Das Einkaufszentrum „Mercado“verwahrlost
In der Shopping-Mall der Gemeinde Mertert nimmt der Leerstand weiter zu, immer mehr Läden ziehen weg
Menschenleer sieht es an jenem kalten Vormittag auf dem Gelände des Einkaufszentrums „Mercado“in der Rue Sandkaul in Mertert aus. In einer Sackgasse gelegen, von Blicken etwas abgeschirmt, befindet sich eines der größten Shopping-Center der Grenzkommune. 1,4 Hektar – das sind fast zwei große Fußballfelder – misst das Gelände nach Angaben des Privatbesitzers, des Groupe Guy Rollinger aus Wickringen.
Und dennoch: Trotz des beachtlichen Ausmaßes herrscht dort seit einiger Zeit Stillstand. Die Anzahl der unbenutzten Geschäftsflächen vergrößert sich zusehends, mehrere Läden mussten kürzlich den Standort verlassen.
„Es sieht hier vollkommen leer aus“, sagt Jülide Göktas, eine Verkäuferin im „Drinkstop Grenzdiscount“. Im Laden direkt neben dem Haupteingang verkauft sie seit zwei Jahren Getränke, Alkohol und Tabak. Aus der Nebentür des Ladenlokals gut zu sehen: eine gähnende Leere im rund 3.500 Quadratmeter großen Gebäude. Die Eingangspforte ist abgeriegelt, im Gebäudeinneren weisen lediglich die früheren Ladeninschriften und mit der Zeit etwas verblasste Reklameschilder auf die einstige rege Handelspräsenz hin.
Der Laden von Jülide Göktas ist momentan der Einzige, der über den direkten Zugang zum Gebäude selbst verfügt. Die zwei anderen Geschäfte, die noch da sind – ein Lebensmitteldiscounter und ein Laden für Modebekleidung – liegen etwas seitlich des Haupteingangs.
Ladenbesitzer wechseln die Adresse
Vor kurzer Zeit musste gar einer der alteingesessenen Läden aus dem „Mercado“ausziehen: der Friseursalon „All about Hair“. Das Ladenlokal ist nun an seiner neuen Adresse im Ortskern von Wasserbillig, nahe der Kirche, zu finden. Auch die Pizzeria „Da Massimo“, die sich früher unweit des Haupteingangs befand, wechselte den Standort. Der Betreiber will laut eigenen Angaben demnächst seine Kunden in den neuen Räumlichkeiten an der Esplanade de la Moselle empfangen.
Der Grund für den andauernden Mieterwechsel ist nicht etwa die Krise im Einzelhandel oder eine Marketingkampagne. „Wir haben eine Kündigung vom Gebäudebesitzer bekommen. Mit dem früheren Standort waren wir sehr zufrieden“, sagt eine der Mitarbeiterinnen des Friseursalons, die ihren Namen gegenüber der Presse nicht nennen möchte.
Mehr Details gibt es beim Eigentümer des Einkaufszentrums selbst: „Eigentlich hatten wir zunächst vor, auf dem Grundstück ein Wohnungsbauprojekt mit Gewerbeflächen aufzuziehen“, berichtet Gabriella Colicchia von der Vision Immobilière sarl, eine der Gesellschaften des Besitzerunternehmens.
Wohnprojekt des Eigentümers verworfen
Der Plan sah unter anderem den Bau von mehr als sechs Wohnresidenzen am Standort vor. „Das Projekt, das wir auf der Basis der uns zur Verfügung stehenden Gesamtfläche berechnet haben, wurde von der Gemeinde verworfen“, sagt Colicchia, zuständig für die Immobiliengeschäfte in der Fir
ma. „Dafür tut sich auch schon seit längerer Zeit nichts mehr im Mercado.“
Die Immobiliengesellschaft hatte das Gebäude nach eigenen Angaben im Jahr 2005 dem bisherigen Eigentümer abgekauft. „Er hatte damals Insolvenz angemeldet und das Einkaufszentrum wurde versteigert“, erinnert sich Gabriella Colicchia. „Viele Ladenflächen waren bereits vermietet und wir haben einfach die Mietverträge übernommen.“Weil es nun mit dem Wohnungsbauvorhaben des Unternehmens nicht vorankomme, verfolge der Betreiber eine an
dere Absicht: die Immobilie an den Fonds du Logement zu verkaufen.
Anfrage an den Fonds du Logement
„Wir hatten bereits im vergangenen Sommer eine Anfrage an den Fonds geschickt, jetzt warten wir auf eine Antwort. Es soll Anfang des Jahres entschieden werden, was mit dem Gelände passiert“, meint Colicchia. „Wahrscheinlich wird das Gebäude des Shopping-Centers danach abgerissen.“Wie schnell dies geschieht, kann die Immobilienexpertin nicht sagen: „Die Mietverträge mit den bestehenden Läden laufen noch bis Ende 2026.“
Bis dahin will ebenfalls Jülide Göktas vom Grenzdiscounterladen am Standort bleiben. „Wir sind mit der Lage und der Kundschaft zufrieden“, gibt sie zu. In Kürze solle zudem ein neuer Dönerladen in das Zentrum einziehen.
Roman Wagner, Geschäftsführer und Inhaber des gleichnamigen Augenoptikergeschäftes mit Sitz in Schweich (D), betrieb ebenfalls bis Ende 2021 eine Filiale im „Mercado“-Zentrum. „Wir sind unfreundlich heraus komplementiert worden“, gesteht Wagner im Gespräch mit dem LW. Nun befindet sich eines der Geschäfte seiner Firma schräg gegenüber, an der Hauptdurchfahrt im Ort. „Das Ausweichen auf eine andere Adresse war bei uns mit zusätzlichem Aufwand verbunden, die Miete jetzt ist teurer. Die Mehrkosten sind aber zu verkraften, denn die Kunden sind uns treu geblieben.“
Die Gemeinde selbst würde Veränderungen am Einkaufszentrum „Mercado“begrüßen. „Wir sehen das Potenzial des Standortes ganz klar in einem Wohnungsbauprojekt“, meint Jérôme Laurent, der Bürgermeister von Mertert (LSAP). Er weist darauf hin, dass die Gemeinde „mit den vorhandenen Einkaufszentren nicht schlecht aufgestellt“sei.
Das private Gelände dennoch für den weiteren Wohnungsbau zu nutzen, würde ihm zufolge das Angebot an bereits existierenden und geplanten urbanistischen Vorhaben im Ort ergänzen. Das Wohnungsbauprojekt des Eigentümers konnte die Gemeinde jedoch aufgrund „der im Flächennutzungsplan strikt geltenden Bebauungsnormen“nicht akzeptieren.