Krise(n), Krieg … kein Bock
Über die Auswirkungen der Ereignisse der jüngeren Vergangenheit auf die Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Die Pandemie ist vorbei. Ihre Auswirkungen, wenn auch nicht sichtbar, beeinflussen die Zukunftsperspektiven der Jugendlichen und jungen Erwachsenen aber weiterhin. Und zwar nachhaltig. Gleiches gilt für die Konsequenzen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Allgegenwärtig in der Aktualität, haben sie entscheidenden Einfluss auf Aussichten, Antrieb und Wohlbefinden.
Der wohl einschneidendste Tag im Leben vieler Bürger des Landes, vor allem aber der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, war der 18. März 2020: An jenem Tag wurde der Notstand ausgerufen. Die Covid-19-Pandemie hatte das Großherzogtum mit voller Wucht erfasst.
Ab jenem Moment war nichts mehr, wie man es zuvor gekannt hatte. Die Bürger durften ihre Wohnungen nur noch verlassen, wenn es unbedingt notwendig war. Zum Einkaufen oder Arbeiten zum Beispiel. Oder um an die frische Luft zu gehen. Die Polizei kontrollierte, ob die Ausgangsbeschränkungen eingehalten wurden. Das gesellschaftliche Leben kam zum Erliegen.
Ab Mitte April desselben Jahres wurde dann sukzessive mal mehr, mal weniger gelockert. Bis zur erlösenden Impfkampagne samt Erreichen der sogenannten Herdenimmunität sollte es aber noch eine Weile dauern.
Schluss mit sozialen Kontakten
Neben den älteren Menschen in Senioren- und Pflegeeinrichtungen waren es immer wieder die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die am stärksten in ihrer Freiheit eingeschränkt und ihrer sozialen Kontakte weitgehend beraubt wurden: Heim- und Präsenzunterricht im wöchentlichen Wechsel, kaum Ausgeh-Möglichkeiten, kein Vereinsleben, Mannschaftssport in stark eingeschränkter Form, wenn überhaupt …
Das Fehlen dessen, was gemeinhin Normalität bedeutet, brachte manchen Jugendlichen während der Pandemie an die Grenze des Erträglichen. Resignation trat an die Stelle von Unternehmungslust, Wissensdrang und Ehrgeiz. Viele sahen gar ihre Zukunft in Gefahr.
Eine Tatsache, die so auch durch den Jugendbericht 2020 (veröffentlicht am 29. September 2021) festgestellt wird: „Die soziale Isolation und körperliche Distanz erleben viele Jugendliche als belastend. Daneben hat die Pandemie negative Auswirkungen auf Zukunftspläne der Jugendlichen. So werden Übergänge ins Studium und den Beruf von den Jugendlichen als erschwert wahrgenommen. Durch Kurzarbeit, steigende (Jugend)Arbeitslosigkeit und damit verbundene Einkommensverluste werden ihre Perspektiven für eine gesicherte Zukunft beeinträchtigt.“(Kap. 7.9; S. 177)
Alles wieder normal? Von wegen!
Wenn auch der Sommer 2022 und die anschließende Schulrentrée „normal“– sprich: ohne Einschränkungen bedingt durch das Covid-19-Virus – verliefen, so ist längst nicht alles wieder so, wie es vor dem 18. März 2020 war. Schuld an der bislang nicht wiedergefundenen „Normalität“ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine.
Inflation, Preisschock und Zinserhöhungen machten jegliche Hoffnung auf eine Rückkehr zum vor-pandemischen Ist-Zustand über Nacht zunichte. Und befeuerten die Ängste der Jugendlichen erneuert.
Viele Heranwachsende befürchten jetzt, dass aus der pandemiebedingten vorübergehenden Perspektivlosigkeit eine dauerhafte wird. Sie machen sich ernste Sorgen um ihre Zukunft. Vielen fehlt es an Orientierung. Sie wissen oftmals nicht, welche Ausbildungsrichtung sie
Vollbeschäftigung nach Studienabschluss bieten, als auch jener Berufe, die durch den rasanten technischen Fortschritt und die dadurch entstandenen neuen Bedürfnisse überhaupt erst entstanden sind.
Bewährte Berufe und innovative Tätigkeitsfelder
Zu der erstgenannten Gruppe gehören beispielsweise die Berufe des Gesundheits- und Pflegesektors, wo es gleichermaßen an Medizinern und Pflegekräften mit unterschiedlichen Spezialisierungen fehlt. Dabei könnten jungen Menschen auf der Suche nach dem passenden Beruf gerade hier Perspektiven aufgezeigt werden. Ein willkommener Nebeneffekt davon wäre eine Reduzierung des Mangels an Fachkräften in diesem Bereich. Gleiches gilt auch für andere Branchen.
Mit der zweitgenannten Gruppe sind jene neueren Berufsbilder gemeint, die vom Luxemburger Bildungssystem aktuell nur unzureichend abgebildet werden, wenn überhaupt. Ohne ins Detail gehen zu wollen: Hier müsste der Fokus vonseiten des Bildungsministeriums verstärkt auf jene Ausbildungen – handwerklicher wie akademischer Art – gelegt werden, die beispielsweise für die energetische Transition im privaten wie im gewerblichen und öffentlichen Bereich in naher Zukunft für die Branche von vitaler Wichtigkeit sein werden.
Ausbildung – Beruf – Familie
Die richtige Ausbildung ist das Schlüsselelement schlechthin, wenn es um Zukunftsperspektiven geht. Der spätere Beruf und das damit verbundene Einkommen bilden die Basis dessen, was es den Erwachsenen von morgen erlauben wird, ihren Lebensunterhalt finanzieren und sich eine angemessene Wohnung leisten zu können. Diese „Rahmenbedingungen“sind wiederum für viele der entscheidende Faktor, wenn die Frage nach der Gründung einer Familie im Raum steht.
Generell gilt: Perspektiven sind essenziell. Vor allem für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Ohne Perspektive keine Motivation, ohne Motivation kein Antrieb, ohne Antrieb keine Ausbildung …
Immerhin wurden die Auswirkungen der Pandemie samt durchwachsener Zukunftsperspektiven auf ihr Wohlbefinden erforscht und im Jugendbericht festhalten.
Für die Konsequenzen des Krieges ist das nicht der Fall. Deswegen, und weil die Wunden der Pandemie noch nicht ganz verheilt sind, sollte man sich gerade jetzt um die Jugendlichen kümmern. Auf sie zugehen. Sie beobachten. Ihnen zuhören. Ihre Sorgen ernst nehmen.
Wo ist der Alarmknopf?
Leider fehlt den Jugendlichen eine „Lobby“, ein Sprachrohr … ein Alarmknopf. Die Warnlampe blinkt bereits. Es ist noch nicht zu spät. Aber es ist höchste Zeit, die stillen Hilferufe zu erkennen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und den Erwachsenen von morgen mit Förderprogrammen und Sensibilisierungskampagnen wieder verstärkt Lust auf Zukunft zu machen.
*Marc Spautz ist Abgeordneter der CSV, Christian Weis ist CSV-Schöffe der Stadt Esch/Alzette.