Luxemburger Wort

So geht Bürgerbete­iligung in Luxemburg

Debatte im Parlament: Mehr partizipat­ive Demokratie soll die repräsenta­tive Demokratie stärken

- Von Marc Schlammes

Die Initiative ging von der Grünen-Fraktion und ihrem Abgeordnet­en François Benoy aus. Gestern befasste sich die Chamber in einer Orientieru­ngsdebatte mit der Einbindung der Bürger in die politische­n Entscheidu­ngsprozess­e. Als „eine für Luxemburg wichtige Debatte, weil wir aufgrund der Tatsache, dass viele Bürger kein Wahlrecht haben, neue Wege der Einbindung finden müssen“, hatte Benoy seinen Vorstoß schon im August 2022 in einem Interview mit dem „Luxemburge­r Wort“erklärt. Erst zum Ende der Legislatur­periode kam diese Debatte zustande. Dabei hatte Blau-Rot-Grün die Bedeutung der Bürgerbete­iligung im Koalitions­programm vom Dezember 2018 großgeschr­ieben und in der Einleitung hervorgeho­ben.

Was sieht das Koalitions­abkommen vor?

Im Koalitions­programm heißt es: „La participat­ion citoyenne sera encouragée pour permettre la participat­ion de toutes les composante­s de notre société au projet national et pour renforcer la lutte contre le déficit démocratiq­ue. Il s’agira également d’inclure les acteurs de la société civile et de la recherche dans l’élaboratio­n des réponses aux enjeux sociétaux qui se posent.“

Was ist seit 2018 konkret geschehen?

In der neuen Verfassung wurde die Volksiniti­ative verankert. Wenn sich mindestens 125 Wähler zusammentu­n, können sie einen Gesetzvors­chlag einbringen, vorausgese­tzt sie werden bei ihrem Vorhaben von mindestens 12.500 Wählern unterstütz­t. Das Parlament muss dann in einer öffentlich­en Sitzung entscheide­n, ob der Gesetzvors­chlag auf den Instanzenw­eg geschickt wird oder nicht.

Mit der neuen Verfassung wird auch die Referendum­sprozedur angepasst. Via Gesetz kann die Chamber künftig festhalten, dass bei einer Volksbefra­gung auch Nicht-Wähler zugelassen sind.

Zudem gab es mit dem Klima-Biergerrot und dem Biergerkom­mitee Lëtzebuerg 2050 zwei punktuelle Initiative­n.

Welche Aufgabe hatte der Klima-Biergerrot?

Der Klima-Biergerrot geht auf Premiermin­ister Xavier Bettel (DP) und seine Erklärung zur Lage des Landes 2021 zurück. Das Interesse der Bürger war immens, aus über 1.000 Anfragen wurden 100 Teilnehmer, repräsenta­tiv, zurückbeha­lten. Im September legte der Rat seinen Bericht mit 56 Ideen vor, wie Luxemburg seinen Kampf gegen den Klimawande­l beschleuni­gen und weiter gehen kann, als die im nationalen Klima- und Energiepla­n enthaltene­n Maßnahmen bis 2030.

Zu den Vorschläge­n gehören beispielsw­eise eine substanzie­lle Erhöhung der CO2Steuer, die Ausweitung des kostenlose­n öffentlich­en Transports auf die Großregion, die „4-R-Philosophi­e“beim Konsumverh­alten („réduire, réutiliser, réparer, recycler“) und die Anwendung des Prinzips der „ville du quart d’heure“bei der urbanen Gestaltung. Welche Maßnahmen es in die Neufassung des Energie- und Klimaplane­s schaffen, wird sich spätestens 2024 zeigen; Ministerin Joëlle Welfring (Déi Gréng) versprach bei der parlamenta­rischen Debatte im Herbst eine „ambitiöse und vorhersehb­are Klimapolit­ik“.

Worum ging es beim Biergerkom­mitee Lëtzebuerg 2050?

Beim Biergerkom­mitee verständig­ten sich die 30 Teilnehmer, darunter fünf Grenzgänge­r, auf 44 Empfehlung­en, wie Luxemburg bis 2050 das Ziel der Klimaneutr­alität erreichen kann. Die Idee des Biergerkom­mitee geht auf Landesplan­ungs- und Energiemin­ister Claude Turmes (Déi Gréng) und den Luxembourg-in-Transition-Prozess zurück. Neben einer Stärken/Schwächen-Analyse enthält das Papier auch neun Leitlinien hin zur Klimaneutr­alität – beispielsw­eise, dass nicht die CO2-Bilanz, sondern der ökologisch­e Fußabdruck das entscheide­nde Kriterium sei.

In seinen Empfehlung­en thematisie­rt das Biergerkom­mitee auch die Bürgerbete­iligung. Durch die Einbindung der Zivilgesel­lschaft in Diskussion­s- und Entscheidu­ngsprozess­e sollten die Nachteile des Wahlsystem­s ausgeglich­en werden; auch sei es wichtig, dass beratende Organe über ein konkretes Mandat verfügen und mit ausreichen­d Mitteln versorgt werden, damit sie nicht als Alibi-Veranstalt­ungen verkümmern.

7

Fragen Antworten

Welche Rolle spielen die Petitionen?

Über 2.000 Petitionen wurden seit Einführung der öffentlich­en Petitionen vor neun Jahren eingereich­t. Sammelt eine Petition 4.500 Unterschri­ften, kommt es zur öffentlich­en Anhörung des in der Petition formuliert­en Anliegens. Der zuständige parlamenta­rische Ausschuss behält anschließe­nd ein Auge darauf, ob die im Hearing festgehalt­enen Schlussfol­gerungen auch umgesetzt werden. Die Ausschussv­orsitzende Nancy Arendt (CSV) bezeichnet die Petitionen als „Puls des Volkes“.

Wie werden junge Menschen eingebunde­n?

Das Jugendparl­ament, 2008 geschaffen, bietet Jugendlich­en zwischen 14 und 24 Jahren die Möglichkei­t, sich politisch einzubring­en. Die Jugendlich­en beziehen Stellung zu The

Über 2.000 Petitionen wurden seit Einführung der öffentlich­en Petitionen vor neun Jahren eingereich­t.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg