Der Preisschock kommt, so oder so
Wird es ein ausgemachter Schock – oder doch nur ein Schöckchen, wenn die Energiepreise wieder freigegeben werden? Jeder spürt es: Der Wandel hin zu erneuerbaren Energien wird teurer als gedacht. Und er braucht auch viel länger als gedacht. Derzeit werden die Energiepreise in Luxemburg gedeckelt, eine Maßnahme, die gerade bis Ende des laufenden Jahres verlängert wurde. Und danach? So lange Energiepreise deckeln, bis ein Wunder geschieht und sie von selbst sinken? Die Gewerkschaft fordern jedenfalls jetzt schon, über eine Verlängerung 2025 nachzudenken, da Statec davon ausgeht, dass ohne Deckelung die Preise kräftig nach oben schießen. Das ist nicht nur teuer für Haushalte, sondern doppelt teuer für Unternehmen, da der Preisanstieg für sie auch wahrscheinlich eine zusätzliche Indexerhöhung bedeutet.
Die wackligen und teuren Energiepreisbremsen sind nur die eine Seite des Problems. Die andere ist der Ausbau der Energieversorgung.
Vor kurzem hat Deutschland, woher Luxemburg den Großteil seines Stroms bezieht, seine Kraftwerkstrategie vorgestellt. Die ersten Gaskraftwerke werden frühestens 2028 in den Bau gehen und sollen später dann zu Wasserstoff-Kraftwerken werden. Der Kohleausstieg verzögert sich. Statt auf Technologieoffenheit zu setzen und den Energiewandel auf breiter Front innovativ anzugehen, versteift sich Europa inzwischen nur noch auf Solarpaneele und Windräder, einige Länder ziehen auch Atomkraft mit ein.
Dabei ist Energie mitnichten knapp, sie ist im Überfluss vorhanden. Es besteht nur ein Umwandlungs- und -verteilungsproblem. Rund 600.000 Terawattstunden – so viel Sonnenenergie geht im Jahr auf die Sahara nieder. Sechs Promille davon decken den Jahresbedarf von ganz Europa. 2009, lange bevor Schüler in Europa für das Klima demonstrierten, startete ein Projekt, das genau das tun wollte. Wäre es verwirklicht worden, gäbe es auf dem europäischen Energiemarkt merklich weniger Anspannung. Der damalige Siemens-Chef sprach noch vom „Apollo-Projekt des 21. Jahrhunderts“. Kurz darauf zerstritten sich die Beteiligten, Siemens und andere kehrten dem Vorhaben den Rücken.
Jetzt gilt das Projekt als „gescheitert“– nicht weil es logistisch oder technisch nicht umsetzbar wäre, sondern einzig, weil der Wille fehlt, es zu vollenden. Bei Desertec sollte „Concentrated Solar Power“, kurz CSP, genutzt werden: Sonnenlicht wird mithilfe einer Spiegelkonstruktion erst in Wärme und dann in Strom umgewandelt. Als Wärme kann die Energie in Flüssigsalz gespeichert werden. China plant 42 solcher Kraftwerke. In Europa ist nur eine einzige solche Anlage geplant.
Während man in China technologieoffen auch an einem Thorium-Kraftwerk baut, heißt es in Europa
„Wir müssen schneller Windräder aufstellen“. Die Erkenntnis, dass Solarzellen auf dem Dach und Windkraftanlagen am Ortsrand nicht reichen, um den wachsenden Energiebedarf zu decken, ist immer noch nicht bei jedem Europäer angekommen.
Die teuren Energiepreisbremsen sind nur die eine Seite des Problems.
Kontakt: marco.meng@wort.lu