Wie sich Aurubis von Kriminellen ausrauben ließ
Der Aufsichtsrat des Recyclingkonzerns spricht mit Vorständen über Ende der Tätigkeit
Elektronik oder Abgaskatalysatoren enthalten jede Menge Metall, das recycelt wird. Und eben auch Edelmetalle, für die sich Kriminelle interessieren. Prominentes Opfer solcher Straftäter wurde die Hamburger Aurubis – mit Folgen auch für die Chefetage.
Beim Hamburger Kupferproduzenten Aurubis müssen drei von vier Vorstandsmitgliedern mit ihrer vorzeitigen Entlassung rechnen. Vertreter des Aufsichtsrates führten derzeit „fortgeschrittene Gespräche mit drei Vorstandsmitgliedern über die Beendigung ihrer Vorstandstätigkeit“, teilte Aurubis am Montagabend mit.
Neben Vorstandschef Roland Harings würden demnach auch der Finanzvorstand sowie der Produktionsvorstand ihre Posten verlieren. Ein endgültiger Beschluss des gesamten Aufsichtsrates ist für Dienstag geplant. „Bis zu ihrem vorzeitigen Ausscheiden würden diese Vorstandsmitglieder ihre jeweiligen Aufgaben weiterhin wahrnehmen.“
Fehlbestand an Metallen im dreistelligen Millionenbereich
Der Aufsichtsrat würde mit den Personalien die Konsequenzen aus den Millionenschäden ziehen, die bei Aurubis nach mehreren Fällen von Betrug und Diebstahl entstanden. Das Kontrollgremium hatte bei einer Anwaltskanzlei Untersuchungen zur
Verantwortung des Vorstands im Zusammenhang mit den Straftaten in Auftrag gegeben. Der Bericht war für Mitte Januar erwartet worden.
Aurubis wurde in mehreren Fällen Opfer von Kriminellen. Unter dem Strich sprach das Unternehmen im Dezember bei der Präsentation der Jahresergebnisse für 2022/23 (30. September) von einem Fehlbestand an Metallen von 169 Millionen Euro. Wegen der Schäden fiel das operative Vorsteuerergebnis (EBT) als wichtigste interne Steuerungszahl um gut ein Drittel auf 349 Millionen Euro – bei einem Umsatzrückgang um knapp acht Prozent auf 17,1 Milliarden Euro. „Wir arbeiten mit Hochdruck an der Aufklärung der kriminellen Aktivitäten gegen uns“, sagte damals Aurubis-Vorstandsvorsitzender Harings.
Ein Gerichtsprozess läuft gegen eine Diebesbande
Vier der sechs Angeklagten im Prozess um Rohsilberdiebstähle haben letzte Woche beim Hamburger Landgericht Geständnisse abgelegt. Die sechs Angeklagten sollen zwischen Februar 2020 und Januar 2021 Zwischen- und Nebenprodukte von einem Aurubis-Firmengelände abtransportiert haben. Das gestohlene Material soll laut Anklage rund 5.000 Kilo Silber und Gold im Wert von insgesamt elf Millionen Euro enthalten haben. Parallel zu dem Prozess gegen die Diebesbande laufen in einem weiteren Fall von Kupferdiebstahl Untersuchungen bei Aurubis.
Besonders schmerzlich war für das Unternehmen ein großangelegter Betrug, der bei regelmäßigen Überprüfungen des Metallbestands aufgefallen war. Es gab erhebliche Abweichungen vom Sollbestand sowie Abweichungen bei Sonderproben bestimmter Recycling-Lieferungen.
Aurubis geht davon aus, dass manipulierte Proben mit hohen Gehalten wertvoller Metalle abgegeben wurden, die Lieferungen des Recyclingmaterials dann aber deutlich weniger wertvolle Metalle enthielten – wodurch letztlich überhöhte Rechnungen bezahlt wurden. Aurubis ist ein führendes Unternehmen für Kupferrecycling in Europa und verarbeitet im Jahr rund eine Million Tonnen Recyclingmaterial. dpa
Beim Hamburger Kupferproduzenten Aurubis müssen drei von vier Vorstandsmitgliedern mit ihrer vorzeitigen Entlassung rechnen.