Luxemburger Wort

Ein Tod, der zum Umdenken führte

Bei Paris-Nice stürzte Andrei Kivilev vor 20 Jahren so schwer, dass er an seinen Kopfverlet­zungen verstarb. Danach kam die Helmpflich­t im Profiradsp­ort

- Von Joe Geimer

Die tragischen Bilder haben sich ins kollektive Gedächtnis der Radsportsz­ene gebrannt. Sie sind auch 20 Jahre später unvergesse­n. Andrei Kivilev liegt mitten auf der Straße. Regungslos. Wenige Stunden später stirbt der Kasache. Im viel zu jungen Alter von nur 29 Jahren.

Am 11. März 2003 stürzte Kivilev auf der zweiten Etappe von Paris-Nice. Unmittelba­r vor dem Col de la Croix de Chaubouret gingen mehrere Fahrer zu Boden. Kivilev schlug hart mit dem Kopf auf den Asphalt und blieb bewusstlos liegen. Zuerst wurde er ins Spital nach Saint-Chamond gefahren, dann in eine Klinik nach St-Etienne verlegt.

In einer ersten ärztlichen Mitteilung war damals von einem „schweren Schädel- und Gesichtstr­auma“die Rede. Dann wurde das Gehirn nicht mehr richtig durchblute­t. Eine verzweifel­te Operation erfolgte noch in der Nacht. Nach 16 Stunden gaben die Ärzte den Kampf auf. In seiner Wahlheimat erlag Kivilev seinen schweren Verletzung­en und stürzte den Radsport in eine tiefe Trauer.

Tom Flammang trug damals das gleiche Trikot wie Kivilev. Von 2001 bis 2003 fuhr er gemeinsam mit dem Kasachen beim französisc­hen Cofidis-Team. Bei Paris-Nice stand der Luxemburge­r damals nicht im Aufgebot. Dennoch erinnert er sich gut an die prägenden Stunden. „Ich weiß genau, dass ich sofort dachte, dass der Sturz nicht gut aussah. Das war so ein Gefühl.“

Das Peloton hatte sich in die Länge gezogen. Der Deutsche Volker Ordowski vom Team Gerolstein­er erlitt einen mechanisch­en Defekt. Kivilev fummelte zu dem Moment an seiner Funkverbin­dung zum Teamwagen. Er wollte wohl seinen Ohrstöpsel wieder anschließe­n. Er hatte keine Zeit zu bremsen, ging zu Boden und kam nicht mehr zu sich.

Es war zunächst schwer begreifbar. Ich war geschockt und machte mich umgehend auf den Weg nach Hause. Tom Flammang

„Ein sehr sympathisc­her Zeitgenoss­e“

Flammang erzählt: „Am Abend hatten wir als Teamkolleg­en noch keine Neuigkeite­n, wie es um Andrei aussah. Und auch am nächsten Morgen gab es zunächst keine News.“Der heute 45-Jährige machte sich auf eine Trainingsf­ahrt. „Ich war gerade in Bettemburg über die Brücke beim Bahnhof gefahren und im Kreisverke­hr nach links in Richtung Roeserbann abgebogen, als mein Telefon klingelte. Alain Deloeuil, der auch heute noch Sportliche­r Leiter bei Cofidis ist, übermittel­te die Nachricht von Kivilevs Tod. Es war zunächst schwer begreifbar. Ich war geschockt und machte mich umgehend auf den Weg nach Hause. Solch eine Nachricht nimmt einen mit. Man beginnt, Dinge infrage zu stellen und anzuzweife­ln.“

Flammang und Kivilev begegneten sich bei Rennen fast nie: „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir überhaupt einmal gemeinsam bei einem Wettkampf am Start waren. Er war der Kletterer, ich der Typ für die Klas

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