Wilmes und Scheer bleiben allein als Bommeleeër angeklagt
Acht Beschuldigte sollen wegen Falschaussagen im ersten Prozess vor Gericht gestellt werden. Für Ben Geiben gibt es ein „Non lieu“
Eine Ratskammer hat am Mittwoch grünes Licht für einen Bommeleeër-bis-Prozess gegeben. Das bedeutet, dass es ein separates Verfahren gegen acht Angeklagte geben wird, gegen die am Ende des ersten Bommeleeër-Prozesses zusätzliche Ermittlungen eingeleitet worden waren. Das bestätigt die Pressestelle der Justiz gestern in einer Mitteilung.
Sollte diese Entscheidung nun auch in zweiter Instanz von einer Ratskammer bestätigt werden, bedeutet dies, dass Marc Scheer und Jos Wilmes die einzigen mutmaßlichen Bommeleeër auf der Anklagebank bleiben. Und dass der ursprüngliche Prozess gegen sie – zumindest theoretisch – dort fortgesetzt werden kann, wo er aufgehört hat. Mit großen Fragezeichen versehen bleibt jedoch das Ob, Wie und Wann.
Falschaussagen im Fokus
Konkret hat die Ratskammer entschieden, dass fünf ehemalige Führungskräfte der Gendarmerie, Charles Bourg, Aloyse Harpes, Pierre Reuland, Armand Schockweiler und Guy Stebens, ausschließlich wegen Falschaussage unter Eid und Justizbehinderung angeklagt werden. Wie der Untersuchungsrichter hatte auch die Anklägerin nach dem ersten Prozess allerdings die Auffassung vertreten, dass die Attentate ohne ihren Schutz, ihre Beratung und ihre Anleitung nicht möglich gewesen wären.
Die Ratskammer sah nun aber nicht ausreichend Anhaltspunkte im Ermittlungsdossier, um einen Prozess gegen die Beschuldigten als Urheber der Attentate führen zu können. Das Gleiche gilt für den früheren Kollegen von Scheer und Wilmes aus der Gendarmerie-Spezialeinheit BMG, Marcel Weydert. Er soll nur wegen Falschaussage angeklagt werden.
Auch die ehemaligen Bommeleeër-Ermittler Guillaume Büchler und Paul Haan müssen sich wegen dieses Tatvorwurfs in einem Prozess verantworten. Sie sollen im Zusammenhang mit einer Observation des BMG-Gründers Ben Geiben gelogen haben. Ein dritter in diesem Sinn verdächtiger Kriminalpolizist, Lucien Linden, ist inzwischen verstorben.
Ben Geiben, gegen den die Staatsanwaltschaft ebenfalls einen „Renvoi“an eine Strafkammer beantragt hatte, erhielt ein „Non lieu“. Das bedeutet, dass die Ratskammer entschieden hat, dass es keine ausreichenden Beweise oder Gründe gibt, um eine strafrechtliche Anklage gegen ihn zu verfolgen.
Es ist davon auszugehen, dass alle Betroffenen und auch die Staatsanwaltschaft gegen die erstinstanzliche Entscheidung der Ratskammer Berufung einlegen werden. Dafür haben sie fünf Tage Zeit.
Vor 40 Jahren ...
Währenddessen jährt sich in diesen Tagen der Beginn der Vorbereitungen für die Anschlagsserie sich zum 40. Mal: Am Wochenende des 21. Januar 1984 werden aus einem Gipsstollen in Helmsingen 3,5 Kilogramm Luxite-Sprengstoff, 80 Luxite-Sprengkapseln und 200 Meter Zündschnur gestohlen. Anfang Februar 1984 wird damit eine metallene Forstschranke am „Routbrëschten“, tief im Wald zwischen dem Militärlager Waldhof und dem Jaanshaff, gesprengt.
Zwischen dem 2. und 7. März 1984 werden aus dem Dolomithartsteinwerk in Wasserbillig ein Sprengstoffregister, eine Zündmaschine, 600 Meter Zündkabel, 320 Sprengkapseln und 50 Kilogramm Luxite gestohlen. In der Nacht des 11. März folgt eine weitere Probesprengung: Zwischen Steinsel und Bridel wird eine 15 Meter hohe Tanne zur Explosion gebracht.
Erster Anschlag gilt RTL
Am 30. Mai 1984 folgt der erste richtige Anschlag – auf einen Hochspannungsmast, der auch zu den Anlagen des französischsprachigen Langwellensenders RTL in Beidweiler führt. Doch der Bombenanschlag verfehlt sein Ziel, der Mast knickt nicht um. Am 2. Juni versuchen es die Täter an gleicher Stelle erneut – mit Sprengstoff, der nachweislich in Wasserbillig gestohlen wurde. Es ist offensichtlich, dass die Täter bei dieser Sprengung wesentlich professioneller vorgehen.
Im Februar 1985 kommt es dann zu einer ganzen Serie von Sprengstoffdiebstählen, die auf das Konto der Bommeleeër gehen. Am 12. April 1985 wird ein Wochenendhaus in Bourscheid in die Luft gejagt. Und am 27. April 1985 beginnt die eigentliche Bombenserie, die das Land seit nunmehr vier Jahrzehnten in Atem hält und am 25. März 1986 so unvermittelt endet, wie sie begonnen hat.