Klimaschutz ist zumutbar
Eigentlich hätte es diesen Bericht gar nicht mehr gebraucht, um den dringenden Handlungsbedarf zu betonen – denn seit vielen Jahren liegen ausreichend wissenschaftliche Fakten vor. Einmal mehr bekräftigt der Weltklimarat also Anfang der Woche, dass der Kampf gegen den Klimawandel keinen Aufschub mehr duldet und appelliert an die Politik, sich vom „Weiter-so“-Modus zu verabschieden. Die Alternative zum Nicht-Handeln sind nämlich immer heftigere und immer häufigere Wetterextreme – unter denen heute schon die Hälfte der Menschheit leidet. Nur zu dumm, dass Nicht-Handeln als die behaglichere Alternative im Hier und Heute gilt, weil dadurch Lebensgewohnheiten und -standards nicht infrage gestellt werden. Und doch verdeutlicht das jüngste IPCC-Dokument nochmals, dass diese „Nach-mir-die-Sintflut“-Mentalität die Sintflut auch tatsächlich provoziert. Nicht erst übermorgen. Sondern schon morgen.
Nicht-Handeln ist die behaglichere Alternative im Hier und Heute.
Für den tristen Klima-Zustand des Planeten ist jeder Bürger verantwortlich, wobei eine besondere Haftung bei den „Grillmeistern“in der Industriestaaten liegt. Folglich steht auch jeder in der Pflicht, zur Genesung beizutragen. Diese hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die richtigen Rezepte verschrieben werden. Dafür verantwortlich ist die Politik.
In den Parlamenten werden die gesetzlichen Grundlagen geschaffen. Dort braucht es Politiker, die den klimapolitischen Ernst der Lage verinnerlicht haben und ihren Bürgern auch unbequeme Weichenstellungen zumuten, die sie aus ihrer klimaschädlichen Komfortzone reißen. Das sollte auch in Luxemburg möglich sein, wo laut Politmonitor-Umfrage der Klimawandel auf Platz zwei der Aufgaben rangiert, die die Politik dringend erledigen soll.
Doch trotz eines achtbar ausgestatteten Werkzeugkastens mit Klimapakt, Klimaplan und Klimagesetz fehlt weiterhin ein wichtiges Instrument: Der NachhaltigkeitsCheck, mit dem jede politische Entscheidung auch auf ihre Klimarelevanz und ihre Auswirkung auf die nationale CO2-Bilanz überprüft wird. Denn diese CO2-Bilanz verdient bislang höchstens die Note zufriedenstellend und bis zum Ende des Jahrzehnts bleibt mit der festgelegten Halbierung der Emissionen noch eine weite Wegstrecke.
Folglich sind keine prophetischen Fähigkeiten nötig, um zu behaupten, dass dieses Ziel verfehlt wird, wenn die Klimapolitik weiterhin wie ein lästiges Anhängsel der Wirtschafts- und Sozialpolitik gehandelt wird. Beispielhaft dafür ist die unter Politikern weit verbreitete „Ja, aber…“-Taktik: Erst wird Klimaschutz großspurig beschworen – und im gleichen Atemzug wird wahlweise mit ideologischen, ökonomischen oder sozialen Argumenten zurückgerudert.
Das ist Etikettenschwindel und wird der Herausforderung nicht gerecht, die der Weltklimarat zu Wochenbeginn wiederholt angemahnt hat. Und falls den Wählern das Klima wirklich wichtig ist, sollten sie mit Blick auf den 8. Oktober die Wahlprogramme auf diese Taktik überprüfen – und die enttarnten Parteien und Politiker nicht mit ihren Stimmen belohnen.
Kontakt: marc.schlammes@wort.lu