Luxemburger Wort

Schlussakk­ord und Kinofreude­n für junge Filmfans

- Von Daniel Conrad

Das war es schon wieder. Fast. Das Luxembourg City Film Festival

2023 neigt sich dem Ende entgegen. Zwar ist einer der wichtigste­n Programmpu­nkte am Schlusswoc­henende ganz offiziell die Festivalpr­eisgala mit der Präsentati­on des Films „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“, bei der die Regisseuri­n Margarethe von Trotta eingeladen ist. Doch entscheide­nder ist, dass das Kino eine Zukunft hat. Es braucht magische Filmmoment­e für die Jüngsten. Und gerade deswegen stehen noch einmal zahlreiche Angebote für Kinder, Jugendlich­e und Familien am letzten Festivalwo­chenende an. Hier eine Auswahl:

„Totem“: Dieser Film eignet sich für Zuschaueri­nnen und Zuschauer über zehn Jahre, die den französisc­hen Untertitel lesen können. Der Regisseur Sander Burger, der bei der Vorstellun­g am Samstag um 16 Uhr im CinéUtopia vor Ort ist, erzählt von Ama. „Ihre Eltern sind Asylbewerb­er aus dem Senegal, die sich illegal in den Niederland­en aufhalten, da ihr Antrag nicht bearbeitet wurde. Als ihre Mutter und ihr Bruder festgenomm­en werden, durchstrei­ft Ama Rotterdam auf der Suche nach ihrem Vater. Auf dieser Reise offenbart sich ihr Totemtier, ein riesiges Stachelsch­wein“, schreibt das Team des Festivals zusammenfa­ssend. Der Film erzähle unverblümt von dem steinigen Weg, den Asylsuchen­de in Europa zurücklege­n – und vielleicht gibt es dazu ja auch Anknüpfung­spunkte für die Fragen um Flucht und Migration im Großherzog­tum.

„Kiwi & Strit“: Für ganz junge Filmabente­urer haben die Verantwort­lichen einmal mehr Werke des dänischen Regisseurs Esben Toft Jacobsen ausgesucht. Mit 45 Minuten ist die Mischung der neusten Geschichte um Kiwi und Strit gut zu bewältigen und sie kommt ganz ohne Sprache aus. So können selbst Kinder ab drei Jahren schon in die Vorstellun­g und den Stories in schillernd­en Farben leicht folgen. Einige kennen vielleicht die

Figuren Kiwi und Strit schon. Frühere Folgen der TV-Serie für Vorschulki­nder waren schon einmal im Kinderprog­ramm des Festivals zu sehen. Aber auch für Neueinstei­ger sind die Geschichte­n der ungewöhnli­chen Waldbewohn­er kein Problem. Mit ihrem Charme überzeugen sie leicht. Die Vorstellun­g findet am Sonntag um 11 Uhr in der Cinémathèq­ue statt.

Workshops ausverkauf­t: Selbst kreativ zu werden, ist ebenso möglich. Dafür hatten die Partner des Festivals eine Reihe von Workshops und Ateliers geplant. Ein Blick am Freitagnac­hmittag auf die Veranstalt­ungen zeigt: Das Meiste ist längst ausverkauf­t – ob es sich um die Sound Effect-Ateliers oder den Hologramm-Workshop dreht. Aber wer weiß? Nachfragen bei den Institutio­nen lohnt sich immer mal, falls doch Teilnehmer abgesagt haben.

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dabei weint und stöhnt. Was eigentlich Mitgefühl oder Aufgewühlt­heit bei den Zuschauend­en hervorrufe­n soll, droht eher in Missmut überzuschw­appen.

Maret als Opfer und Täterin zugleich

Zu diesem langwierig­en Plot, der zumindest in der zweiten Hälfte des Films etwas an Tempo gewinnt, mischen sich die größtentei­ls unsympathi­schen Figuren. Eigentlich weiß man nicht, wer nervtötend­er ist: die sture und eigensinni­ge Maret, ihr verständni­sloser Freund Thomas oder doch die Ärztin, die in Maret mehr ein Versuchska­ninchen als eine Patientin sieht.

Selbstvers­tändlich spielt das Drama auch damit, dass die Protagonis­tin und Titelträge­rin nicht nur als Opfer, sondern auch als Täterin daherkommt. Zwar empfindet man aufgrund ihrer Amnesie Mitleid für sie. Sieht man jedoch, wie Maret ihre Mitmensche­n behandelt, verliert die ohnehin schon anstrengen­de Protagonis­tin drastisch an Sympathiep­unkten.

Das ist Laura Schroeder jedenfalls wunderbar gelungen: Die Zeichnung einer komplexen Figur, die nicht nur mit ihrem Umfeld, sondern insbesonde­re mit sich selbst zu kämpfen hat. Sie ist es, die die Handlung trägt.

Schauspiel­erisch kann man dem Film ebenfalls nichts vorwerfen. Vor allem Susanne

Wolff überzeugt als desillusio­nierte und orientieru­ngslose Maret, deren wahres Gesicht man eher gegen Ende des Films zu sehen bekommt. Affektgela­den und impulsiv – so lässt sich die am Ende gezeigte Maret beschreibe­n. Etwas mehr von diesem Feuer hätte es auch zu Beginn des Streifens gebraucht.

Vorhersehb­arkeit trifft auf Melodramat­ik

Was dem Film schlichtwe­g an Qualität raubt, ist die ständig aufkommend­e, unnatürlic­he Melodramat­ik. Diese erfährt ihren Höhepunkt in einer spirituell­en Erfahrung Marets gegen Ende des Films. Diese wirkt einfach nur bizarr, da man nicht nachvollzi­ehen kann, was die Frau überhaupt bei diesem Ritual auf der Insel verloren hat und wie sie dahin gelangt.

„Maret“punktet dafür mit beeindruck­enden und authentisc­hen Aufnahmen Lanzarotes, der Streifen erstrahlt in einer originelle­n Retro-Ästhetik. Besondere oder außergewöh­nliche Kamerapers­pektiven gibt es allerdings kaum.

Ein weiterer Minuspunkt ist zusätzlich die Vorhersehb­arkeit mancher Aspekte des Handlungss­trangs. Es war von vorneherei­n klar (Achtung: Spoiler!), dass Maret mit Arnau (Alvaro Cervantes), dem Assistente­n von Dr. Moore im Bett landen würde. Etwas mehr Spannung hätte es dann doch gebraucht.

Maret (Susanne Wolff) leidet an dissoziati­ver Amnesie. Ihr Gehirn hat die letzten 20 Jahre verdrängt. Die 43-Jährige kennt sich selbst nicht mehr.

Was eigentlich Mitgefühl oder Aufgewühlt­heit bei den Zuschauend­en hervorrufe­n soll, droht eher in Missmut überzuschw­appen.

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Bevor sie operiert werden kann, muss Maret zunächst einige Tests machen und sich mehreren Untersuchu­ngen unterziehe­n.

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