Ein toter Nandu und ein schwerer Vorwurf
Bei Consdorf hält ein Mann zwei südamerikanische Laufvögel in seinem Garten. Anwohner haben ihn wegen der Haltungsbedingungen zweimal angezeigt
Es ist ein kleines Gehege, vielleicht 60 Quadratmeter groß, in dem die beiden Nandus lebten. Die 1,30 Meter großen Laufvögel aus Südamerika, die afrikanischen Straußen ähneln, haben die ehemalige Wiese in eine Schlammfläche verwandelt. Selbst als Mitte Januar der Frost kam, mussten die Nandus draußen in dem kleinen Gehege ausharren. Ein offenbar krankes Tier saß tagelang im Schnee fest und konnte nicht mehr aufstehen. Mittlerweile ist es tot.
In der kleinen Ortschaft Breidweiler bei Consdorf waren Anwohner schon vor längerer Zeit auf die zwei ungewöhnlichen Vögel und ihre Haltungsbedingungen aufmerksam geworden. Schon vor über einem Jahr hatten Bürger beim Veterinäramt ALVA Anzeige wegen Tierquälerei erstattet. Sie machten auf das in ihren Augen viel zu kleine Gehege aufmerksam. Da die großen Vögel viel Auslauf brauchen, benötigen sie laut den Vorschriften eine Fläche von mindestens 150 Quadratmetern pro Tier. Dies ist wichtig, weil die ängstlichen Nandus sich leicht erschrecken und dann durch Flucht ihren Stress abbauen.
Veterinärinspektion gibt grünes Licht
Frustrierend für die Bürger: Nachdem sie die ALVA verständigt hatten, änderte sich allem Anschein nach überhaupt nichts. Dr. Caroline Mertens, stellvertretende ALVADirektorin, will das nicht so stehen lassen. „Wir gehen jeder Anzeige nach, und auch in diesem Fall waren unsere Mitarbeiter vor einem Jahr vor Ort.“Die hatten festgestellt, dass der Besitzer keine Genehmigung zur Haltung von Nandus hatte, die er dann allerdings daraufhin beantragt und bekommen hatte.
Besitzer Didier Spang, der beruflich mit Federn handelt, hatte die zwei weißen Nandus, genannt Blanca und Bianca, zu diesem Zweck angeschafft. Er hält außerdem in Frankreich noch eine Reihe anderer Vogelarten.
Außerdem hätten die Inspektoren festgestellt, dass das Gehege in der Tat sehr klein war. Da kommt die Frage des Gartentors ins Spiel. Hinter dem Gehege der Nandus liegt nämlich ein weiterer Teil des Gartens, abgetrennt durch einen Zaun mit einem kleinen Tor. Didier Spang argumentiert gegenüber der ALVA, immer wenn er
zu Hause sei, würde er das Tor öffnen, sodass die Nandus genügend Auslauf hätten. Die Bürger aus dem Dorf bestreiten das und sagen, das Tor sei nur ganz selten geöffnet.
„Erbärmlich zu sehen“
Richtig dramatisch wurde die Lage vor zwei Wochen, als die Temperaturen auf –10 Grad Celsius und darunter fielen. Nandus halten zwar Kälte bis zu einem gewissen Grad aus, allerdings unter der Voraussetzung, dass sie vor Wind geschützt sind. Einer der beiden Nandus konnte nicht in dem Unterstand Schutz suchen, weil er offenbar krank oder verletzt war. Er musste tagelang in Eis und Schnee verbringen, vielleicht war er am Boden festgefroren, vermutet ein Anwohner, der namentlich nicht genannt werden will. „Es war erbärmlich, das mit anzusehen“, sagt er.
Vor zwei Wochen erstatteten die Anwohner dann zum zweiten Mal Anzeige. Die ALVA rief den Besitzer der Nandus daraufhin an und schickte vergangene Woche zusätzlich einen Beamten nach Breidweiler. Dr. Caroline Mertens ist überzeugt:
„Während der Kälte hätte der Halter die Tiere in einen geschützten Stall oder einen ähnlichen Raum bringen müssen.“
Den Hals gebrochen
Nach Darstellung von Didier Spang führte nicht die Kälte zu dem Notfall, sondern neugierige Passanten. Bianca habe sich erschreckt, sei gestürzt und habe sich den Hals gebrochen. „Es war ein Freitagnachmittag, ich konnte keinen Tierarzt erreichen. Weil ich sah, dass das Tier litt, musste ich es euthanasieren.“Dies habe ihm im Herzen weh getan, meint er. „Wir haben die beiden von klein an aufgezogen.“
Nun ist das zweite Nanduweibchen Blanca ganz alleine zurückgeblieben. Laut ALVA ist das keine Dauerlösung, denn die Herdentiere sollen nur in Gesellschaft gehalten werden. Didier Spang muss sich noch diese Woche entscheiden, ob er wieder einen zweiten Nandu anschafft oder Blanca abgibt. Was er machen wird, weiß er noch nicht genau. „Ich möchte sie auf jeden Fall nicht über eine längere Distanz transportieren. Das würde sie nicht aushalten.“