Mit diesen Inhalten gehen Gewerkschaften auf Stimmenfang
Am 12. März werden bei den Sozialwahlen die Arbeitnehmerkammer und die Personaldelegationen der Betriebe gewählt, die mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigen
Bei den anstehenden Sozialwahlen geht es um Sichtbarkeit und gewerkschaftliche Stärke im Land – und auch in den Betrieben. Über 6.100 Kandidaten schickt alleine der OGBL ins Rennen, über 4.000 Kandidaten sind es beim LCGB, die um einen Sitz in den Betriebsräten ringen. Aber auch Sektor-spezifische Gewerkschaften kämpfen um Stimmenanteile.
Auf nationaler Ebene ist die Repräsentanz von entscheidender Bedeutung, um die Interessen der Mitglieder in zahlreichen Institutionen Luxemburgs wie der Tripartite vertreten zu können. Innerhalb der Unternehmen verleiht die Repräsentanz den Gewerkschaften insbesondere das Recht, Kollektivverträge oder Pläne zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung auszuhandeln und zu unterzeichnen.
Für die Arbeitnehmer nur das Beste
Mit welchen „Versprechungen“aber gehen die Gewerkschaften in den Wahlkampf? Weichen die Vorstellungen erheblich voneinander ab oder gibt es gleiche Streitthema? Wir haben einen Blick in einige Wahlprogramme geworfen.
Erwähnt werden muss, dass manche Gewerkschaften spezifische Listen in den jeweiligen Berufsgruppen ins Rennen schicken oder auch sektorielle Gewerkschaftsableger in den jeweiligen Berufssparten haben, die hier nicht separat betrachtet werden.
Der LCGB mit seinen mehr als 45.000 Mitgliedern wirbt damit, Beschäftigten aller Branchen innovative Lösungen für eine soziale Digitalisierung anbieten zu können, im Kampf gegen die digitale Kluft durch ein Recht auf Weiterbildung oder die Regulierung der Arbeit über digitale Plattformen.
Es wird sozialer Schutz für digitale Arbeitnehmer und das Recht auf digitales Abschalten im Wahlprogramm aufgeführt, sowie die Zusage auf Verhandlung von angemessenen Telearbeitsregelungen. Auch die Stärkung der Kaufkraft wird ins Schaufenster gehoben. Die Beibehaltung des Indexes und der Rentenanpassung, als auch eine Steuerreform zugunsten von niedrigen und mittleren Löhne und die Erhöhung des Mindestlohns über die Armutsgrenze hinaus seien hier wichtige Komponenten.
Stärkung der Instrumente zur Beschäftigungssicherung, Abschaffung der 78-Wochen-Grenze bei Krankheit, Verbesserung der beruflichen Wiedereingliederung und der Modalitäten bei Arbeitslosigkeit sowie der Wiedereingliederungshilfe und besserer Schutz vor Entlassungen stehen ebenfalls im Wahlprogramm des LCGB als wichtige Arbeitsfelder in der Arbeitnehmerkammer als auch in den Personalvertretungen.
Wenn es um bessere Arbeitszeitgestaltung geht, so spricht sich der LCGB für neue
Modelle zur Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben aus, eine Umverteilung der Produktivitätsgewinne durch Arbeitszeitverkürzung als auch die Stärkung von Zeitsparkonten und eine Anpassung der Arbeitszeit nach individuellen Bedürfnissen.
Visionen in schwierigen Zeiten
Nach dem Wahlprogramm des OGBL, der mit über 75.000 Mitgliedern größten Gewerkschaft, will sich die Gewerkschaft „auf allen Ebenen für die Mitbestimmung einsetzen, ob in den Betrieben oder auf politischer Ebene, im Alltag oder am Arbeitsplatz, für die Gleichberechtigung und das Wahlrecht für alle“.
Dabei greift die Gewerkschaft die liberal-konservative Regierung an, „die die gleiche Sprache wie die Arbeitgeberverbände spricht“. Für die Gewerkschaft stehen „schwierige Zeiten“an, denn das Kapital werde weiter gestärkt, die großen Probleme unserer Zeit dem freien Markt überlassen, die Umwelt habe keine Priorität, und die Wohnungskrise würde weiter wüten.
Das Ziel des OGBL sei es daher, die Errungenschaften, die Rechte, die beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder und der Arbeitnehmer im Allgemeinen, seien sie aktiv oder pensioniert, zu verteidigen. Als größte Gewerkschaft habe der OGBL „nicht nur bei zahlreichen Instanzen und Institutionen ein Wörtchen mitzureden, sondern hat auch die Geschichte des Landes geprägt“.
