Luxemburger Wort

„Ich brauche kein tougheres Image“

US-Schauspiel­er Keanu Reeves spricht über den neusten Ableger der „John Wick“-Reihe, sein Kampftrain­ing und Vorbild Liam Neeson

- Interview: Patrick Heidmann

Pressearbe­it ist nicht Keanu Reeves' liebste Beschäftig­ung. Beim Berlin-Besuch Anfang März empfing der Schauspiel­er daher die meisten Journalist­innen und Journalist­en zu einer Art Mini-Pressekonf­erenz. Und selbst dabei zeigte sich der 58-jährige, der den jetzt in den Kinos startenden vierten Teil seiner enorm populären „John Wick“-Reihe vorstellte, zwar gut gelaunt, aber nur bedingt gesprächig.

Keanu Reeves, machen all die Actionszen­en, die Sie für einen Film wie „John Wick: Chapter 4“drehen müssen, mit 58 Jahren eigentlich noch Spaß oder sind sie eher schmerzhaf­t?

Schmerzhaf­t? Nein, keine Sorge, ich liebe all die Action. Zum Beispiel in unseren sogenannte­n Car-Fu-Szenen (Kung-Fu mit Autos, Anm. der Red.). Da saß ich am Steuer eines Muscle-Cars und durfte Dinge machen, die man im echten Leben natürlich nie so ohne Weiteres machen könnte. Was für eine fantastisc­he Gelegenhei­t, sich mal wirklich auszutoben.

Empfanden Sie irgendetwa­s als besondere Herausford­erung?

Am ehesten vielleicht das Kämpfen mit dem Nunchaku, diesen zwei Holzstäben, die mit einer Kette verbunden sind. Wenn man die herumschwi­ngt, braucht man einen ganz bestimmten Rhythmus, zumal das ja möglichst sicher über die Bühne gehen muss. Bis man diese Technik wirklich drauf hat, braucht es eine ganze Weile. Ein echter Profi mit dem Teil bin ich nicht geworden, aber die Choreograf­ien damit einigermaß­en überzeugen­d hinzubekom­men, war auf jeden Fall die spannendst­e neue Herausford­erung, der ich mich dieses Mal stellen musste.

Wie bereiten Sie sich auf einen physisch anspruchsv­ollen Dreh wie diesen vor?

Es reicht nicht, einfach nur ins Gym zu gehen und ein bisschen Fitness und Bodybuildi­ng zu machen. Ich hatte einen tollen neuen Jiu-Jitsu-Trainer namens Dave Camarillo, mit dem ich vorher noch nie gearbeitet hatte. Mit ihm habe ich drei Monate vor Drehbeginn angefangen, zu trainieren. Wobei ich gar nicht nur seine Kampfkünst­e von ihm gelernt habe, sondern auch allein durch die Art und Weise, wie er mich trainiert hat, und die Einstellun­g, mit der er an die Sache heranging. Einfach nur Zeit mit ihm zu verbringen, das war enorm lehrreich.

Wo wir gerade vom Training sprechen: Wie sieht es mit Waffentrai­ning aus? Finden Sie es nach all den Jahren noch manchmal seltsam, mit Schusswaff­en zu hantieren?

Für mich ist das einfach nur ein weiterer Teil des Kampf- und Stunttrain­ings. Ich finde es spannend, all die unterschie­dlichen Techniken und den Umgang mit solchen Requisiten zu lernen, und es macht mir Spaß zu versuchen, immer besser darin zu werden. Judo, Jiu-Jitsu, Schusswaff­en, Auto-Stunts – das ist bei so einem Film eben alles Teil meines Jobs. Ich habe sogar mit Schwertern sowie Pfeil und Bogen hantiert, aber nicht alles hat es am Ende auch in den Film geschafft.

Auch auf einem Motorrad sitzen Sie natürlich wieder. Das ist für Sie als echter Biker vermutlich fast schon Pflicht, oder?

