Als die Kirche und die Opposition auf die Barrikaden gingen
Die Ankündigung von Blau-Rot-Grün, den Religionsunterricht zugunsten eines einheitlichen Werteunterrichts abzuschaffen, erhitzte vor mehr als zehn Jahren die Gemüter. Die katholische Kirche ging auf die Barrikaden, die Religionslehrer bangten um ihre berufliche Zukunft, die Gesellschaft reagierte gespalten und auch die damals größte Oppositionspartei CSV stellte sich quer.
Alle Versuche, den Religionsunterricht in seiner traditionellen Form – und damit die Wahlmöglichkeit zwischen zwei Fächern – zu erhalten, scheiterten. Auch die Kompromisslösung von acht Glaubensgemeinschaften, die sich zu einem gemeinsamen Religionsunterricht zusammengeschlossen hatten, wurde von der damaligen Regierung unter Premier Bettel abgelehnt.
Im Juli 2016 wurde das Gesetz zur Einführung des Faches „Vie et Société“in der Sekundarstufe ab dem Schuljahr 2016/2017 mit den Stimmen der Mehrheit verabschiedet. Die Regierung und die Vertreter von DP, LSAP und Déi Gréng verteidigten die Entscheidung als „notwendigen Schritt, um der pluralistischen Gesellschaft von heute gerecht zu werden“. Die Vertreter der Opposition stimmten dagegen. Die CSV sprach von einem „Wischi-Waschi“-Fach, Déi Lénk von „Misch-Masch“, und die ADR warf der Regierung vor, die Religionen aus dem öffentlichen Leben verbannen zu wollen. „Glaube ist privat, Religion ist öffentlich und gehört deshalb auch in die öffentliche Schule”, argumentierte Fernand Kartheiser (ADR) und warnte vor einem „drohenden religiösen Analphabetismus“.
Ein Jahr später, das Bistum hatte sich inzwischen mit der neuen Situation abgefunden, versuchten CSV und ADR die Einführung von „Vie et Société“in der Grundschule zu verhindern, beziehungsweise wollten die Schüler weiterhin zwischen zwei Fächern wählen lassen – ohne Erfolg. Das Gesetz erhielt die erforderlichen Stimmen. Seit dem Schuljahr 2017/2018 ist der Religionsunterricht somit auch im Fondamental Geschichte.