Was beim Erben und Vererben zu beachten ist
Der Kampf um das Erbe kann ganze Familien entzweien. Daher ist es wichtig, den Nachlass möglichst rechtzeitig und eindeutig zu regeln
Jedes Jahr werden in Luxemburg Millionenvermögen vererbt. Für viele Menschen ist es ein wichtiger Teil ihres Lebenswerks, auch nach ihrem Ableben zum Wohlergehen ihrer Nachkommen beizutragen. Aber ist der Nachlass nicht eindeutig geregelt, droht Streit zwischen den Erben.
Der einfachste Weg dafür ist das Testament. „Wenn Leute verheiratet sind und Kinder haben, ist es recht selten, dass sie ein Testament machen wollen. Das hat dann meistens spezielle Gründe, zum Beispiel, dass sie ein Kind favorisieren. Das ist selten, kommt aber schon mal vor, wenn ein Kind sich beispielsweise mehr um die Eltern gekümmert hat“, sagt der Notar Roger Arrensdorff, der seine Kanzlei in der Hauptstadt hat. „Oder wenn jemand mehrere Kinder hat, manche aber schon Geld erhalten haben, wird das häufig über ein Testament geregelt.“
Ohne präzise Formulierungen drohen Rechtsstreitigkeiten
Grundsätzlich sind es im Code Civil drei Arten von Testament vorgesehen, erklärt Arrensdorff. Zum einen das olografische oder handschriftliche Testament. Damit dieses gültig ist, müssen drei Bedingungen erfüllt sein: Es muss vollständig handschriftlich geschrieben sein, das Datum enthalten und unterschrieben sein. „Das sind die einzigen Bedingungen. Das heißt, theoretisch könnte es auch auf einem Bierdeckel geschrieben sein“, sagt Roger Arrensdorff. Ein solches Testament ist auch ohne Notar gültig, die Pflicht zur Handschriftlichkeit
soll Fälschungen erschweren. Wenn man den letzten Willen selbst verfasst, sei es wichtig, auf eine möglichst einfache und eindeutige Sprache zu achten. „Je komplizierter es wird, desto höher ist das Risiko, dass es Widersprüche gibt. Das endet dann häufig vor Gericht“, so Arrensdorff.
Die zweite Art von Testament wird von einem Notar nach den Wünschen des Vererbenden im Beisein von zwei Zeugen verfasst und am Ende unterschrieben. In gewissen Fällen, wenn die vererbende Person zum Beispiel bereits ein hohes Alter hat oder Erinnerungsschwächen aufweist, sei es sinnvoll, dass man von einem Arzt bestätigen lässt, dass sie in Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte war, sagt der Notar Marc Elvinger aus Ettelbrück. „Das macht man in erster Linie, damit das Testament im Nachhinein nicht vor Gericht angefochten werden kann“, so Elvinger.
Die dritte Variante, die aber inzwischen kaum noch vorkommt, ist das sogenannte „mystische“Testament. Dabei kennt auch der Notar nicht den Inhalt. Der Klient kommt mit einem verschlossenen Kuvert, in dem das Testament drin ist. Das wird dann im Beisein von zwei Zeugen versiegelt und bis nach dem Tod des Vererbenden aufbewahrt. „Rechtlich sind alle diese Arten von Testament gleichgestellt. Da gibt es keinen Unterschied“, sagt Arrensdorff.
Anrecht auf Pflichtteil für direkte Nachkommen
Ganz frei, das Erbe so aufzuteilen, wie man will, ist aber nur, wer keine Kinder hat. Einem einzelnen Kind steht die Hälfte der Erbmasse als Pflichtteil zu. Zwei hinterbliebene Kinder haben ein gesetzliches Anrecht auf jeweils ein Drittel der Erbmasse. Gibt es mehr Kinder, werden drei Viertel der Erbmasse unter ihnen aufgeteilt. Der Rest des Erbes, also mindestens ein Viertel, ist frei verfügbar und kann nach Belieben zugeteilt werden, sofern er nicht schon zu Lebenszeiten verteilt wurde. Der Ehepartner hat kein gesetzliches Anrecht auf einen Pflichtteil.
Oft ist der letzte Wille aber dann doch nicht der letzte Wille, wenn sich die Vorstellung, wer was erhalten soll, ändert. Inzwischen kann man jederzeit auch ein notarielles durch ein handschriftliches Testament ersetzen, entscheidend sei nur das neuere Datum, erklärt Elvinger.
