Mit modernen Technologien Leben retten
Alle zwei Minuten klingelt in der Notrufzentrale das Telefon. Die Rettungskräfte setzen seit Kurzem auch auf eine Echtzeit-Ortung des Anrufers
Es sind drei Ziffern, die im Notfall Leben retten: 112, die europaweite Notrufnummer. Doch was passiert eigentlich, wenn man den Notruf wählt? Pünktlich zum Europäischen Tages des Notrufs am 11. Februar unterhielt sich das Luxemburger Wort mit zwei Menschen, die es wissen müssen: Christopher Schuh, Bereichsleiter für die Einsatzlenkung des CGDIS und dem Pressesprecher Cédric Gantzer.
Um einen Einsatz einzuleiten, müssen die Leitstellendisponenten zwei elementare Informationen haben: Was ist passiert und vor allem wo. Daraus ergibt sich zum einen, welche Mittel benötigt werden, und zum anderen, welche Einsatzkräfte sich am nächsten zum Einsatzort befinden und entsandt werden. „Im Idealfall erfolgt die Alarmierung innerhalb der ersten 60 Sekunden“, sagt Cédric Gantzer. Diese Entscheidungen werden bereits im Hintergrund getroffen, während der Anrufer noch in der Leitung ist, um weitere Informationen zur Notlage zu geben.
Hilfe auf Knopfdruck: So funktioniert die AML-Technologie im Smartphone
„Optimalerweise teilt der Anrufer sofort mit, worum es sich bei dem Notfall handelt und wo er sich ereignet hat“, sagt Christopher Schuh. In manchen Fällen kann der Anrufer seinen Standort nicht mitteilen, etwa weil er sich nicht auskennt oder verständlicherweise aufgeregt ist und in Panik gerät. In solchen Momenten hilft dem CGDIS die sogenannte Advanced Mobile Location Technology (AML). Die EchtzeitOrtung ist mittlerweile Standard in fast jedem Smartphone.
Der Dienst läuft automatisch, kostenlos und unauffällig im Hintergrund des Mobiltelefons. Der Nutzer muss weder eine spezielle App installieren, noch Einstellungen am Smartphone vornehmen. Immer dann, wenn ein Anrufer den Notruf wählt, unabhängig davon, ob er sich im In- oder Ausland befindet, aktiviert das Smartphone alle Ortungsdienste des Geräts. Dadurch wird eine möglichst genaue Position an die Notrufzentrale übermittelt. Seit Kurzem ist das System in Luxemburg flächendeckend verfügbar, ergänzt Christopher Schuh.
Die Technik des Ortungsdienstes wird von der Notrufzentrale nur dann eingesetzt, wenn es die Situation erfordert. Wenn ein Notruf aus dem Mobilfunknetz eingeht, erkennt die 112 anhand der sogenannten Basisstation, also des Mobilfunkmastes, den ungefähren Standort des Hilfesuchenden. Diese Technik funktioniere mit jedem Handy, auch mit einem Seniorenhandy oder einem alten Nokia 3210. Mit einem Telefon aus Urzeiten sei die Ortung jedoch nicht ganz so präzise, fügt Schuh hinzu.
Die Notrufzentrale im Jahr 2023
- Anzahl 112 Notrufe: 276.353 (757/Tag; 32/Stunde / alle 2 Minuten)
- Durchschnittliche Wartezeit: 7 Sekunden - Anzahl empfangener eCall Notrufe: 1974 (5.5/Tag)
- Anzahl aller getätigten Telefonverbindungen: 582.376 (1596/Tag; 67/Stunde)
- Anzahl ausgelöster Einsätze: circa 70.000 (die genauen Zahlen liegen noch nicht vor)
Jede Information zählt beim Notruf
Anhand dieser ersten groben Lokalisierung führen die Disponenten der 112 eine Plausibilitätsprüfung durch. Das bedeutet, die mögliche geografische Position des Anrufers muss mit der Region des Einsatzortes übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, beispielsweise wenn sich der Anrufer in Wiltz befindet und einen Notruf in Esch/Alzette meldet, fragen die Disponenten gezielt nach. In Einzelfällen stellt sich dann heraus, dass sich der Anrufer tatsächlich an einem anderen Ort befindet, jedoch Hilfe für ein Familienmitglied anfordert, das zu Hause dringend medizinische Hilfe benötigt. Eine Ortung des Anrufers mittels AMLDiensts ist in diesem Fall nicht sinnvoll.
Wenn ein Notruf aus einem abgelegenen Wald, auf einer Landstraße oder Autobahn eingeht, ist die AML-Technologie wiederum sehr hilfreich. Vorausgesetzt, die Person ruft mit einem Smartphone an. Benutzt der Anrufer hingegen ein altes Handy, läuft die Ortung wie bisher ab. Der Hilfesuchende wird aufgefordert, falls er keine genauen Ortsangaben machen kann, seine Umgebung zu beschreiben oder im Wald beispielsweise die Kennung eines Rettungspunktes durchzugeben. Jede Information, sei es ein Straßenname, ein Kirchturm, ein Kilometerstein an Verkehrswegen oder ein Gebäude in der Nähe, hilft bei der Ortung.
Wenn das Auto den Notruf absetzt
Eine wichtige Rolle bei der Lokalisierung eines Einsatzortes spielt auch der Fahrzeugnotrufdienst „eCall“in Personenkraftwagen. Bei einem schweren Unfall alarmiert das betroffene Fahrzeug selbstständig die Rettungskräfte. Bei Bedarf können die Fahrzeuginsassen den eCall manuell auslösen. In beiden Fällen übermittelt das Fahrzeug seine genaue Position an die Notrufzentrale 112. In Luxemburg vergehe mittlerweile kein Tag ohne eCall-Meldungen, so Schuh. Vor allem nachts auf wenig befahrenen Straßen können Unfallopfer so viel schneller als bisher versorgt werden.
Die AML-Technologie ist datenschutzkonform. Nur wenn der Notruf 112 gewählt wird, wird der genaue Standort direkt an die Notrufzentrale gesendet. Diese Daten werden maximal 24 Stunden lang gespeichert, in der Regel aber nach Beendigung des Einsatzes gelöscht, erklärt Cédric Gantzer. Die Daten werden nur zur Lokalisierung im Notfall verwendet.