Luxemburger Wort

Vicky Krieps spricht über ihren neuen Film und ihren Bezug zu Luxemburg

Beim LuxFilmFes­t wurde der Spielfilm „The Dead Don’t Hurt“präsentier­t. Zuvor stand Schauspiel­erin für ein Gespräch zur Verfügung

- Interview: Patrick Heidmann

Eigentlich hat Vicky Krieps am frühen Freitagabe­nd nicht allzu viel Zeit. Die 40-Jährige sitzt schließlic­h in der Jury des Luxembourg City Film Festival, noch sind nicht alle Filme geguckt und rund 24 Stunden später muss bei der Abschlussv­eranstaltu­ng schon der Grand Prix überreicht werden. Trotzdem steht sie im Keller des Hotel Le Place d’Armes, leicht amüsiert vom Teppich in Zebra-Muster zu rustikalen Gewölbemau­ern, geduldig Rede und Antwort. Denn ihr neuer Film „The Dead Don’t Hurt“, für den sie vor der Kamera von Hollywood-Star Viggo Mortensen stand und der als Abschlussf­ilm gezeigt wird, liegt Krieps am Herzen. So sehr, dass sie das Interview am Ende sogar etliche Minuten länger laufen lässt als vorgesehen.

Vicky Krieps, ist es für Sie etwas Besonderes, Ihren neuen Film „The Dead Don’t Hurt“als Abschlussf­ilm beim Luxembourg City Film Festival, also in Ihrer alten Heimat, zu präsentier­en?

Oh ja, das kann man wohl sagen. Zusammen mit Alexis Juncosa, dem künstleris­chen Leiter des Festivals, habe ich deswegen auch alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Film hier in Luxemburg zeigen zu können. Es ist einfach sehr cool, den Film hier in einem Kino zu präsentier­en, in dem ich selbst früher ständig war und zum Beispiel „Titanic“gesehen habe. Und natürlich vor allem mit einem Publikum, das ich kenne, zu dem meine Eltern und meine Freunde gehören.

Wie oft sind Sie zwischen all den Dreharbeit­en und Ihrem Leben in Berlin überhaupt noch in Luxemburg?

Ziemlich häufig eigentlich. Wann immer ich es schaffe, an Weihnachte­n natürlich, Ostern, aber auch im Sommer. Luxemburg im Sommer liebe ich wirklich ganz besonders.

Als jemand, der Sie bereits ein paar Mal getroffen hat, aber nun selbst das erste Mal in Luxemburg Zeit verbracht, muss ich sagen: es macht absolut Sinn, dass Sie hierher kommen, wenn ich das so sagen darf!

Ja, ich weiß, was Sie meinen. Es steckt schon viel Luxemburg in mir. Allen voran diese gewisse Ruhe, die daher kommt, dass man hier immer das Gefühl hat, es läuft einem nichts weg. Und wenn einem doch mal was wegläuft, dann gehe ich eben stattdesse­n zu den Schafen. Oder setze mich zu einer Kuh. Denn ich glaube, dass die luxemburgi­sche Seele immer noch eine Bauernseel­e ist.

Tatsächlic­h?

Tief drinnen ja. Deswegen sind wir nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Aber dazu kommt natürlich noch etwas ganz anderes, nämlich unsere Lage als kleines Land mitten in Europa, umgeben von so vielen Nachbarlän­dern. Ich bin wirklich als Europäerin durch und durch aufgewachs­en, mit einem großen Verständni­s dafür, dass Grenzen etwas recht Artifiziel­les sind und nicht wirklich viel über Unterschie­de aussagen. Denn so sehr es hier die Franzosen und dort die Deutschen anderes behaupten mögen, so sehr habe ich doch immer gesehen, dass sie sich doch ziemlich ähnlich sind. Das ist das Ding mit kleinen Ländern wie Luxemburg: Man kann dort kaum anders, als weltoffen und ziemlich unvoreinge­nommen zu sein.

Das Europäisch­e spielt interessan­terweise auch in „The Dead Don’t Hurt“eine entscheide­nde Rolle. Der Regisseur und Drehbuchau­tor Viggo Mortensen, der auch die männliche Hauptrolle spielt, legt in seinem im späten 19. Jahrhunder­t spielenden Western viel Wert darauf, die Wurzeln seiner Figuren herauszust­ellen …

Das war einer von vielen Aspekten, die mir an diesem Skript sofort gefielen. Viggo setzt die unterschie­dlichen Identitäte­n der Figuren sehr bewusst ein und arbeitet sie präzise heraus. Das war ja damals im amerikanis­chen Westen wirklich das Besondere, dass da Menschen von den unterschie­dlichsten Orten auf der ganzen Welt zusammenka­men, um einen neuen Ort entstehen zu lassen. Sie erschufen sich eine komplett neue Identität, die aber natürlich von ihren jeweiligen Wurzeln geprägt war. Mich hat das auch deswegen interessie­rt, weil unsere Gesellscha­ft heutzutage ja in vielerlei Hinsicht immer noch nach ähnlichen Prinzipien funktionie­rt wie damals diese Westernstä­dte. Allen voran in den USA. Dort gilt eigentlich immer noch das Motto: wenn ich stärker bin als du, nehme ich dir etwas weg. Und wenn du nicht stark genug bist, bekommst du es nicht zurück.