In dem Fall reiche es aber keineswegs aus, einfach ein neues Testament aufzusetzen, sondern es muss explizit erwähnt werden, dass man die vorherigen Testamente widerruft oder dass diese Version eine Ergänzung darstellt. Fehlt dieser Passus und bestehen Widersprüche zu den bestehenden Dokumenten, besteht die Gefahr, dass die neue Fassung ungültig ist oder vor Gericht angefochten werden kann.
Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft können wählen, welches nationale Recht für die Erbschaft angewandt werden soll. Gerade in Luxemburg, das zunehmend internationaler werde, sei es daher in solchen Fällen wichtig, im Testament eindeutig
Wenn das Testament zu Hause aufbewahrt wird, kann es sein, dass es nicht gefunden wird oder ein Hinterbliebener es verschwinden lässt. Natasha Feidt, Notarkandidatin
kann bis zu 48 Prozent betragen. Der Maximalsatz wird ab einer Erbschaft von 1,75 Millionen Euro fällig. „Aufgrund des Wertzuwachses bei Immobilien fallen darunter in Luxemburg viele Erbschaften“, erklärt Roger Arrensdorff.
Laut der Direction de l’Enregistrement, des Domaines et de la TVA (AED) betrug 2021 die Einnahme aus der Erbschaftssteuer rund 117 Millionen Euro. Demnach wurden 748 steuerpflichtige und 3 722 steuerbefreite Erklärungen in dem Jahr bearbeitet. „Durch den Bevölkerungszuwachs nimmt auch die Zahl der Erbschaften kontinuierlich zu“, sagt Romain Heinen, der Direktor der Behörde.
Sobald eine Person stirbt, schreibt die AED alle potenziellen Erben an, die dann die Verpflichtung haben, innerhalb von sechs Monaten eine Erbschaftserklärung abzugeben – oder neun Monate, wenn der Todesfall im Ausland eingetreten ist. Ohne die Erklärung kann das Erbe nicht angetreten werden. Wenn die Frist versäumt wird, können Strafen fällig werden, aber der generelle Anspruch auf das Antreten des Erbes verfällt erst nach 30 Jahren.
Erbschaftserklärung innerhalb von sechs Monaten
Ist keine Erbschaftssteuer zu zahlen, reicht es, die Immobilien in der Erbschaftserklärung anzugeben. Andernfalls muss der gesamte Wert der Erbschaft aufgeschlüsselt werden, damit daraus die Steuer berechnet werden kann. Eine solche Aufstellung kann den möglichen Erben auch dabei helfen, zu entscheiden, ob sie das Erbe überhaupt antreten wollen. Wenn zum Beispiel der Wert der Schulden das Vermögen übersteigt, kann man das auch ausschlagen. „In dem Fall müssen die Erbberechtigten vor Gericht erklären, dass sie das Antreten des Erbes verweigern“, erklärt Natasha Feidt.
Verstirbt jemand, ohne ein Testament zu hinterlassen, geht es erst einmal darum zu prüfen, wer erbberechtigt ist und wie sich die jeweiligen Erbteile aufschlüsseln. „Zunächst muss ein Stammbaum erstellt werden, um zu sehen, wer die gesetzlichen Erben sind. Dabei können beispielsweise Notare helfen, weil sie Zugriff auf das „Registre des personnes physiques“haben“, so Roger Arrensdorff.
Notare können auch dabei helfen, das vollständige Vermögen zu bestimmen. Kinder von Verstorbenen können direkt bei den Banken nach eventuell vorhandenen Vermögenswerten fragen, Neffen oder Nichten können das aber nicht. „Wenn wir eine solche Anfrage bekommen, schicken wir Anfragen an die zehn größten Banken, ob es dort ein Konto des Verstorbenen gibt. Das Gleiche können wir auch zum Beispiel für Immobilien machen. Aber auch bei den Schulden“, erklärt Elvinger.
In einigen Fällen würden aber auch professionelle Familienforscher beauftragt, zum Beispiel um Erben im Ausland ausfindig zu machen. Gelingt es nicht, einen Erben zu finden, wird das Vermögen vom Erbverwalter, der durch das Gericht bestimmt wird, an die Konsignationskasse beim Schatzamt (Trésorerie de l’Etat) übermittelt, für den Fall, dass später Erben noch Ansprüche geltend machen. „Der Staat kann zwar von seinem Recht Gebrauch machen, und diese Güter in das Staatseigentum nach einem längeren Verfahren übernehmen, tut das aber nur sehr selten, wenn ein allgemeiner Nutzen besteht“, sagt Romain Heinen.
Je komplizierter das Testament wird, desto höher ist das Risiko, dass es Widersprüche gibt. Das endet dann häufig vor Gericht. Roger Arrensdorff, Notar