Ombudsman mit deutlich mehr Beschwerden befasst
Mehr als 1.200 Dossiers lagen im Jahr 2022 auf dem Tisch von Claudia Monti. Welche Behörde sie am meisten beschäftigte und warum sie den Anstieg trotzdem positiv sieht
Die Zahl der an die Ombudsstelle gerichteten Beschwerden gegen kommunale und staatliche Behörden nimmt weiter zu. Im Jahr 2022 befasste sich Ombudsman Claudia Monti mit 1.247 Dossiers (gegenüber 975 in 2021). Im Jahr 2023 ist die Zahl noch einmal um rund 200 Dossiers gestiegen, wie sie am Montagmorgen bei der Präsentation des Berichts 2022 bereits verriet.
Die Zunahme sei zum Teil auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen, zum Teil aber auch darauf, „dass die Behörden ihren Ablehnungsbescheiden bei nicht strittigen Beschwerden einen Hinweis auf die Möglichkeit beifügen, sich an uns zu wenden“, erklärt Monti. Über den höheren Bekanntheitsgrad der Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger, die sich von Behörden benachteiligt fühlen, freut sie sich: „Die Leute kommen zu uns, weil sie eine Einigung, eine Lösung im Guten wollen, statt gleich zum Anwalt zu gehen. Das ist positiv. Andererseits sind die Menschen auch fordernder geworden, haben höhere Erwartungen und wollen schneller eine Antwort.“
„Frappierend“findet Monti derweil, dass manche Verwaltungen „immer noch nicht richtig wissen, was unsere Rolle ist“. Deshalb ruft sie in Erinnerung: „Wir sind eine neutrale Anlaufstelle. Zuerst hören wir uns die Version des Beschwerdeführers an, dann wenden wir uns an die betroffene Verwaltung, um deren Version zu hören und so ein Gesamtbild des Falls zu erhalten.“
Positive Bilanz in 80 Prozent der Fälle
Im Jahr 2022 intervenierte die Bürgerbeauftragte im Rahmen von 342 Beschwerden. In 80,4 Prozent der Fälle führten diese Interventionen zu einer „vollständigen oder teilweisen Korrektur der beanstandeten Verwaltungssituation“. Diese Statistik müsse jedoch relativiert werden, sagt Claudia Monti. „Das bedeutet, dass wir in 80 Prozent der Fälle eine Antwort erhalten haben. Viele Leute beklagen sich genau darüber, dass sie eben keine Antwort bekommen. Wenn wir das schaffen, verbuchen wir das positiv in unserer Statistik. Das heißt also nicht unbedingt, dass die Beschwerdeführer Recht bekommen haben. Manche Fälle landen trotzdem vor Gericht.“
In Bezug auf die Behörden, die am häufigsten Gegenstand von Beanstandungen sind, hat sich nach Ansicht des Bürgerbeauftragten nicht viel geändert: „Viele Beschwerden betreffen
zum Beispiel die ITM, die Sozialversicherung – weil die CNS und die Pflegeversicherung dazu gehören –, die ADEM, die Steuern, den Wohnungsbau, die Beihilfen im Allgemeinen und die Immigration.“
Die Tendenzen der letzten Jahre hätten sich wohl bestätigt, „aber wir stellen fest, dass einige Behörden strenger geworden sind“. Bei der ITM beispielsweise werde „eine sehr strenge Linie gefahren, wenn Dossiers nicht fristgerecht eingereicht werden“. Ein „ewiges Problem“sei die Steuerverwaltung beziehungsweise die Steuerveranlagung von Amts wegen (taxe d’office). Monti bedauert, dass die Steuerverwaltung hier zu selten im Sinne des Steuerzahlers handelt.
: Die Leute kommen zu uns, weil sie eine Einigung, eine Lösung im Guten wollen, statt gleich zum Anwalt zu gehen. Claudia Monti, Ombudsman
Verbesserungsbedarf bei Melderegister und Familienzusammenführung
Auch die Familienzusammenführung von unbegleiteten Minderjährigen werde strenger gehandhabt. „Es müssen leibliche Kinder sein, was manchmal zu unmenschlichen Situationen führt. Wir sehen hier einen Paradigmenwechsel, das Ministerium nicht“, erklärt Monti. Um diese Situation zu verbessern, hat die Ombudsstelle eine Empfehlung formuliert. Klärungsbedarf gibt es auch bei der Eintragung ins Melderegister. „Hier haben wir viele Fragen, die wir mit dem zuständigen Ministerium besprechen werden.“
„Wir haben viele Gesetze, die von Menschen gemacht werden, vergessen aber, dass sie auch für Menschen gemacht werden“, bedauert Monti. Natürlich müsse man sich bei der Ausarbeitung von Gesetzen an Prinzipien halten, „aber bei der Anwendung darf man die Menschlichkeit nicht verlieren“.