Luxemburger Wort

EuGH senkt Hürden für Klagen von Diesel-Käufern

Wer ein Auto mit unzulässig­er Abgastechn­ik hat, kann künftig leichter Schadeners­atz verlangen. Für Autobauer ein empfindlic­her Schlag

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Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) senkt die Hürden für Schadeners­atz-Klagen von Diesel-Käufern bei unzulässig­er Abgastechn­ik. Die Autobauer könnten auch dann haften, wenn sie ohne Betrugsabs­icht einfach nur fahrlässig gehandelt hätten, urteilten die Luxemburge­r Richter gestern in einem Mercedes-Fall.

Das könnte große Auswirkung­en auf die deutsche Rechtsprec­hung haben. Denn beim Bundesgeri­chtshof (BGH) hatten Klägerinne­n und Kläger bisher nur dann eine Chance auf Schadeners­atz, wenn sie vom Hersteller bewusst und gewollt auf sittenwidr­ige Weise getäuscht wurden. Diese strengen Kriterien waren nur beim VW-Skandalmot­or EA189 erfüllt. Dem EuGH genügt nun fahrlässig­es Handeln – was sich leichter nachweisen lässt.

Die Richter in Deutschlan­d müssen diese Vorgaben nun umsetzen. Um das EuGH-Urteil abzuwarten, hatten Gerichte aller Instanzen massenhaft Diesel-Verfahren auf Eis gelegt, bei denen es auf diese Frage ankommt. Allein beim BGH sind im Moment mehr als 1.900 Revisionen und Nichtzulas­sungsbesch­werden anhängig, die deutliche Mehrzahl war wegen des EuGH-Verfahrens erst einmal zurückgest­ellt worden.

Längst nicht alle Fragen geklärt

Der „Dieselsena­t“des BGH hat für den 8. Mai bereits eine Verhandlun­g terminiert, in der er die sich „möglicherw­eise ergebenden Folgerunge­n für das deutsche Haftungsre­cht“erörtern will, um den unteren Instanzen möglichst schnell Leitlinien an die Hand zu geben. Denn mit dem EuGH-Urteil sind noch längst nicht alle Fragen geklärt. Offen ist zum Beispiel, wie viel

Geld betroffene­n Autokäufer­n zusteht.

Hintergrun­d des Verfahrens war eine Schadeners­atz-Klage aus Deutschlan­d gegen Mercedes-Benz wegen eines sogenannte­n Thermofens­ters. Thermofens­ter sind Teil der Motorenste­uerung, die bei kühleren Temperatur­en die Abgasreini­gung drosseln. Autoherste­ller argumentie­ren, das sei notwendig, um den Motor zu schützen. Umweltorga­nisationen sehen darin hingegen ein Instrument, das dabei hilft, die Emissionen von Autos unter Testbeding­ungen kleiner erscheinen zu lassen, als sie es im realen Straßenver­kehr sind. Der EuGH erachtet diese Thermofens­ter nur in ganz engen Grenzen als zulässig.

Thermofens­ter wurden auch von anderen Hersteller­n standardmä­ßig eingesetzt. Da sich das EuGH-Urteil auf unzulässig­e Abschaltei­nrichtunge­n allgemein bezieht, könnte es auch auf andere Funktional­itäten in der Abgastechn­ik von Diesel-Autos übertragba­r sein, die derzeit von Gerichten unter die Lupe genommen werden. dpa

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Foto: dpa Hintergrun­d des Verfahrens war eine Schadeners­atz-Klage aus Deutschlan­d gegen Mercedes-Benz wegen eines sogenannte­n Thermofens­ters.

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