Personalie mit Signalwirkung Richtung Brüssel
Es galt als ausgemachte Sache: Die EU-Länder sollten diese Woche zum finalen Votum über das EULieferkettengesetz schreiten. Damit sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Zwei Jahre war gerungen worden. Die Hürde Europaparlament nahm die Vorlage im Frühjahr 2023. Dann wuchs mit einem Mal der Druck in EU-Mitgliedstaaten, den vom Europaparlament hinein genommenen Finanzplatz wieder auszunehmen. In Deutschland stemmte sich die wirtschaftsliberale FDP gegen den „bürokratielastigen“Text. Aber auch meldeten Italien und Frankreich Vorbehalte an. Seitdem stockt die Initiative.
Die angesetzte Abstimmung im Rat ist verschoben. Auch Luxemburg tut sich mit der Vorlage weiterhin schwer. Bereits unter Blau-Rot-Grün gab es Kontroversen darüber, inwiefern der Finanzplatz mitsamt Holdinggesellschaften und Fonds darin aufgenommen gehören. Die DP war dagegen, auch die LSAP unter Jean Asselborn zögerte zunächst. Schließlich verständigte sich die Dreierkoalition auf einen Kompromiss. Der jetzt nicht mehr zu gelten scheint.
Unter CSV und DP, so der Eindruck, bekommen die Gegner des Lieferkettengesetzes Aufwind. Transparent kommuniziert wird die Haltung indes nicht. Eine Dringlichkeitsanfrage der LSAP-Abgeordneten Franz Fayot und Claude Haagen vom Dienstag, wie Luxemburg sich in den Verhandlungen auf EU-Ratsebene positioniert, wurde abgelehnt.
Mitten in das erneute Ringen fällt die von „Wort“zuerst gemeldete Personalie, wonach die Regierung einen EUChefposten neu besetzen will. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt. Nicolas Mackel, im Gespräch, die aktuelle EU-Botschafterin Sylvie Lucas abzulösen, verfügt als Berufsdiplomat über beste Qualifikationen. Gleichwohl steht er als dann Ex-Direktor von Luxembourg for Finance wie kein anderer für die Interessen des Finanzplatzes. Die in der Initiative für eine Sorgfaltspflicht zusammengeschlossenen 17 Organisationen, darunter Caritas Luxemburg und Fairtrade Lëtzebuerg, warnen vor einem Ausscheren Luxemburgs in der EU und davor, die – nach Luxleaks mühsam aufgebaute – Glaubwürdigkeit wieder zu verspielen.
Tatsächlich könnte sich eine Blockadehaltung als Schuss ins eigene Knie erweisen. Zum einen spricht das diplomatische Hin und Her nicht für Verlässlichkeit. Zum anderen hätte Luxemburg, als Mitglied im UN-Menschenrechtsrat, das Lieferkettengesetz als Chance zur Profilierung nutzen können. Laut einer Ilres-Umfrage sprechen sich 87 Prozent der Befragten dafür aus, dass Luxemburg seine internationalen Verpflichtungen zu Menschenrechten und Umwelt einhält. Das Regierungsabkommen bekennt sich zum „nachhaltigen Finanzplatz“.
Einer CSV-geführten Koalition hätte gut zu Gesicht gestanden, in puncto Nachhaltigkeit als Vorbild voranzugehen, oder zumindest transparent zu kommunizieren, wo genau die Bedenken liegen. Stattdessen kein Wort zu ihrer Position. Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die meinen, dass die Frieden-Regierung vor allem für eins steht: Business first. Egal, was das für Umwelt und Menschenrechte heißt.
Unter CSV und DP scheinen die Gegner des Lieferkettengesetzes Aufwind zu bekommen.