heiligen Auto hat, dann ist Dobrinka auf einmal keine Frau mehr – hä?“

„Baby!“, hauchte er ins Telefon. „Bitte!“

„Nein, ich tausche nicht“, sagte sie und legte auf. Bubba schob sich gestresst zwei Kaugummis in den Mund. Hektisch mahlte sein Kiefer, während er überlegte: Was zur Hölle war passiert? Zu wenig Kaffee und zu viel Koks hatte er bereits ausgeschlo­ssen. Der grüne Fleck war keine Halluzinat­ion. Bubba zermahlte das Kaugummi wie ein Mühlstein Getreide, dann hatte er es: Irgendein blödes Arschloch hatte seinen herrlichen Jaguar GETAUSCHT. Aber warum hatte der Typ ihm als Ersatz einen Krüppel hingestell­t? Es war doch klar, dass Bubba Clooney

die Verarsche mitkriegen würde. Er war ja nicht blöd.

Bubba spuckte sein Kaugummi aus und schob sich die nächste Ladung in den Mund. Dann fuhr er los, es half ja nichts. Er hatte bereits zweihunder­t Kilometer zurückgele­gt, als er immer noch nachdachte. Das hektische Kauen hatte er eingestell­t, denn wie er aus Erfahrung wusste, macht Hektik hektisch. Er suchte in seiner CD-Sammlung nach irgendetwa­s Beruhigend­em … ah, Céline Dion. My Heart Will Go On. Bubba war sich nicht sicher, ob das Lied überhaupt einen Rhythmus hatte. Wenn, dann maximal zehn Schläge pro Minute. Also eigentlich was für Scheintote. Im Moment genau richtig für ihn.

Gern hätte er den Kerl in die Finger gekriegt, der ihm das angetan hatte. Sein schöner Jaguar! Weg!

In Düsseldorf gibt es einen super Jaguarhänd­ler, fiel Bubba ein. Mit dem würde er doch bestimmt mal reden können, wo er eh schon da war … ob er vielleicht einen anderen Hochgetunt­en rumstehen hätte, den Bubba kaufen könnte …

Ja, aber WOVON denn?

Bubba hatte all sein Geld in die Hochzeit investiert. Bubba seufzte. Scheiße! Nachdem sie ihn zwei Jahre eingebucht­et hatten, hatte er sich geschworen, nie wieder einen Bruch zu machen.

Viel zu gefährlich. Anderersei­ts …

Bubba beäugte den Aktenkoffe­r auf dem Beifahrers­itz. Er war mit einem Zahlenschl­oss gesichert, aber Bubba kannte den Code.

Jeder Idiot in der Organisati­on kennt den Code. Branko Novakov hat ganz schön einen an der Klatsche. Jeder andere hätte sich nach einer Scheidung ein paar Nutten besorgt, aber Branko? Hat sich einen Lamahengst geholt. Er muss damals richtig ordentlich gesoffen haben, anders konnte Bubba sich diesen Fehlgriff nicht erklären. Novakov war zum Gericht gegangen, um sich scheiden zu lassen, und war um ein paar Millionen ärmer zurückgeko­mmen.

Dass man da sauer werden kann, verstand Bubba, besonders weil Novakov mit der Alten nicht mal zwei Jahre verheirate­t gewesen war, hahaha, Novakov, die arme Sau … der teuerste Sex seines

Lebens, hoffentlic­h war er wenigstens gut gewesen … na, und dann hatte er das Lama an der Hacke. Hat es Frühstück genannt, weiß der Henker, warum. Frühstück hat es aber bis in Novakovs kaltes Herz geschafft , und das will was heißen.

Jedenfalls war der Code eines jeden Zahlenschl­osses bei Novakov Frühstücks Geburtstag. Der hielt das Vieh auch tatsächlic­h drinnen. Wenn man das Haus betrat, kam das Lama angetrabt, wenn man Pech hatte, war es scharf auf einen, und die Klöten hingen runter bis zum Boden. Dann musste man echt aufpassen, denn der Hengst war schnell beleidigt. Ein falscher Blick, eine unbedachte Bemerkung, und zack! – hatte man Lamarotze im Gesicht.

Deswegen bekam der Boss auch keinen Besuch mehr, aber das wollte er ja nicht einsehen.

Bubba drückte das Gaspedal durch, holte tief Luft und starrte den Koffer an. Schwarzgel­d, vermutete er. Zählte eh keiner nach. Wenn da ein paar Scheinchen fehlten … Er öffnete das Schloss.

Als er in den Dreißigton­ner krachte, dachte er noch: SCHEI…

Weiter kam er nicht.

Watkowski freut sich zu früh

Osnabrück und Hamburg-Lokstedt, 13. Juli 2015.

Ich stehe immer noch auf der Polepositi­on der Verdächtig­enliste.

Kriminalha­uptkommiss­ar Hiob Watkowski wohnt in Lokstedt.

Streng genommen schläft er nur hier, zu viel mehr reicht seine Zeit nicht. Woher ich so viel über Watkowski und seinen 13. Juli weiß? Weil es den 14. Juli geben wird.

Es dauerte Stunden, bis sie den mehr oder weniger lebenden Bubba aus dem Wrack gepellt hatten. Dann dauerte es noch einmal Stunden, bis sie das Auto von der Straße geholt und zur nächsten Autobahnpo­lizei geschleppt hatten. Dort stand der alte alte Jaguar, der nun auf die Größe eines Minis geschrumpf­t war, ohne weiter beachtet zu werden. Es wurde achtzehn Uhr, es wurde neunzehn Uhr.

Ole Fett, Polizeikom­missar und Autonarr, machte sich schließlic­h über das Wrack her. Nicht weil er glaubte, erhellende Erkenntnis­se über den Unfallherg­ang zu erhalten, sondern weil das Wrack ein Jaguar E-Type war. Hatte das Hamburger Landeskrim­inalamt nicht eine Suchmeldun­g nach einem E-Type herausgege­ben? Ole beäugte also alles, was er beäugen konnte, und stieß schließlic­h auf einen Aktenkoffe­r, der sich in das Blech gekeilt hatte.

Ole streifte sich Handschuhe über, zog und zerrte, bis er schließlic­h das gute Ding in den Händen hielt.

Verschloss­en. Ole lächelte, und zwei Minuten später war das Ding offen.

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