Wie aus einem Handwerkerchor die Harmonie municipale wurde
Am kommenden Samstag besteht der Wiltzer Gesangverein seit nunmehr 150 Jahren. Im Laufe der Jahre wurden Frauen aufgenommen, es folgte eine besondere Auszeichnung und eine Fusion
Die Stadt Wiltz kann auf eine bedeutende Industriegeschichte zurückblicken. Insbesondere die Gerbereien trugen den Namen der Ortschaft weit über die Landesgrenzen hinaus. So wundert es auch nicht, dass sich im Jahre 1872 mehrere Handwerksleute, darunter auch viele Gerber, zusammenschlossen und am 14. Januar 1873 den Männerchor „Des Handwerkers Mußestunden“, gründeten. Damit wurde der Grundstein für die Chorale Municipale Sainte-Cécile Wiltz gelegt, die in diesem Jahr auf ihr 150-jähriges Bestehen zurückblicken kann.
„Mit ein Grund für das langjährige Bestehen des Chors ist der Zusammenhalt und die gute Stimmung im Verein“, unterstreicht Josy Putz, der den Chor seit 1967 leitet und seit 1969 Organist ist. In dieser Zeit fanden unzählige kirchliche Auftritte statt, es wurden weltliche Konzerte im Inund Ausland gesungen und jedes Jahr Theater gespielt. Mit Stolz blickt Josy Putz auf die vielen Auftritte zurück, bei denen der Chor sich weit über die Gemeindegrenzen einen Namen gemacht hat.
Zwei Chöre tun sich zusammen
Was dabei viele Zuhörer nicht wissen, ist, dass die Chorale Municipale sich aus zwei Chören zusammensetzt. Da der Männerchor „Des Handwerkers Mußestunden“ebenfalls kirchliche Auftritte hatte, wurde er 1894 in Cäcilien Verein von Niederwiltz umbenannt. Um diesen Chor zu verstärken, entschloss sich der Vorstand im Jahre 1950 einen gemischten Gesangverein zu bilden. Gleich 13 Sängerinnen kamen hinzu. Zudem sorgte diese Mischung für einen Aufschwung des Chors – ein Erfolg, der nicht ohne Lob blieb: In seiner Sitzung vom 17. November 1950 sprach der Gemeinderat sich für den Ehrentitel Chorale municipale Sainte-Cécile Wiltz aus.
Aufgrund der beiden Kirchen in der Unter- und der Oberstadt gab es in Wiltz allerdings noch einen zweiten Gesangverein, die Chorale Mixte. 1970 taten beide Chöre sich zusammen und traten fortan als Chorales réunies auf. Bis zur offiziellen Fusion sollte es jedoch noch bis zum 16. März 1999 dauern. Den Höhepunkt der Mitgliederzahl erlebte man denn auch in den 1980erund 1990er-Jahren mit etwa 65 Sängerinnen und Sängerinnen. „Zu dieser Zeit konnten wir sogar doppelchörige Konzerte aufführen, bei denen die jüngeren Sänger im hinteren Bereich der Kirche und die restlichen im vorderen Bereich gesungen haben“, erinnert sich Putz.
Heute zählt der Chor 26 Sängerinnen und 16 Sänger. Während andere Chöre sich über den fehlenden Nachwuchs sorgen, kann man in Wiltz nicht klagen. So sind etwa 15 Mitglieder zwischen 20 und 50 Jahre alt und zählen somit zur jüngeren Generation. Immer wieder stoßen auch neue Sänger dazu – wobei die Sprache kaum eine Rolle spielt. Und doch: „Wir freuen uns natürlich immer über neue Mitglieder“, meint Claude
Windeshausen, der ebenfalls Dirigent und Organist ist. Geprobt wird übrigens immer mittwochs um 19 Uhr.
Im Laufe der Jahre gibt es auch so manche besondere Geschichten, an die man sich gerne erinnert. So legte etwa eine Jacke einer Sängerin eine Orgel lahm, nachdem eine Ansaugstütze diese eingezogen hatte. Ein anderes Mal fiel das Notenbuch von der Empore herab in den gefüllten Kirchenraum. Das Missgeschick während der Kirmesmesse 1971 hielt Josy Putz gar in einem Gedicht fest: „... Ky, Kyri, Ky, Ky, sou kléngt et e poarmol deierlich, du war d'Mass aus, déi sollt dach sinn sou feierlich. / Eist Thérèse geseit mech schon beim Mikro stoen a soen: ,Léif Lekt, et deet eis leed, mä dir musst elo goen.' / Den Dechen hoat fir ropzucke sech nik getraut, hien hat op sengem Stull sech bal veraut. / Och de Kaploun hoat zum Himmel gebeed: ,O Herrgott hëllef, wat hoan se gemeet!'…“Traditionsgemäß kommt denn auch im Dezember der „Kleeschen“und wählt jedes Jahr einige Mitglieder aus, welche die „Levitten“gelesen bekommen. „Das trägt zusätzlich zur guten Stimmung bei“, sagt Windeshausen.
Für Josy Putz ist das Jubiläumsjahr jedoch auch persönlich ein ganz Besonderes.
Nach und nach will er sich nun, nach fast 55 Jahren als Dirigent, zurückziehen. „Mein Traum ist es, dass ich den Chor noch ein paar Jahre als Zuhörer begleiten kann und einen würdigen Nachfolger an meiner Stelle sehe“, betont der Dirigent. Dieser Nachfolger sei nun bereit, meint er weiter und zeigt dabei auf Claude Windeshausen. Zurzeit spielt dieser während der Messen noch die Orgel, während Putz den Dirigentenstab übernimmt. „Wir wechseln uns regelmäßig ab“, so Windeshausen. Die Chorproben leitet Windeshausen größtenteils allein. Für das 150-jährige Bestehen des Chors haben sich die Verantwortlichen ein abwechslungsreiches Programm ausgedacht, angefangen mit einem Concert gastronomique am 28. Januar. Im März finden drei Theateraufführungen und im April eine musikalische Konferenz statt. Am 12. November folgt schließlich das Jubiläumskonzert gemeinsam mit dem Orchester Estro Armonico.
Mit ein Grund für das langjährige Bestehen des Chors ist der Zusammenhalt und die gute Stimmung im Verein. Josy Putz