Als größte Arbeitnehmerorganisation des Landes greife die Gewerkschaft selbstverständlich in die politische und gesellschaftliche Debatte ein, immer mit dem Ziel, „die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern“– dabei sei man nur den Mitgliedern gegenüber rechenschaftspflichtig.
Arbeitsmodelle ein großes Thema
Auch wirbt die Gewerkschaft des Bankenund Versicherungssektors Aleba in ihrer Berufsgruppe um Stimmen. Die Gewerkschaft wolle die Beschäftigung im Finanzsektor des Großherzogtums Luxemburg verteidigen und weiter Betriebsvereinbarungen ablehnen, die darauf abzielen, die Gesetzgebung über Sozialpläne und Massenentlassungen zu umgehen, ebenso wie Mehrparteienverträge.
So wollen die Gewerkschaftsvertreter Teilzeitarbeit als Recht errichten und sich dafür starkmachen, dass die Gesetzgebung zur Arbeitszeit und zum Recht auf digitale Trennung wirklich durchgesetzt werden. Die Gewerkschaft will alle Anregungen zur neuen Beschäftigungsfähigkeit mit Blick auf Telearbeit, flexible Arbeitszeiten oder Zeitsparkonto, sowie Altersmanagement in Unternehmen unterstützen.
Ferner soll das Recht auf Elternurlaub und unbezahlten Urlaub weiter gestärkt werden. Auch soll die Gewährung von
Urlaub für die Betreuung schwerkranker Kinder eingeräumt werden. Sie will sich aber auch für Verhandlungen von Tarifverträgen für die Investmentfonds- und Maklerbranche sowie in der Frage der „nicht tarifgebundener Arbeitnehmer“stark machen und Unklarheiten bei der Vergütung der an gesetzlichen Feiertagen geleisteten Arbeitsstunden beseitigen.
Nach Ansicht der Bus- und Bahngewerkschaft Syprolux werde 2024 „aus internationaler, europäischer und nationaler Sicht ein interessantes Jahr“. Experten aus verschiedenen Berufssektoren seien gefragt und müssten sich mit gesellschaftspolitischen, wirtschaftspolitischen und gesetzlichen Themen befassen, die dem Par
lament vorgelegt werden. „Es ist wichtig, bei dieser Wahl vor falschen Propheten auf der Hut zu sein“, so die Gewerkschaft.
Für eine Expertise im Eisenbahnbereich seien daher Eisenbahner als Leute mit Sachverstand notwendig, die den Betrieb kennen, vor Ort agieren und in dessen Personaldelegationen vertreten sind. Daher müsse man wissen: „Überall, wo Syprolux draufsteht, ist auch Syprolux drin.“
Wer besetzt die 60 Sitze in der Arbeitnehmerkammer?
Wie sich schlussendlich die Arbeitnehmerkammer nach dem 12. März zusammensetzt, wird sich zeigen. Blick man auf die aktuelle Zusammensetzung, die aus 60 Vertretern aus neun sozio-professionellen Gruppen besteht, so werden wieder in der Gruppe „Eisen- und Stahlindustrie“fünf Sitze, in der Gruppe „sonstige Industrie“acht und der Gruppe „Bauwesen“sechs Sitze vergeben. Im Bereich „Finanzdienstleistungen“sind acht Sitze, im „Dienstleistungssektor“14 Sitze, in der Gruppe „Verwaltung und öffentliche Unternehmen“vier Sitze und in der Gruppe „Nationale Eisenbahngesellschaft“drei Sitze zu besetzen. Der Gruppe „Gesundheit und Soziales“stehen sechs Sitze, sowie der Gruppe „Rentner“ebenfalls sechs Sitze zu.
Der OGBL erhielt bei den letzten Wahlen 2019 zur Arbeitnehmerkammer 35 der 60 Sitze und verteidigte seine absolute Mehrheit. Der LCGB kam auf 18 Sitze, die Banken-Gewerkschaft Aleba auf vier, der Landesverband (FNCTTFEL) auf zwei und Syprolux auf einen Sitz. Zur Erinnerung: Wahlberechtigt sind 2024 insgesamt 445.600 Arbeitnehmer, 153.000 Rentner, 4.000 Auszubildende sowie 15.000 Arbeitssuchende. Die Wahlbeteiligung lag 2019 bei 32,62 Prozent.