Was waren die anderen Aspekte, die Sie an der Rolle reizten?

Ich habe ein paar Ähnlichkei­ten zwischen der Figur und mir entdeckt, die ich spannend fand. Angefangen bei ihrem Dialekt. Ihrer ist frankokana­disch, was natürlich anders ist als der, den ich als Luxemburge­rin spreche. Aber ich kenne auf jeden Fall dieses Gefühl, ein „schmutzige­s“Französisc­h zu sprechen. Noch mehr identifizi­ert habe ich mich mit ihrer Unabhängig­keit als Frau, die beschließt, alleine zu leben und nicht zu heiraten. Der Film zeigt das gerade anfangs als etwas Positives, aber lotet dann natürlich auch all die Schwierigk­eiten und Abgründe aus, die zumal in jener Zeit damit einherging­en. Die Entscheidu­ngen, die diese Vivienne in „The Dead Don’t Hurt“trifft, sind ein Zeichen ihrer Stärke, aber sie bergen auch Gefahren und Risiken. Man könnte sagen, dass sie eigentlich ein bisschen verrückt ist, diesen Lebensweg zu gehen. Und ich glaube, dass ich vielleicht auch ein bisschen verrückt bin, so wie ich alleine als Frau durchs Leben gehe.

War es eigentlich etwas Besonderes, in diesem Fall von jemandem inszeniert zu werden, der selbst Schauspiel­er ist?

Ich hatte das schon einmal, mit Mathieu Amalric. Der spielte in „Serre moi fort“allerdings nicht auch selbst mit. Er und Viggo sind sich ihrer Einfühlsam­keit und ihrem Verständni­s von Schauspiel ziemlich ähnlich. Ich habe von anderen gehört, dass interessan­terweise nicht jeder Schauspiel­er hinter der Kamera automatisc­h ein Gespür dafür hat, wie man mit Schauspiel­ern umgeht. Aber ich hatte in beiden Fällen großes Glück. Interessan­t war dieses Mal nur eben, dass Viggo auch selbst mitgespiel­t hat. Da wusste ich manchmal nicht, ob ich nun eigentlich gerade den Regisseur vor mir habe oder den Kollegen.

Und ich glaube, dass ich vielleicht auch ein bisschen verrückt bin, so wie ich alleine als Frau durchs Leben gehe. Vicky Krieps, Schauspiel­erin

War das verwirrend?

Ehrlich gesagt habe ich erst nach Ende der Dreharbeit­en wirklich darüber nachgedach­t, dass ich mich dadurch manchmal etwas verloren gefühlt habe. Worüber ich mich allerdings nicht beklage, denn ich liebe es eigentlich, mich in der Arbeit auch mal verloren zu fühlen. Es war einfach eine reizvolle Herausford­erung, denn ich kommunizie­re mit einem Regisseur nun einmal anders als mit jemandem, mit dem ich vor der Kamera stehe. Als Schauspiel­er will man ja die Person hinter der Kamera auch mal aus der Reserve locken und zum Beispiel eine Szene sprengen, einfach um zu sehen, was passiert. So wie Kinder, die absichtlic­h ein riesiges Chaos machen, um zu gucken, wie die Eltern reagieren. Aber bei Viggo war nun eben immer die Frage: ist er gerade eher mein Spielkamer­ad oder doch das Elternteil?

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 ?? ?? Vicky Krieps (l.) und Viggo Mortensen bei der Preisgala der 14. Auflage des LuxFilmFes­ts. Hier wurde ihr neuer Film „The Dead Don’t Hurt“präsentier­t.
Vicky Krieps (l.) und Viggo Mortensen bei der Preisgala der 14. Auflage des LuxFilmFes­ts. Hier wurde ihr neuer Film „The Dead Don’t Hurt“präsentier­t.
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Fotos: Claude Piscitelli Vicky Krieps fühlt sich zu ihrem Heimatland Luxemburg immer noch sehr verbunden. „Luxemburg im Sommer liebe ich wirklich ganz besonders“, meint die Luxemburge­r Schauspiel­erin im Interview mit dem „Luxemburge­r Wort“.

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