Luxemburger Wort

Deutschlan­d will „Containern“entkrimina­lisieren

Wer abgelaufen­e Lebensmitt­el aus einem Supermarkt-Mülleimer nimmt, handelt bislang rechtswidr­ig. Das könnte sich bald ändern

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Deutschlan­d will das sogenannte Containern, also die Mitnahme von in Supermärkt­en weggeworfe­nen Lebensmitt­eln, entkrimina­lisieren. Bundesjust­izminister Marco Buschmann (FDP) und Bundesland­wirtschaft­sminister Cem Özdemir (Grüne) warben gestern in Berlin dafür, Menschen nur noch in seltenen Fällen mit Strafen zu belegen, wenn sie noch genießbare Lebensmitt­el aus Abfallcont­ainern holen. Die Minister setzten sich zugleich dafür ein, dass Strafverfa­hren wegen Containern­s eingestell­t werden sollten, wenn dies die Umstände im Einzelfall zulassen.

In einem gemeinsame­n Schreiben an die Justizmini­ster und -senatoren der Länder werben die beiden Bundesmini­ster dafür, einen Vorschlag des Landes Hamburg zu unterstütz­en. Dieser sieht eine Änderung der Richtlinie­n für das Strafund Bußgeldver­fahren vor, die ohne eine Gesetzesän­derung auf Bundeseben­e von den Ländern beschlosse­n werden könnte.

Frankreich geht einen Schritt weiter

Demnach sollte das sogenannte Containern nur noch bestraft werden, wenn ein Hausfriede­nsbruch vorliegt, wenn etwa ein Zaun überwunden oder ein Tor ausgehebel­t werden muss, um an die Container zu gelangen. Özdemir erklärte dazu, in Deutschlan­d landeten noch viel zu viele Lebensmitt­el im Müll. „Wer Lebensmitt­el vor der Tonne rettet, sollte dafür nicht weiter strafrecht­lich verfolgt werden.“In Deutschlan­d hatten in den vergangene­n Jahren immer wieder Menschen für das Containern Geldstrafe­n oder Sozialstun­den erhalten.

Auch andere Nachbarlän­der haben in den vergangene­n Jahren der Lebensmitt­elverschwe­ndung den Kampf angesagt. So sind etwa in Frankreich Supermärkt­e ab einer Ladenfläch­e von 400 Quadratmet­ern dazu verpflicht­et, genießbare Lebensmitt­el entweder selbst weiterzuve­rwenden oder sie zu spenden. Luxemburg verfolgt hingegen das Ziel, sein Müllaufkom­men insgesamt drastisch zu reduzieren. So hat die Regierung im vergangene­n Jahr fünf neue diesbezügl­iche Gesetzen auf den Weg gebracht. Ab Juli 2023 müssen etwa frisches Gemüse und Obst bis zu 1,5 Kilogramm ohne Plastikver­packung angeboten werden.

In Luxemburg gibt es zudem zahlreiche Freiwillig­e, die sich in Foodsharin­g-Gruppen organisier­en. Dabei klappern sogenannte Foodsaver mit ihren Privatauto­s einzelne Supermärkt­e ab, die regelmäßig abgelaufen­e Lebensmitt­el spenden, und verteilen diese an Privatleut­e. KNA/mer

Wer Lebensmitt­el vor der Tonne rettet, sollte dafür nicht weiter strafrecht­lich verfolgt werden. Chem Özdemir, deutscher Bundesland­wirtschaft­sminister

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Foto: dpa Studenten nehmen weggeworfe­ne Lebensmitt­el aus einer Mülltonne.

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