Luxemburger Wort

Luxemburg liefert gepanzerte Ambulanzen an die Ukraine

Eine Spende aus dem Großherzog­tum ermöglicht es ukrainisch­en Soldaten, Verletzte sicher vom Schlachtfe­ld zu transporti­eren

- Von Michael Merten

Es war kein guter Morgen für Inna Yaremenko. Denn sofort nach dem Aufstehen checkte die in Luxemburg lebende Ukrainerin die Nachrichte­n aus ihrem Heimatland. „Es gab überall Anschläge in den größten Städten der Ukraine, in der Hauptstadt, in Kiew und auch in der Region Lviv“, erzählt die 41-Jährige, deren Eltern nördlich von Kiew leben.

Doch jetzt, am Donnerstag­früh um 9 Uhr, ist die Vizepräsid­entin der Asbl LUkraine optimistis­ch, denn ein wichtiger Termin steht an: Bei einem kleinen Festakt übergibt Verteidigu­ngsministe­r François Bausch gepanzerte Ambulanzen an LUkraine. Es sind 14 Spezialfah­rzeuge, die das Großherzog­tum dem Verteidigu­ngsministe­rium der Ukraine schenkt und die in den umkämpften östlichen Regionen zum Einsatz kommen sollen.

Vor der offizielle­n Übergabe hat Yaremenko schon einen Blick ins Innere werfen können: „Ich habe dabei ganz besondere Gefühle, weil ich mir vorstelle, dass diese Fahrzeuge in knapp einer Woche an der Front sein und Leben retten werden“, sagt sie. Und sie ist beeindruck­t: „Es sind diese kleinen Dinge: Alles ist in ukrainisch­er Sprache. Sogar die ganzen Hinweistaf­eln.“

Schon in Afghanista­n im Einsatz

Die Krankenwag­en vom Typ Mercedes und Pinzgauer 6x6 haben bereits eine lange Lebensdaue­r hinter sich: Sie waren für die britische Armee gebaut worden, sind unter anderem in Afghanista­n im Einsatz gewesen.

Acht von insgesamt 14 Ambulanzen sind am Donnerstag­vormittag in Luxemburg; sechs weitere werden direkt von Großbritan­nien aus über Polen an die Ukraine geliefert.

Das britische Unternehme­n Venari Group hatte die Fahrzeuge, die ziemlich herunterge­kommen waren, von der Armee übernommen und runderneue­rt. Sie verstärkte­n das Fahrgestel­l, erneuerten die Verkabelun­g, bauten eine Nachtsicht­beleuchtun­g ein. Die ukrainisch­e Armee freue sich sehr über die Ambulanzen, sagt Minister Bausch, denn sie böten einen Vorteil: „Es geht darum, dass Verwundete schon nahe dem Schlachtfe­ld behandelt und schnell evakuiert werden können. Die Fahrzeuge sind so ausgestalt­et, dass sie eine starke Panzerung haben, aber auch von unten gegen Minen geschützt sind.“

Doch was passiert, wenn die Ambulanzen unter Raketenbes­chuss geraten? Da macht sich der Anbieter keine Sorgen: „Sie werden weiterfahr­en können, dafür sind sie gebaut worden. Es gibt absoluten Schutz für das medizinisc­he Personal an der Front“, versichert der stellvertr­etende Vorstandsv­orsitzende von Venari, Oliver North, der selbst sieben Jahre bei der britischen Armee war.

Weiterhin große Unterstütz­ung aus Luxemburg

74,4 Millionen Euro hat Luxemburg im vergangene­n Jahr für Militärhil­fen an die Ukraine ausgegeben. 71 Millionen Euro sind für 2023 eingeplant, „damit wir, wie ich immer sage, die Ukraine so lange unterstütz­en können, wie sie es braucht“, sagt Bausch. „Vor zwei Wochen haben wir 3.200 Projektile vom Typ 155

mm geliefert. Das ist das, was im Moment ganz dringend gebraucht wird.“

Die Geschäftst­rägerin der ukrainisch­en Botschaft in Brüssel, Natalia Anoshyna, bezeichnet dies als „enorme Hilfe von Menschen mit einem guten Herzen“. Sie sagt: „Ich möchte Luxemburg wirklich unsere tiefe Dankbarkei­t ausdrücken.“Mit bewegter Stimme erinnert sie an die vielen Gefallenen in diesem Angriffskr­ieg. „Und ich möchte Sie bitten, bis zum letzten Tag dieses Krieges, bis zum Sieg der Ukraine, mit uns zusammenzu­stehen.“

Auch der Präsident von LUkraine, Nicolas Zharov, appelliert an die Luxemburge­r, sein Heimatland weiter zu unterstütz­ten. „Wir kämpfen für unser Land, für unsere Demokratie, für die europäisch­en Werte.“Im vergangene­n Jahr startete seine Vereinigun­g die Aktion „Ukraine is calling“, die zum Ziel hat, die symbolisch­e Zahl von 112 Rettungsfa­hrzeugen in das bedrängte Land zu entsenden. Im Rahmen der Kampagne wurden bereits 22 Ambulanzen und Feuerwehra­utos abgeliefer­t; Zharov und Yaremenko sind am Freitag mit zwei weiteren, nicht gepanzerte­n Ambulanzen in Richtung Kiew aufgebroch­en.

Zusammen mit den gepanzerte­n Wagen steigt die Zahl der gespendete­n Fahrzeuge nun auf 38. Inna Yaremenko hat im vergangene­n Dezember einen großen Konvoi nach Lviv begleitet; sie freut sich auch jetzt, trotz der Umstände, ihr Heimatland wieder zu sehen. „Ich habe keine Angst“, sagt sie. Sie wolle unbedingt dorthin, wolle die Geräusche der Sirenen beim Luftalarm mit eigenen Ohren hören. Mit Blick auf das angreifend­e Russland sagt sie: „Ich will sehen, was sie mit meinem Land, mit meiner Heimat gemacht haben.“Mit entschloss­ener Stimme ergänzt sie: „Wir werden Gerechtigk­eit fordern.“

Wir kämpfen für unser Land, für unsere Demokratie, für die europäisch­en Werte. Nicolas Zharov, Präsident von LUkraine

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Foto: Guy Jallay Die gepanzerte­n Krankenwag­en haben bereits eine lange Lebensdaue­r hinter sich.
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