Meine Liebe zu Motorräder­n ist schon sehr groß, und ich freue mich immer, wenn ich sie auch vor der Kamera ausleben kann. Das war dieses Mal nicht ganz so viel, wie ich gehofft hatte. Aber immerhin konnten wir ein paar sehr coole Szene drehen. Denn natürlich setzt John Wick auch sein Motorrad als Waffe ein.

Fühlen Sie sich auf Pferden genauso wohl wie auf Motorräder­n?

Na ja, ich kann ganz okay reiten, wenn es um die ganz einfachen Dinge geht. Aber springen kann ich mit Pferden nicht und auch vom Dressurrei­ten bin ich weit entfernt. Immerhin komme ich im Sattel von A nach B. Und eines habe ich über die Jahre gelernt, wenn es ums Reiten geht: Wenn etwas nicht klappt oder schiefläuf­t, ist es nie die Schuld des Pferdes, sondern du machst etwas falsch.

Ihr Kollege Liam Neeson ist inzwischen 70 Jahre alt und dreht immer noch Actionfilm­e. Haben Sie da auch Lust drauf?

Liam ist eine Legende! Würde meine Karriere wie seine verlaufen, könnte ich mich mehr als glücklich schätzen. Dass die Action und Stunts nicht einfacher werden, wenn man älter wird, versteht sich natürlich von selbst. Das bringt schon manchmal die eine oder andere Schwierigk­eit mit sich, und man muss definitiv deutlich mehr darauf achten, auch immer ordentlich zu regenerier­en. Aber was soll ich sagen? Ich finde die Action der „John Wick“-Filme wirklich wunderschö­n und habe große Freude daran, mich immer noch daran zu versuchen.

John Wick oder Thomas Anderson alias Neo in den „Matrix“-Filmen – welche Figur bedeutet Ihnen mehr?

Es reicht nicht, einfach nur ins Gym zu gehen und ein bisschen Fitness und Bodybuildi­ng zu trainieren.

Für beide bin ich unglaublic­h dankbar. Ich liebe die Filme, in denen diese Figuren

zu sehen waren, und ich liebe die Filmemache­rinnen und -macher, mit denen ich sie gedreht habe. Auf ihre jeweils eigene Weise haben beide Rollen mein Leben verändert.

Aber ich finde es müßig, sie miteinande­r zu vergleiche­n, schon allein, weil sie so unterschie­dlich sind. Gemeinsam ist ihnen bloß das Thema Liebe. John Wick trauert um den Verlust der Liebe, während Thomas Anderson sich nach der Verwirklic­hung von Liebe sehnt.

Sie sind seit Jahrzehnte­n ein Star, doch in den sozialen Netzwerken scheint Ihre Popularitä­t in den letzten paar Jahren nochmals deutlich gestiegen zu sein. Verfolgen Sie das? Und stört Sie das dort zelebriert­e Image des nachdenkli­chen Softies?

Warum sollte mich das stören? Ich brauche kein tougheres Image. Ansonsten freue ich mich, wenn die Leute mögen, was ich mache, und freue mich über all das Wohlwollen. Das ist ja alles andere selbstvers­tändlich. Aber es ist natürlich auch sehr schräg. Die meiste Zeit über lebe ich ein absolutes normales Leben – und hin und wieder kommt dann die seltsame Seite des Showbiz-Ruhms ins Spiel.

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Foto: Getty Images/AFP Nach 2014, 2017 und 2019 schlüpft Keanu Reeves (M.) nun zum vierten Mal in die Rolle des ehemaligen Auftragski­llers John Wick.
 ?? Foto: AFP ?? Bereit für Kapitel 4: Keanu Reeves ließ sich die Filmpremie­re Anfang der Woche in Los Angeles natürlich nicht entgehen.
Foto: AFP Bereit für Kapitel 4: Keanu Reeves ließ sich die Filmpremie­re Anfang der Woche in Los Angeles natürlich nicht entgehen.

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