Mit kraftvollem Schwung nach Texas
Die Luxemburger Golfspielerin Marie Baertz hat eine besondere Affinität zur Technik. Das gilt sowohl für ihren Sport als auch für ihr Studium als Bauingenieurin
Marie Baertz verbringt viel Zeit auf dem Golfplatz, mindestens drei Stunden pro Tag, an den Wochenenden gibt es eine kleine Ruhepause, sofern keine Turniere anstehen. Doch das harte Training hat sich gelohnt. Die 21-Jährige ist amtierende Landesmeisterin, spielt in der Frauenmannschaft des Ersten Golfclubs Westpfalz in der zweiten deutschen Bundesliga und schwingt seit August vergangenen Jahres den Schläger für das College-Team der Texas A&M University-Commerce.
Dabei hätte ihr sportlicher Weg auch ein ganz anderer sein können. „Mit acht Jahren habe ich mit dem Tennis begonnen und sogar noch bis zu meinem Abitur 2022 gespielt. Meine ersten Golferfahrungen habe ich erst vier Jahre später gemacht, als mein
Vater mich zum Golf-Club Grand-Ducal mitgenommen hat. Am Anfang war es nicht immer spannend, manchmal sogar enttäuschend, wenn man den Ball nicht richtig getroffen hat“, erinnert sich die Studentin.
Doch Baertz war ehrgeizig. Ihre Lernkurve stieg kontinuierlich an, ebenso der Spaßfaktor an dem Spiel mit den vielen verschiedenen Schlägern und dem kleinen Ball. „Ich mag es sehr, draußen in der Natur zu sein und habe beim Golf auch neue Freunde gefunden. Was mich an dem Sport aber wirklich fasziniert, ist die Technik. Man braucht lange, um darin gut zu werden und muss auch eine gewisse mentale Stärke entwickeln. Denn eine Runde dauert oft bis zu fünf Stunden“, so Baertz, deren Begeisterung für Technik sich auch in der Wahl ihres Studienfachs als angehende Bauingenieurin widerspiegelt.
An ihr neues Leben in Texas hat sie sich bereits nach wenigen Monaten gut gewöhnt. „Hier ist es komplett anders als in Luxemburg, aber schon auf eine positive Art. Die Leute sind sehr offen und freundlich, manchmal ist es ein bisschen hektisch. Ich mag das College-Leben hier.“
Durch ihr Studium ist die Golfspielerin nicht mehr so oft in Europa und im Großherzogtum, lediglich in den Semesterferien von Mai bis August. „Ich habe meinen Flug schon gebucht, am 11. Mai geht es wieder nach Hause.“Fast passend zum Start der Golfsaison in der zweiten Bundesliga. „Leider werde ich die ersten beiden Partien mit meinem deutschen Club noch verpassen, aber die restlichen drei bin ich dabei. Weil außer mir am ersten Spieltag noch ein paar andere Spielerinnen feh
len, haben wir einen Nachteil“, sagt Baertz, für die nach zwei verpassten Aufstiegen in Serie dieses Mal der Klassenerhalt das Hauptziel ist.
Der bessere Frauensport in den USA
Es war eine Teamkameradin des Ersten Golfclubs Westpfalz, die Marie Baertz auf die Idee brachte, Studium und Golf in den USA unter einen Hut zu bringen. „Eine meiner Mitspielerinnen in Deutschland hat an der Texas A&M University-Commerce studiert. Sie hat mich praktisch ihrer ehemaligen Golftrainerin dort empfohlen. Deshalb bin ich jetzt hier, aber auch weil die Möglichkeiten im Golf und insbesondere im Frauensport hier einfach noch besser sind als in Europa.“
Bei ihrem ersten Turnier mit den Lions, so der Name ihres College-Teams, sprang in der Teamwertung der dritte Platz unter elf Teilnehmern heraus, im Einzel reichte für die Top Ten. Die guten Platzierungen hat sie auch ihrer Technik und ihrem kraftvollen Schwung am Abschlag zu verdanken. „Ich habe eine gute Länge beim Abschlag, das ermöglicht mir später einfachere Schläge ins Grün, weil die Wege kürzer sind“, eifert Baertz ihrem Idol Nelly Korda nach, die sie für ihren kontrollierten Schwung bewundert.
Am Anfang war es nicht immer spannend, manchmal sogar enttäuschend, wenn man den Ball nicht richtig getroffen hat. Marie Baertz, Golfspielerin
Erst zu dieser Saison sind die Lions in die NCAA Division l der Southland Conference gewechselt. Dadurch dürfen sie zwar an allen Turnieren und den Southland Championships teilnehmen, aber für einen potenziellen Aufstieg in die nächst höhere Liga ist die Mannschaft den Regeln entsprechend noch vier Jahre blockiert.
Für die junge Luxemburgerin ist das kein Problem, denn sie will bei den Turnieren vor allem lernen und noch besser werden. „Die Saison hier in Texas ist eine gute Vorbereitung auf die Bundesliga“, bleibt Baertz pragmatisch. Auch mit der Nationalmannschaft hat sie noch einiges vor. „2022 war ich mit Luxemburg bei der AmateurWM in Paris. Ich habe dort zwar nicht mein bestes Golf gezeigt, aber es war dennoch eine unglaubliche Erfahrung. Ich habe einige der besten Golfspielerinnen der Welt gesehen und weiß jetzt auch, wie solch ein großes Turnier abläuft.“
Rang 53 von 56 Nationen beweist, dass für Luxemburg noch einiges an Arbeit im Frauengolf ansteht, weshalb man sich zunächst mit Gegnern auf Augenhöhe messen will. Vom 31. Juli bis zum 3. August nimmt Baertz mit dem Nationalteam am European Ladies Team Shield Championship in Bad Ragaz (CH) teil, eine Art zweite Golfliga in Europa. „Wir nehmen schon zum zweiten Mal an diesem Turnier teil und hoffen dieses Mal auf einen Podiumsplatz.“
Damit das gelingt, will Baertz weiterhin hart trainieren und hat dabei eine spezielle, eigene Routine entwickelt. „Es gibt nur einen Schläger, den ich doppelt besitze. Das ist ein Wedge, dessen Rillen dem Ball einen besonderen Spin verleihen sollen, damit er im Grün direkt liegen bleibt. Den habe ich aber schon so oft benutzt, dass er kaum noch Rillen hat und ich einen neuen benötigte. Der alte kommt jetzt nur noch im Training zum Einsatz, der neue ist für die Turniere“, hofft die Golfspielerin, sich so einen kleinen taktischen und technischen Vorteil zu verschaffen.