Erst überlegen, dann reden
Im Eifer des Gefechts“und „Aus dem Zusammenhang gerissen“: Das sind die Reaktionen der Politiker Simone Beissel und Marc Lies auf ihre jeweiligen Ausrutscher in einem Youtube-Video und einem Facebook-Post. Für solch erfahrene Politiker sind diese Aussagen unverständlich und schwer zu erklären.
Simone Beissel hatte in dem Video unter anderem gesagt, sie würden den Bettlern kein Geld geben, sondern diese „nur füttern“. Seit 1984 ist sie unterdessen Mitglied der DP, wurde 1991 erstmals in den Gemeinderat der Stadt Luxemburg gewählt und ist seit Januar 2000 – mit Unterbrechungen – Schöffin. 1999 wurde die heute 70-Jährige erstmals ins Parlament gewählt, dem sie bis heute angehört. Das Räderwerk der Politik und der Außendarstellung dürften ihr vertraut sein.
Das Youtube-Video und die Aussagen über die Bettler in der Hauptstadt lassen sich nicht allein mit ihrer robusten Ausdrucksweise erklären und/oder entschuldigen. Wer in der Öffentlichkeit steht, muss sich seiner Aussagen jederzeit bewusst sein. Dass dies in Zeiten von Social Media eine Herausforderung ist, lässt sich nicht leugnen. Aber Kommunikation ist nun mal Teil des Politiker-Jobs. Aber wenn ein Politiker das Gefühl hat, dass er dieser Herausforderung nicht gewachsen ist, soll er sich beraten lassen. Im Kommunikationsbereich scheinen einige Politiker jedoch beratungsresistent zu sein. So ist die immer wiederkehrende Behauptung von Innenminister Léon Gloden (CSV), die Bettlerbanden würden „an décken däitsch Limousinne mat belsche Placken um Boulevard Royal Heescherten erausloossen“, nicht nachvollziehbar. Gloden musste selbst zugeben, dass es dafür keine Grundlage gibt. Eine andere Erklärung wäre, dass diese Aussagen bewusst gemacht werden und Teil der Kommunikation ist. Es ist zu einfach, im Nachhinein zurückzurudern, und eine fadenscheinige Erklärung zu liefern. Sportminister Georges Mischo musste diese Erfahrung im Zusammenhang mit seinem Fehltritt in Sachen Sportberichterstattung machen. Und auch sein Parteikollege Marc Lies musste sich nach dem Facebook-Post etwas einfallen lassen. Der 55-Jährige, der 2000 erstmals in den Stadtrat von Hesperingen gewählt wurde und seit Januar 2009 das Amt des Bürgermeisters bekleidet, räumt seinen Fehler ein und entschuldigt sich, sagt aber auch, dass seine Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen worden seien. Zusammenhangslos ist vielmehr die von Lies hergestellte Verbindung zwischen geköpften Hühnern und der Asylpolitik.
Und es ist auch zu einfach, der Presse vorzuwerfen, sie würde nur „PR machen“und sich nicht um die „Basics“kümmern. Auch immer häufiger geäußerte Vorwürfe, die Presse würde dem linken Lager nahestehen, machen Politiker und ihre Aussagen nicht glaubwürdiger. Natürlich kann jeder sagen, was er will. Aber als Politiker ist der Eindruck, der entsteht, ein anderer. Und dann darf man sich über die Intensität der Reaktionen nicht wundern.
Jeder kann sagen, was er will – darf sich aber nicht über die Intensität der Reaktionen wundern.