Direktklage gegen hohe Polizeikader
Polizeigewerkschafter Pascal Ricquier will sich gegen eine Klage wehren. Die Vorwürfe waren vor Gericht aber Nebensache
Auf der Feuille d'audience des Bezirksgerichts Luxemburg standen am Freitag zwölf ranghohe Polizeikader. Pascal Ricquier, der Präsident der Polizeigewerkschaft (SNPGL) und Vize-Präsident des Syndicat professionnel de la force Publique (SPFP), hatte die Beamten im Zuge einer Direktklage vor das Gericht zitiert. Der Sitzungssaal blieb aber weitgehend leer. Die Polizisten ließen sich von ihrem gemeinsamen Anwalt, Me Rosario Grasso, vertreten.
Die Direktklage ist eine Reaktion auf eine gemeinsame Klage der Polizeikader gegen Pascal Ricquier. Ende 2019 hatte dieser in seiner Funktion als SPFP-Präsident bei der Generalversammlung der Gewerkschaft die Polizeiführung stark kritisiert. Es seien frappant falsche Zahlen zu geleisteten Überstunden von Polizisten vorgelegt worden. Wegen der mutmaßlich gefälschten Angaben forderte der SPFP damals den Minister für innere Sicherheit, François Bausch (Déi Gréng), auf, die Inspection générale de la police (IGP) mit Ermittlungen zu befassen. Zwölf ranghohe Polizeikader hatten in der Folge Klage wegen Verleumdung gegen Pascal Ricquier eingereicht. Die IGP führte Ermittlungen, letzten Endes kam es aber zu keinem Gerichtsverfahren. Die Staatsanwaltschaft sprach jedoch eine formelle Verwarnung aus. Laut dieser wurde die Strafaktion in
Bezug auf die ihm vorgeworfenen Taten ausgesetzt, es sei denn, sie würde sich wiederholen. In der Folge hatte Pascal Ricquier eine Direktklage wegen Falschanschuldigungen (Dénonciations calomnieuses) gegen die zwölf Polizisten eingereicht. Gegen die Verwarnung ging der Gewerkschaftler hingegen vor dem Verwaltungsgericht vor. Eine Entscheidung steht noch aus.
Diskussionen um Gesetzesartikel
Um die eigentlichen Vorwürfe drehte sich die Gerichtsverhandlung am Freitag jedoch nicht. Vielmehr stand die Frage im Mittelpunkt, ob die Direktklage überhaupt zulässig ist. Entscheidend dafür ist die Auslegung des Artikels 35 des Statut général der Staatsbeamten. Laut diesem sind Zivilaktionen gegen einen Beamten vor einem Straf- oder Kriminalgericht nur möglich, wenn das Tribunal zuvor von der Staatsanwaltschaft mit dem Fall befasst wurde.
Laut dem Anwalt von Pascal Ricquier, Me Marc Kohnen, führe dies aber nicht zu einer Unzulässigkeit der Direktklage. Der Artikel setze nur den Rahmen für Schadensersatzforderungen vor einem Gericht. Er schaffe aber für Staatsbeamten keine Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung – auch wenn diese nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern von Privatpersonen im Zuge einer Direktklage eingeleitet werde.
Laut dem Anwalt der zwölf Polizisten sei die Direktklage aufgrund der Gesetzeslage jedoch unzulässig. Dies würde sich auch aus der Rechtssprechung ergeben. Zu dem gleichen Schluss kam ebenfalls ein Vertreter der Staatsanwaltschaft.
Die Richter treffen nun am 27. April eine Entscheidung. Im Juni soll derweil eine Direktklage von Pascal Ricquier gegen den früheren Armeegeneral Alain Duschène verhandelt werden. Auch dieses Verfahren ist eine Reaktion auf eine vorherige Klage. Als SPFP-Präsident hatte Ricquier den Umgang des Armeechefs mit dem Armeegewerkschafter Christian Schleck scharf kritisiert. Alain Duschène hatte in der Folge eine Klage eingereicht.